Rücktritt als Twitter-Chef? Elon Musks Umfrage endet mit einer Mehrheit dafür

Elon Musk fragt, die Nutzer votieren: 57,5 Prozent stimmten für und 42,5 Prozent gegen den Rücktritt des Twitter-Chefs. Das ergab eine Umfrage Musks.

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(Bild: Sergei Elagin/Shutterstock)

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Steht Elon Musk steht vor dem Aus als Twitter-Chef? Das vielleicht noch nicht. In einer von ihm selbst initiierten Twitter-Umfrage zumindest sprach sich aber die Mehrheit am Montag für diesen Schritt aus. Mehr als 17,5 Millionen Nutzer haben an der Umfrage teilgenommen und sich zu 57,5 Prozent für seinen Abgang ausgesprochen. Der 51-Jährige hatte versichert, sich an das Abstimmungsergebnis zu halten.

Zuvor hatte Musk anerkannt, dass er bei Einschränkungen der Redefreiheit auf dem Kurznachrichtendienst Twitter am Sonntag zu weit gegangen war. Der Schritt, Nutzern Verlinkungen auf konkurrierende Plattformen zu verbieten, unter anderen auf Facebook, Instagram und Mastodon, hatte herbe Kritik auch in Kreisen hervorgerufen, in denen das Vorgehen des Twitter-Chefs in der Vergangenheit verteidigt wurde.

Musk selbst hatte später zwar einschränkend auf Twitter geschrieben, dass das "gelegentliche Teilen" von Links in Ordnung sei, nicht aber die "unerbittliche Werbung für Konkurrenten", für die nicht bezahlt wird. Warum die neue Regel erst öffentlich gemacht und dann offenbar stillschweigend zurückgenommen wurde, schreibt Musk nicht. Stattdessen hat er erneut eine Twitterumfrage begonnen, um zu erfragen, ob er als Chef von Twitter zurücktreten soll. Er werde sich an die Umfrage halten, versichert er. Einen Zeitplan nennt er dabei nicht. Bereits vor einem Monat hatte er angekündigt, nach der Neuausrichtung des Mikroblogging-Diensts eine neue Unternehmensführung berufen zu wollen. Bislang habe er niemanden gefunden, der oder die den Job übernehmen wolle, twitterte er noch.

Das Hin und Her um die Verlinkung anderer sozialer Netzwerke folgte am Sonntag auf die Auseinandersetzung rund um einen Twitter-Account, der öffentlich gemacht hat, wo sich Musks Privatjet befindet. Jener war genauso gesperrt worden, wie die Accounts mehrerer bekannter Journalisten, die darüber berichtet haben.

Musk begründete die Sperrung mit dem Vorwurf, die Bekanntgabe der Position des Flugzeugs bedeute für ihn und seine Familie eine Gefahr. Bei einem von Musk bekannt gemachten Stalking-Vorfall gibt es laut Washington Post aber keine Verbindung zu dem Flugzeugtracker. Vorübergehend gesperrt wurde auch der Twitter-Account von Mastodon. Inzwischen sind die viel kritisierten Sperren, mit Ausnahme der von ElonJet, aufgehoben worden, aber die Vorkommnisse verdeutlichen, wie abhängig die Plattform von den Befindlichkeiten des neuen Chefs ist.

Das Abstimmungsergebnis ist nicht repräsentativ. Musk allein hat auf der Plattform mehr als 122 Millionen Follower. Im Vergleich dazu sind 17,5 Millionen Votes nicht besonders viel. Die Umfrage stand zwar prinzipiell allen Mitgliedern der Plattform offen, jedoch nur für zwölf Stunden. Musk hatte aber zuvor versichert, sich an das Ergebnis des Votums zu halten. "Wie das Sprichwort sagt: ,Sei vorsichtig, was du dir wünschst, es könnte in Erfüllung gehen'."

Es spricht viel dafür, dass Musk sich schon vor der Umfrage dazu entschieden hat, sich aus dem Tagesgeschäft bei Twitter zurückzuziehen. Der Multimilliardär ist nämlich bekannt dafür, dass er Umfragen startet, um bereits getroffene Entscheidungen zu rechtfertigen. Am bekanntesten dürfte in der Vergangenheit die Frage von Musk auf Twitter gewesen sein, ob er 10 Prozent seiner Anteile an Tesla verkaufen sollte. Das brachte ihm unter anderem Ärger mit Tesla-Investoren ein, die sich über den Tisch gezogen fühlten. Unterlagen, die später veröffentlicht wurden, zeigten nämlich, dass Musk längst einen Plan zum Verkauf der Aktien ausgehandelt hatte.

An der Börse löste das aktuelle Abstimmungsergebnis zum möglichen Rücktritt als «Head of Twitter» einen Jubelsturm unter Tesla-Investoren aus. Der Aktienkurs des Elektroauto-Herstellers legte vorbörslich um vier Prozent zu. Zuvor hatten Großinvestoren wie Ross Gerber, CEO von Gerber Kawasaki Wealth & Investment Management, Befürchtungen geäußert, Musk lasse sich durch seine Aktivitäten bei Twitter zu sehr ablenken und fülle seine Position als Tesla-Chef nicht angemessen aus. Die Tesla-Aktie hatte seit dem Frühjahr rund die Hälfte ihrer Bewertung von mehr als 1 Billion Dollar verloren.

Elon Musk hatte den Kurznachrichtendienst im Oktober für 44 Milliarden US-Dollar übernommen. Nach Ansicht von Experten lag der Preis viel zu hoch, weil Twitter bislang kaum Gewinne geschrieben hat und bei der Reichweite hinter anderen sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram oder TikTok hinterherhinkt. 27 Milliarden Dollar der Kaufsumme stammen von Musk selbst, der dafür in großem Umfang Tesla-Aktien verkaufen musste und auch deshalb aktuell nicht mehr der reichste Mann der Welt ist.

13 Milliarden aus der Kaufsumme wurden Twitter als Bankschulden aufgebürdet, den Rest steuerten Investoren wie Oracle-Mitbegründer Larry Ellison, die Qatar Holding und der saudische Prinz Alwaleed Bin Talal Alsaud bei. Nach den Negativschlagzeilen der vergangenen Wochen und den damit verbundenen sinkenden Werbeeinnahmen müssen nun die Twitter-Investoren und Banken um ihr Geld fürchten.

Um Kosten zu sparen, entließ Musk direkt nach seinem Antritt rund die Hälfte der Belegschaft. Außerdem kehrten etliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dem Unternehmen freiwillig den Rücken, weil sie mit Musks Kurs nicht einverstanden waren. Zu den umstrittenen Entscheidungen gehörte, das gesperrte Konto von Ex-US-Präsident Donald Trump wieder freizuschalten, das nach dem Sturm von Trump-Unterstützern auf das Kapitol in Washington im Januar 2021 gesperrt worden war.

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Dieser Text wurde umfangreich mit Material der Nachrichtenagentur DPA ergänzt.

(tkn)