Türkische Familie soll über vier Milliarden US-Dollar an Motorola zahlen

Die Familie Uzan hatte dem Chip- und Handy-Hersteller Kredite in Milliardenhöhe unter der Maßgabe entlockt, ein modernes Funknetzwerk in ihrer Heimat zu errichten.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 589 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Oliver Lau

Ein US-Gericht hat dem Chip- und Handy-Hersteller Motorola über vier Milliarden US-Dollar zugesprochen. Motorola und die finnische Nokia hatten im vergangenen Jahr gegen die türkische Familie Uzan geklagt, weil diese unter dem Vorwand, mit ihrer Telekommunikationsfirma Telsim ein Funknetzwerk in der Türkei aufbauen zu wollen, Kredite in Milliardenhöhe von Motorola und Nokia eingeheimst hatte. Tatsächlich, so der Vorwurf, habe die Familie Uzan damit aber nur ihren aufwendigen Lebensstil finanzieren wollen und das gesamte Geld in die eigenen Taschen fließen lassen, geht aus US-Medienberichten hervor.

Als "endlose Serie von Lügen, Drohungen und Schikane" bezeichnet Richter Jed S. Rakoff das Vorgehen der Familie. Kein "juristisches Dickicht" könne die Tatsache verschleiern, dass die Beklagten einen riesigen Betrug begangen hätten, kommentierte Radkoff seine Entscheidung in der 173 Seiten starken Urteilsbegründung. Sollte auch nur eines der Familienmitglieder oder der Telsim-Gesellschafter Antonio Luna Betancourt den Fuß auf amerikanischen Boden setzen, sei deren Verhaftung vorprogrammiert.

Die Uzans kündigten ein Berufungsverfahren an, weil ein Gericht in der Schweiz eine vergleichbare Klage von Motorola bereits abgewiesen habe. Die Familie räumte aber ein, Kredite in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar nicht zurückgezahlt zu haben. Allerdings sei laut Kreditvertrag ein Schiedsgericht in der Schweiz anzurufen, das eventuelle Streitigkeiten beizulegen habe. Die juristischen Vertreter von Motorola argumentieren allerdings, die Klage richte sich nicht gegen die Firma Telsim, sondern direkt gegen die türkische Familie. In diesem Falle seien US-Gerichte zuständig.

Motorola wird wohl noch eine Weile auf die Zahlungen der Familie Uzan warten müssen. Nach deren Angaben sei die finanzielle Situation der Firma Telsim sehr schlecht. Als Grund dafür gaben sie die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Türkei und die Auswirkungen von zwei Erdbeben an.

Die Uzans hatten nach US-Medienberichten Rakoffs bisherige Gerichtsurteile geflissentlich ignoriert, weil sie stets die Zuständigkeit der US-amerikanischen Behörden anzweifelten. Auch dieses Verfahren hätte nicht vor einem US-Gericht verhandelt werden dürfen, ärgerte sich Telsim-Chef Hakan Uzan über das Urteil: "Wir erwarten, dass das Berufungsgericht das Urteil kippen wird. Wie gehabt werden wir auf Motorola und Nokia zugehen, um die Rückzahlungsmodalitäten vor einem Schweizer Schiedsgericht auszuhandeln."

Die Gesamtforderung setzt sich zusammen aus dem Kredit in Höhe von 2,1 Milliarden US-Dollar und einer etwa gleich hohen Schadenersatzforderung. Darüber hinaus verurteilte der Richter die Uzans, ihre gesamten Aktien dem Gericht zu übereignen, damit es diese an Nokia weiterreichen könne. Die Uzans halten ungefähr Dreiviertel aller Telsim-Aktien, der Rest befindet sich im Streubesitz. Bei Nokia hatten die Rückzahlungsprobleme der Uzans vor zwei Jahren nicht unerhebliche Liquiditätsprobleme ausgelöst. (ola)