Twitter: Rabattaktion sollen Werbekunden zurücklocken

Wenige Wochen vor dem fürs Anzeigengeschäft so wichtigen Super Bowl möchte Twitter die Werbekunden zurückholen. Es geht um viel Geld.

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(Bild: InFootage.com/Shutterstock.com)

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Um Werbekunden zurück auf die Plattform zu holen, bietet Twitter aktuell an, Ausgaben für Anzeigen in Höhe von bis zu 250.000 US-Dollar zu verdoppeln. Das berichtet das Wall Street Journal unter Berufung auf nicht öffentliche E-Mails. Daraus geht hervor, dass Kundinnen und Kunden für ihr Geld bis zu der genannten Summe doppelt so viel Anzeigenplatz bekommen. Die Kampagne muss demnach aber bis zum 28. Februar laufen, das Angebot ist also zeitlich begrenzt. In den Zeitraum fällt aber auch der 57. Super Bowl, das diesjährige Endspiel der National Football League (NFL) am 12. Februar. Für Twitter ist das traditionell der umsatzstärkste Tag im Jahr, schreibt die US-Zeitung.

Die Maßnahme unterstreicht dem Bericht zufolge, wie groß der finanzielle Druck auf Twitter zweieinhalb Monate nach der Übernahme durch Elon Musk weiterhin ist. Wegen chaotischer Zustände in dem Unternehmen und teilweise auch auf der Plattform selbst hatten sich einige große Werbetreibende von Twitter zurückgezogen, was zu einem massiven Umsatzrückgang geführt hat, wie auch Musk eingestehen musste. Von den vormals 100 größten Anzeigenkunden haben in der ersten Januarwoche 75 keine Werbung auf Twitter geschaltet, zitiert das Wall Street Journal eine aktuelle Analyse. Vor Musks Übernahme kamen fast alle Einnahmen des Kurznachrichtendiensts aus diesem Geschäftsbereich.

Ob die aktuelle Rabattaktion die Großen nun zurückholen kann, muss sich erst noch zeigen. Viele der bemängelten Probleme auf der Plattform sind in den vergangenen Wochen nicht weniger geworden. Der massive Stellenabbau hat vor allem auch bei der Moderation spürbare Konsequenzen, hier besonders außerhalb der USA und Kanada.

Wie die Washington Post am Wochenende zusammengefasst hat, haben die Belästigungen von und Angriffe auf religiöse und ethnische Minderheiten in einigen der größten Märkte Twitters zuletzt zugenommen. Das zeigt sich demnach etwa in Indien. Dort habe ein Hindu-Nationalist gegen eine interreligiöse Hochzeit in Mumbai gewettert. Was vorher "definitiv" gelöscht worden wäre, habe jetzt zu Hass auf Twitter und schließlich der Absage der Hochzeit geführt.

In Japan wiederum habe bislang ein kleines Team aktuelle Themen gesammelt und dafür in den "Trending Topics" geworben. Das habe Twitter zu einem Ort für Debatten gemacht, in denen mehr Standpunkte ausgetauscht wurden, als den relativ einheitlichen Nachrichtenmedien. Seit das Team entlassen wurde, würden diese Themen automatisch ermittelt und drehten sich mehr um Entertainment.

Der australische Wahlbeauftragte Tom Rogers wiederum gibt sich in dem Artikel überrascht von der Schärfe der Angriffe auf Twitter, die nicht gelöscht werden. Die umstrittenen Tweets richteten sich gegen den Versuch, mehr Indigene für ein anstehendes Referendum an die Urne zu bekommen. Man habe das im Blick, immerhin handle es sich nur um einen Probelauf für das Referendum selbst.

Musk hat Twitter im Herbst für 44 Milliarden US-Dollar übernommen und danach Tausende Angestellte entlassen, um Kosten zu sparen. Wegen der Flucht der Werbekunden versucht der Kurznachrichtendienst seit Wochen, neue Geldquellen zu finden und an allen Ecken und Enden zu sparen. Teilweise wird nicht einmal mehr die Miete für genutzte Büroräume bezahlt, die Angestellten werden ins Homeoffice beordert – obwohl Musk die Praxis überhaupt nicht gutheißt.

Andernorts gehen die Sparmaßnahmen so weit, dass es in den Büros nicht einmal mehr für Toilettenpapier reicht. Um Geld einzunehmen, wurde zuletzt auch das Verbot politischer Werbung aufgehoben. Außerdem wird der Weiterverkauf nicht genutzter Accounts geprüft.

(mho)