Trotz Rekordergebnis: Anleger honorieren Apples Aussichten nicht

Mit guten Zahlen übertrifft der Computerkonzern aus Cupertino die Erwartungen der Analysten, die Börse reagiert angesichts konservativer Prognosen empfindlich. Dabei lässt der angekündigte Schwund der Gewinnspanne auf neue Produkte hoffen.

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Alle drei Monate geht es bei Apple nicht um Hypes, sondern das gute alte Kerngeschäft. iPhone, iPod oder iTunes spielen nur eine Nebenrolle, wenn sich die Experten an der Wall Street den Quartalsbericht des Computerherstellers aus Cupertino vornehmen. Denn noch ist Apple trotz Namensänderung auch das: Ein Computerhersteller. Die Zahl der im Quartal verkauften Macs wird ebenso unter die Lupe genommen wie die von Apple schon traditionell betriebene Tiefstapelei bei der Prognose für das Gesamtjahr. Doch in diesem Juli 2008 spielten vor der Bekanntgabe des Ergebnisses auch andere Überlegungen eine Rolle: die Sorge um den Gesundheitszustand von Apple-Gründer und CEO Steve Jobs.

Auf dem heimischen PC-Markt ist Apple gut aufgestellt und dort nach einem deutlichen Wachstum zur Nummer Drei hinter HP und Dell aufgerückt. Während Marktforscher Gartner den Mac-Hersteller mit 8,5 Prozent alleine auf dem Treppchen sieht, teilt sich Cupertino den dritten Platz nach IDG-Zahlen bei 7,8 Prozent mit Acer. Beide Marktforscher attestieren Apple ein Absatzplus von deutlich über 30 Prozent – und deutlich über dem Durchschnitt des Marktes.

Auch an der Wall Street sind sie Rekordmeldungen aus Cupertino inzwischen gewohnt. Die Analysten rechneten mit einem starken Computergeschäft von 2,35 Millionen verkauften Macs und einem Reingewinn von 1,07 oder 1,08 US-Dollar pro Aktie bei einem Quartalsumsatz von 7,36 Milliarden US-Dollar. Mit der eigenen Prognose war Apple – dem Hang zum Understatement folgend – zurückhaltender und hatte 1 US-Dollar Gewinn pro Aktie bei 7,2 Milliarden US-Dollar Umsatz in Aussicht gestellt. Die Zahlen, die der Konzern am späten heutigen Montagabend nach Handelsschluss in Cupertino bekannt gab, lagen dann noch deutlich über beiden Prognosen.

"Wir sind stolz das erfolgreichste Juni-Quartal in Bezug auf Umsatz und Gewinn in der Geschichte von Apple bekannt geben zu können", erklärte CEO-Steve Jobs in einer Mitteilung des Konzerns. Im zurückliegenden Quartal erzielte Apple einen Umsatzsteigerung von 38 Prozent von 5,41 Milliarden US-Dollar im Vorjahresabschnitt auf nunmehr 7,46 Milliarden US-Dollar (4,7 Milliarden Euro). Der Netto-Gewinn wuchs im Vergleich von 818 Millionen US-Dollar oder 0,92 US-Dollar pro Aktie im Vorjahr auf 1,07 Milliarden US-Dollar (677 Millionen Euro) oder 1,19 US-Dollar pro Aktie. Die Bruttogewinnspanne lag bei 34,8 Prozent, verglichen zu 36,9 Prozent im Vorjahresquartal. Der Nicht-US-Anteil am Umsatz betrug in diesem Quartal 42 Prozent.

Mit 2,496 Millionen ausgelieferten Macs wuchs das Segment um 41 Prozent und erzielte mit 3,6 Milliarden US-Dollar 43 Prozent mehr Umsatz als im Vergleichsquartal des Vorjahres. Über 1,5 Millionen Notebooks (plus 37 Prozent) gingen in den vergangenen drei Monaten über die Ladentische, der Absatz wurde nach Unternehmensangaben durch die anhaltende Nachfrage nach den etablierten Geräten und das im Macbook Air getrieben. Der um 49 Prozent auf 943.000 Stück gestiegene Absatz im Desktop-Segment ist den Angaben zufolge vor allem dem runderneuerten iMac zu verdanken.

Apple verzeichnete auf allen Märkten ein zweistelliges Umsatzwachstum. Das US-Geschäft trägt mit 3,44 Milliarden US-Dollar immer noch über die Hälfte der Einnahmen und wuchs um 28 Prozent. Europa (1,65 Milliarden US-Dollar) und Japan (365 Millionen US-Dollar) konnten beim Umsatz um 42 respektive 41 Prozent zulegen. Währen der Computer-Absatz in den USA um 38 Prozent auf 1,13 Millionen Stück wuchs, stiegen die Stückzahlen in Europa (576.000) und Japan (102.000) um 47 respektive 26 Prozent.

Der iPod verkaufte sich über 11 Millionen Mal im dritten Jahresabschnitt. Trotz zwölf Prozent Wachstum bei den Stückzahlen wuchs der Umsatz im Segment nur um 7 Prozent. Preissenkungen beim Shuffle und die Verschiebung des Produktmixes zugunsten der günstigeren Geräte sorgten im Player-Segment für einen gesunkenen Durchschnittspreis. Der Umsatz der Musiksparte (hauptsächlich iTunes Store) stieg im Vergleich zum Vorjahr um 35 Prozent auf 819 Millionen US-Dollar.

