Turing Award 2020 fĂĽr die Grafik-Pioniere Ed Catmull und Pat Hanrahan
Die beiden Turing-Preisträger waren maßgeblich an der Produktion des ersten abendfüllenden Computeranimationsfilms "Toy Story" beteiligt.
Die Animationsexperten Edwin Catmull und Patrick Hanrahan werden für ihre "grundlegenden Beiträge zur 3D-Computergrafik" mit dem Turing Award 2020 ausgezeichnet. "Ed Catmull und Pat Hanrahan haben das Feld der Computergrafik durch konzeptionelle Innovation und ihre Beteiligung an der Entwicklung von Soft- und Hardware fundamental beeinflusst", begründet die Association for Computer Machinery (ACM), die den mit einer Million US-Dollar dotierten Preis vergibt. "Ihre Arbeit hat das Filmemachen revolutioniert und ein völlig neues Genre der rein computeranimierten Filme geschaffen."
Beide Informatiker haben für das damals von Apple-Gründer Steve Jobs von Lucasfilm übernommene Animationsstudio Pixar gearbeitet. Catmull ist mehrfacher Oscar-Preisträger und hat das heute zu Disney gehörende Studio bis zu seiner Pensionierung 2018 geleitet. Hanrahan, inzwischen Professor am Labor für Computergrafik der Universität Stanford, war maßgeblich an der Entwicklung der Software RenderMan beteiligt, mit der 1991 bis 1995 der Animationsfilm "Toy Story" berechnet wurde – der erste rein am Computer entstandene Kinofilm.
Pixar-GrĂĽndungsteam
Der Turing-Award soll nach derzeitigem Planungsstand im Juni verliehen werden. Die Preisträger gaben sich überrascht, den renommierten Turing Award gewonnen zu haben, der als Nobelpreis für Informatiker gilt.
Der 1945 geborene Catmull war ein Schüler und Assistent von Ivan Sutherland, der mit Sketchpad das erste Grafikprogramm der Welt entwickelt hatte und dafür 1988 mit dem Turing Award ausgezeichnet wurde. 1972 schuf Catmull die Sequenz "A Computer Animated Hand" als Lehrfilm für Computergrafik, die später im Science-Fiction-Film Futureworld verwendet wurde. Catmull arbeitete zunächst an Computereffekten für George Lucas (Lucasfilms und Industrial Light & Magic), ehe er zusammen mit Steve Jobs 1986 die Pixar Animation Studios gründete.
Der 1955 geborene Pat Hanrahan war einer der ersten Mitarbeiter bei Pixar, wo er als Chefentwickler der Software RenderMan arbeitete. Der Atomwissenschaftler und Biophysiker unterrichtete zuvor an der Universität Wisconsin-Madison Computergrafik und Visualisierung wissenschaftlicher Modelle, ehe er an der Universität von New York das Labor für Computergrafik aufbaute, das von der Digital Equipment Corporation mitfinanziert wurde.
FĂĽr "Toy Story" rechnete RenderMan auf 117 SPARCstation 20 von Sun Microsystems. Es dauerte vier Jahre und 800.000 Maschinenstunden, bis die endgĂĽltige Version des 81 Minuten langen Computerfilms ĂĽber das geheime Leben von Spielzeugen fertig war. Die 1570 Einstellungen des Films, die jeweils 300 MByte umfassten, wurden mit der Video-Bearbeitungssoftware von Avid auf Rechnern von Silicon Graphics "geschnitten".
Die Produktion von "Toy Story" kostete 30 Millionen US-Dollar und spielte mehr als das Zehnfache an der Kinokasse ein. Regisseur John Lasseter gewann mit Toy Story einen Spezial-Oscar und betonte seinerzeit, dass am Film mehr Informatiker als Schauspieler gearbeitet hatten. (vbr)