"Triple Play" als Ausweg für Telecom-Firmen

Alteingesessene Telekommunikationsanbieter sind unter Druck. Eine Kombination von Telefonie, Breitband und Unterhaltungsangeboten wie Fernsehen oder Video on Demand bietet sich als Ausweg an, hieß es auf einer Konferenz zum Thema in Wien.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 46 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.

Rückläufige Pro-Kopf-Umsätze (ARPU) mit Sprachtelefonie und Breitband, zunehmende Konkurrenz durch Kabelnetzbetreiber und alternative Telecom-Anbieter, generell untreuere Kunden sowie der Verlust von Gesprächsminuten an den Mobilfunk ergeben ein düsteres Bild für alteingesessene Telekommunikationsanbieter. Die einzige Rettung heißt "Triple Play" und ist die Kombination von Telefonie, Breitband und Unterhaltungsangeboten wie Fernsehen oder Video on Demand. So einfach stellt sich die Lage zumindest aus Sicht jener Unternehmen dar, die die für Triple Play erforderlichen Lösungen verkaufen möchten. Diese Woche treffen sie sich im Rahmen der Konferenz "Broadband & Triple Play" in Wien mit Netzbetreibern aus aller Welt. "Ohne Triple Play werden (die Telefonnetzbetreiber) nicht überleben", so die drastische Warnung von Oz Zimerman, Vizepräsident des Hauptsponsors ECI Telecom.

"In den USA greifen die Kabelnetze an, immer mehr Telcos setzen im Gegenzug auf Video und Voice over IP. In Europa ist die Situation regional sehr unterschiedlich. Manche Ex-Monopolisten spüren Konkurrenzdruck von Kabelnetzen, andere von alternativen Anbietern. Beide Gruppen werden bald Video-Dienste und VoIP anbieten müssen", so Zimerman im Gespräch mit heise online. "Eine dritte Gruppe wird von Mobilfunk-Anbietern attackiert. Sie wird länger brauchen, um auf den Triple-Play-Zug aufzuspringen, aber sie wird es auch tun müssen." Einmal verlorene Festnetzkunden von den Mobilfunkern zurückzugewinnen sei kaum möglich. Ein vielfältiges Dienste-Paket sei hingegen ein formidables Mittel zur Kundenbindung.

Für die gleichzeitige Übertragung von Telefonaten, TV-Programmen und Internetdaten sind erhebliche Bandbreiten mit hohem Verlässlichkeitsgrad (Quality of Service, QoS) bis zum Endkunden erforderlich. Mittelfristig bieten sich vorhandene Kupferkabel zur Nutzung mit ADSL2, ADSL2+ oder VDSL an. Langfristig werden immer mehr Glasfaserkabel bis in die Wohnungen der Konsumenten führen (Fibre to the Home, FTTH). Passive optische Netz-Technologien versprechen günstigere Installation und vor allem niedrigere Wartungskosten. Auch Entwicklungen wie der Wiener CableRunner dürfte die Verbreitung von FTTH oder zumindest FTTC (Fibre to the Curb, Glasfaser bis zum Randstein) beschleunigen.

ECI bewirbt auf der Konferenz seine Plattform mit dem "Multi Service Access Gateway" für fast alle Übertragungsvarianten über Kupfer und Glasfaser. Die Plattform sei von Beginn an für Triple Play entwickelt worden und würde bereits über 4,5 Millionen User in aller Welt mit Breitband versorgen. Zwei Millionen davon sind ADSL-Kunden der Deutschen Telekom. Stolz ist Zimerman auch auf den 50-prozentigen Marktanteil bei France Telecom, im Heimatland von Konkurrent Alcatel. Eine Anfang des Jahres eingegangene strategische Partnerschaft mit Nortel soll dem Geschäftsgang weiter förderlich sein.

Wien ist für die Konferenz ein passender Ort. UPC war hier einer der ersten Kabelnetzbetreiber weltweit, der sein Netz für Breitband-Internet (1997) und Sprachtelefonie (1999) ausbaute. Durch eine Kooperation mit dem Mobilfunk-Netzbetreiber One bietet UPC seit 1999 sogar "Quadruple Play" an, 2000 folgten Digital-TV und Video on Demand. Erst 2003 reagierte Ex-Monopolist Telekom Austria mit aon.tv, hat dafür aber nur "einige tausend Kunden" gewinnen können.

Im Januar 2004 hat dann Inode TVoIP-Angebote in Aussicht gestellt. Nun will Telekom Austria erneut voll ins TV-Geschäft einsteigen. Nächstes Jahr sollen Telekom-Kunden mit ADSL-Anschluss und Set-Top-Box 35 Fernsehprogramme empfangen können -- wahrscheinlich als Stream im Format Windows Media 9. Auch die UTA, größter alternativer Festnetzbetreiber in Österreich, überlegt den Einstieg in Triple Play. Entschieden ist noch nichts, aber eine laufende Ausschreibung über ADSL2+-Technologie für schnellere Breitbandzugänge schafft zumindest gute Voraussetzungen. Wenn bei der UTA eine Entscheidung für Video oder TV over IP fallen sollte, hat der neue, offene Standard MPEG 4 Part 10 (H.264/AVC) jedenfalls bessere Karten als WM9. (Daniel AJ Sokolov) / (anw)