Twitch weniger prüde

Eine neue Sexual Content Policy vereinfacht die Vorschriften des Streaming-Anbieters. Twitch will Frauen seltener bestrafen.​

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Junger Gamer mit Hoodie und Kopfhörern vor einem Computerbildschirm. Er spielt in einem abgedunkelten Raum mit lila Beleuchtung ein Videospiel.

Symbolbild eines keuschen Twitch-Streamers

(Bild: DisobeyArt/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Der Streamingdienst Twitch überarbeitet seine Bestimmungen für eingeschränkte sowie unzulässige Inhalte. Die Vorschriften für "sexuell anzügliche" und "sexuell explizite Inhalten" verschmelzen zu einer "Richtlinie zu sexuellen Inhalten". Gleichzeitig werden diese weniger prüde. Twitch gibt zu, dass die bisherige Herangehensweise zu unverständlicher, weil uneinheitlicher, Zensur und überproportionaler Bestrafung weiblicher Streamer geführt hat.

Bislang verboten, aber jetzt in Twitch' Richtlinie zu sexuellen Inhalten erlaubt, sofern die Übertragung mit dem Label "Sexuelle Themen" gekennzeichnet ist, sind folgende Inhalte: fiktive Darstellungen (Skulpturen, Zeichnungen, Animationen) von Geschlechtsteilen und Gesäßen, darunter Aktzeichnungen; Aufschriften auf Gesäßen oder Frauenbrüsten in Zusammenhang mit Bodypainting; und erotische Tänze mit Entkleidung. Außerdem war es bisher verboten, selbst voll bekleidete Brüste, Gesäße oder andere Bereiche der Beckenregion absichtlich "hervorzuheben". Mit Label ist das fortan zulässig.

Zudem entfällt bei Twitch die Kennzeichnungspflicht für bestimmte "beliebte Tänze" wie "Twerking, Grinding und Poledance". Verboten sind hingegen Streams aus "Einrichtungen für Erwachsenenunterhaltung". Weiterhin nicht erlaubt bleiben Onanie und andere Sexualakte, selbst wenn sie fiktiv sind (Zeichnungen, Zeichentrick etc.).

Allerdings gelten weiterhin Kleidungsvorschriften bei Twitch, die verwirrend sein können. Selbst teilweise Nacktheit ist verboten, was aber offenbar keine Burka erfordert, denn das Dekolleté zu zeigen ist wiederum erlaubt. Die Figur primärer Geschlechtsteile und des Gesäßes darf nicht gezeigt werden, selbst bekleidet. Für Streams von Bodypainting, Schwimmkleidung, Stränden, Konzerten und anderen Veranstaltungen gibt es weitere byzantinische Regelungen. Stets verboten ist es, weibliche Brustwarzen zu zeigen. Doch auch davon gibt es eine Ausnahme: das Stillen von Säuglingen.

Weitere Sonderregeln gibt es für nackte Haut sowie sexuelle Inhalte in Computerspielen, deren Übertragung Twitch' Hauptgeschäft ist. Ist so etwas Hauptfokus des Spieles, darf es nicht gezeigt werden. Gleiches gilt, wenn solche Inhalte durch den Spieler eingestellt oder hervorgerufen werden. Ist nackte Haut bloß beiläufig, muss der Stream das "Spiel für Erwachsene"-Label tragen. Ist sie hingegen Kern des gezeigten Spielens, hat stattdessen das Label für "Sexuelle Themen" zu prangen.

Parallel ändert Twitch, welche Art von Videos Platz auf der Twitch-Homepage samt Vorschaubild finden können. Nicht mehr platziert werden dort Inhalte mit Kennzeichnungen für Drogen samt "exzessivem Tabakgebrauch", Rausch, Gewalt, Glücksspiel oder "Sexuelle Themen". Nicht grundsätzlich verpönt sind Videos mit Kennzeichnung für vulgäre Sprache oder "Spiel für Erwachsene".

Was bleibt, ist, dass die Amazon-Tochter Twitch versucht, etwas weniger prüde zu sein, sich aber in Details verheddert. Das liegt zum Teil daran, dass es kaum möglich ist, klare Grenzen zu setzen. Für die ebenfalls auf Twitch gestreamte #heiseshow wird sich allerdings nichts ändern.

(ds)