Transfer von EU-Polizeidaten in Drittstaaten soll nicht reguliert werden

Die Bundesregierung hat die EU-Kommission aufgefordert, einen neuen Entwurf für einen Rahmenbeschluss zum Datenschutz bei der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit vorzulegen, der Bedenken der USA berücksichtigt.

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Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft hat die EU-Kommission aufgefordert, einen neuen Entwurf für einen Rahmenbeschluss des Ministergremiums zum Datenschutz bei der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit vorzulegen. Dies geht aus einem Ratsdokument (PDF-Datei) hervor, das die britische Bürgerrechtsvereinigung Statewatch veröffentlicht hat. Zuvor hatte die zivilgesellschaftliche Organisation befürchtet, dass die Bundesregierung den bereits an sich "schwachen" Vorstoß zum besseren Schutz sensibler Polizeidaten komplett unter den Tisch fallen lassen und durch die weniger weitgehenden Datenschutzregeln aus dem umstrittenen Vertrag von Prüm zur stärkeren Vernetzung der EU-Strafverfolgungsbehörden ersetzen wolle.

Einher mit der Forderung nach einem Neustart geht das Eingeständnis, dass das bisherige Verfahren zum Festzurren des Rahmenbeschlusses in eine Sackgasse geraten ist. Der ursprüngliche Entwurf der Kommission vom Herbst 2005 stieß auf Kritik aus vielerlei Richtungen, sodass sich die EU-Gremien im vergangenen Sommer in heftige Auseinandersetzungen verstrickt hatten. Justizkommissar Franco Frattini wollte mit seinem Vorschlag sicherstellen, "dass die personenbezogenen Daten der Bürger mit Sorgfalt und Vorsicht" im Ermittlungsalltag gehandhabt werden. Der Entwurf war auch als kleines Korrektiv für die im Februar vom Rat abgesegnete Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten gedacht, durch die das elektronische Leben der 450 Millionen EU-Bürger verdachtsunabhängig überwacht werden soll.

Als einer der Hauptstreitpunkte entwickelte sich die Frage, inwieweit beim Transfer von Daten der Sicherheitsbehörden in Drittstaaten dort EU-adäquate Datenschutzregelungen gegeben sein müssen. Der europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx pochte mit Unterstützung der europäischen Datenschutzkonferenz gleich zwei Mal in Stellungnahmen darauf, dass hier in allen am Informationsaustausch beteiligten Ländern entsprechende Schutzstandards gegeben sein müssten. Das EU-Parlament vertrat ebenfalls diese Ansicht. Vertreter der US-Regierung machten dagegen ihr Missfallen über die Drittstaatenregelung deutlich. Washington geht es etwa darum, die auf Basis der Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung gesammelten Daten auch für ihre Behörden nutzen zu dürfen.

Die deutsche Ratspräsidentschaft drängt nun darauf, dass es den Mitgliedsstaaten selbst überlassen bleiben soll, inwiefern sie Informationen aus dem Strafverfolgungsbereich mit Drittstaaten teilen. Vor allem bereits bestehende Verträge zum internationalen Datenaustausch dürften durch den Rahmenbeschluss nicht berührt werden. Darüber hinaus listet die Bundesregierung 15 Punkte auf, bei denen ihr eine Einigung auf EU-Ebene leichter zu erreichen scheint. So sollte das Gesetz etwa spezielle Bestimmungen über die Verarbeitung besonders sensibler Daten wie Informationen über Rasse oder ethnische Herkunft, politische Meinungen, religiöse oder philosophische Überzeugungen, Gesundheit oder Sexualität enthalten. Zu Verankern seien ferner ein Recht auf Einsicht, Korrektur und Schadensersatz sowie technische und organisatorische Vorschriften zum Schutz gegen unautorisierten Zugriff mit entsprechenden Kontrollpflichten.

Tony Bunyan von Statewatch hofft dagegen, dass die Kommission bei der Neufassung des Entwurfs "nicht nur die Ansichten des Rates, sondern auch die des Europäischen Datenschutzbeauftragten und des Parlaments berücksichtigt." Im Gremium der Mitgliedsstaaten sollte das Vorhaben zudem nicht von der Arbeitsgruppe der Strafverfolger, sondern der Abteilung für Datenschutz beackert werden. Andernfalls könnten die Belange der Ermittler nicht in eine angemessene Balance mit den Bürgerrechten gebracht werden. (Stefan Krempl) / (jk)