Vom (alten) iPhone verkaufte Apple im Berichtszeitraum 717.000 Stück. Der Vergleich mit dem Vorjahresquartal ist nicht besonders aussagekräftig, weil das iPhone nach dem US-Start im Juni 2007 gerade mit drei Verkaufstagen und 270.000 Stück in die Bilanz eingegangen war. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2008 hat sich die Nachfrage deutlich abgeschwächt (minus 58 Prozent), was an der Einführung des Nachfolgemodells im Juli liegen dürfte. Für das neue iPhone 3G nannte Apple keine konkreten Zahlen außer der bereits kommunizierten ersten Million. Die Schwierigkeiten beim Launch waren kein Thema, auch ein Prognose, wann es wieder Nachschub gibt, wagte Oppenheimer nicht, zeigte sich aber zuversichtlich.

Doch haben die Analysten an diesem Montag angeblich nicht nur das Zahlenwerk im Auge gehabt. Die zur Rupert Murdochs Medienimperium gehörende Boulevardzeitung New York Post – berühmt-berüchtigt für die 1983 gedruckte Schlagzeile "Headless Body In Topless Bar" – hatte unter Berufung auf Analysten berichtet, an der Wall Street mache sich Sorge um Steve Jobs' Gesundheitszustand breit. Das Schicksal des Konzerns sei eng mit der Person Jobs verbunden und es gebe keine geregelte Nachfolge.

Bei Apples CEO war im Jahr 2003 eine seltene Form von Bauchspeicheldrüsenkrebs diagnostiziert und später operativ behandelt worden. Bei dem letzten Auftritt des Apple-Masterminds auf der Entwicklerkonferenz in San Francisco hatten sich Beobachter besorgt über den offensichtlichen Gewichtsverlust des Apple-Chefs gezeigt, den das Unternehmen mit einer normalen Erkrankung erklärte. Auf der Telefonkonferenz beschied Finanzchef Oppenheimer eine Frage nach dem Gesundheitszustand des Apple-Chefs knapp: "Steve liebt Apple, er arbeitet gerne als CEO und hat keine Pläne, Apple zu verlassen. Steves Gesundheit ist seine Privatangelegenheit."

Doch interessierten sich die Analysten in der Fragesession mit dem Finanzchef eher für Details seiner Prognose. Apple rechnet für das Schlussquartal mit einem Umsatz von 7,8 Milliarden US-Dollar und 1,00 US-Dollar pro Aktie – soweit die wie üblich konservative Vorhersage, nach der die Aktie im nachbörslichen Handel nachgab. Den erwarteten Rückgang der Bruttogewinnspanne auf 30 Prozent erklärte Oppenheimer mit einem "künftigen Produktwandel, über den ich heute nicht sprechen kann". Auch auf Nachfrage war dem Finanzchef nicht mehr zu entlocken: Im vierten Quartal würden Investitionen in ein "Produkt auf dem neuesten Stand der Technik" fällig, mit dem sich die Konkurrenz nicht messen können werde.

Umsatz- und Gewinnentwicklung bei Apple in US-Dollar
(Das Geschäftsjahr beginnt jeweils zum Oktober.)
Quartal Umsatz Nettogewinn/
-verlust
1/00 2.340 Mio. 183 Mio.
2/00 1.940 Mio. 233 Mio.
3/00 1.820 Mio. 203 Mio.
4/00 1.870 Mio. 170 Mio.
1/01 1.000 Mio. -195 Mio.
2/01 1.430 Mio. 40 Mio.
3/01 1.480 Mio. 61 Mio.
4/01 1.450 Mio. 66 Mio.
1/02 1.380 Mio. 38 Mio.
2/02 1.500 Mio. 40 Mio.
3/02 1.430 Mio. 32 Mio.
4/02 1.440 Mio. -45 Mio.
1/03 1.470 Mio. -8 Mio.
2/03 1.475 Mio. 14 Mio.
3/03 1.545 Mio. 19 Mio.
4/03 1.715 Mio. 44 Mio.
1/04 2.006 Mio. 63 Mio.
2/04 1.909 Mio. 46 Mio.
3/04 2.014 Mio. 61 Mio.
4/04 2.350 Mio. 106 Mio.
1/05 3.490 Mio. 295 Mio.
2/05 3.240 Mio. 290 Mio.
3/05 3.520 Mio. 320 Mio.
4/05 3.680 Mio. 430 Mio.
1/06 5.749 Mio. 565 Mio.
2/06 4.360 Mio. 410 Mio.
3/06 4.370 Mio. 472 Mio.
4/06 4.837 Mio. 546 Mio.
1/07 7.115 Mio. 1.004 Mio.
2/07 5.264 Mio. 770 Mio.
3/07 5.410 Mio. 818 Mio.
4/07 6.217 Mio. 904 Mio.
1/08 9.608 Mio. 1.581 Mio.
2/08 7.512 Mio. 1.045 Mio.
3/08 7.464 Mio. 1.072 Mio.

(vbr)