Twitter: Rechtsextreme sehen in Musk VerbĂĽndeten, Antifaschisten werden gesperrt
Während sich Elon Musk so äußert, dass Rechtsextreme sich darin wiedererkennen, fliegen Antifaschisten von Twitter. Die Nutzerschaft ändert sich wohl sichtlich.
Während Twitters Problem mit Rechtsextremen seit der Übernahme durch Elon Musk schlimmer geworden ist, wurden in den vergangenen Tagen mehrere antifaschistische und journalistische US-Accounts gesperrt. Das haben die Magazine Vice und The Intercept zusammengetragen.
Absichtlich oder unabsichtlich vermittle Musk Rechtsextremen mindestens, dass sie in ihm einen Verbündeten haben, bilanzieren Experten dort. Gleichzeitig unternehme er wenig, um dem Eindruck entgegenzutreten. Derweil hat die Washington Post ermittelt, dass besonders radikale US-Politiker und Politikerinnen der Republikanischen Partei in den vergangenen Wochen Hunderttausende Follower auf der Plattform hinzugewonnen haben, während auf der Gegenseite auffallend viele verloren.
BeweggrĂĽnde unklar, aber auch nicht ausschlaggebend
Wie Vice zusammenfasst, hat Elon Musk seit der Twitter-Übernahme ein Bild eines Rassisten verbreitet, der sich dafür ausgesprochen habe, dass Ex-Präsident Donald Trump mehr wie Adolf Hitler sein sollte, Videos des rassistischen Anschlags im neuseeländischen Christchurch zu spät gelöscht, ein antisemitisches Wortbild verwendet, ein beliebtes Meme der Rechtsextremen verbreitet und eine Phrase verwendet, die von Rechtsextremen als Lob für Adolf Hitler verstanden wurde. Hate Speech auf der Plattform werde allein wegen der zusammen gestutzten Moderationsteams weiter zunehmen und Rechtsextreme in den USA würden sich darüber freuen, dass sie ihre Botschaften auf einer Plattform mit deutlich größerer Reichweite verbreiten können, als das bislang der Fall war.
Oren Segal von der Anti-Defamation League (ADL), die sich dem Kampf gegen Antisemitismus widmet, fasst das gegenüber Vice so zusammen: "Während die Plattform zu einer Höllenlandschaft voller Antisemitismus, Rassismus und Bigotterie wird, drückt er sich zufälligerweise so aus, wie jene es tun, die genau dafür verantwortlich sind." So verwendete er in einem Beitrag eine Zahl, die unter Rechtsextremen als getarnter Hitlergruß verwendet wird, in einem anderen verwendete er das antisemitische Bild eines "Puppenspielers" gegen einen jüdischen US-Offizier. Selbst wenn das nicht bewusst geschehen sei, verbreite es doch antisemitische Sprachbilder, heißt es bei der ADL. Zwar könnten wir nicht wissen, ob Musk die Hintergründe kennt und es absichtlich macht, viel wichtiger sei aber, dass das unter Rechtsextremen als Unterstützung aufgefasst werde.
Auch die Verbreitung eines Bilds von "Pepe dem Frosch" durch Musk wird kritisiert. Seit dem erfolgreichen Präsidentschaftswahlkampf von Donald Trump 2016 gilt es als besonders beliebtes Bild von Rechtsextremen. Unabhängig davon, was Musk damit sagen wolle, müsse man sich nur die Antworten unter dem Tweet ansehen, um zu erkennen, wie es aufgefasst wird, erklärt Segal gegenüber Deadline. Zwar wisse man natürlich nicht, ob Musk die Bedeutung kenne, aber eigentlich wirke der US-Milliardär wie jemand, der sich in der Meme-Kultur des Internets auskenne: "Das Timing lässt schon vermuten, dass das alles absichtlich ist."
Von Twitter verbannt
The Intercept hat derweil zusammengetragen, dass auf Twitter jetzt Accounts gesperrt wurden, auf denen unter anderem über rechtsextreme Proteste berichtet und Erkenntnisse zum Angriff auf das Kapitol nach der Wahlniederlage von Donald Trump gesammelt wurden. Eine antifaschistische Gruppe, die bewaffneten Schutz für LGBTQ+-Veranstaltungen bereitstellt und ein anarchistisches Kollektiv hätten ihre Accounts ebenfalls verloren. Allein sei gemeinsam, dass sie von einem bekannten rechten Influencer aus den USA attackiert wurden. Musk hatte den auf Twitter gebeten, ihm zu sperrende Accounts zu melden. Ein Betroffener meint aber, dass sein Account womöglich nur massenhaft gemeldet und wegen fehlender Kontrolle bei Twitter gesperrt wurde. Eine Zukunft bei Twitter sehen er und die anderen wohl nicht, sie sind jetzt bei Mastodon aktiv.
Unterdessen hat die Washington Post ermittelt, dass besonders bekannte Politiker und Politikerinnen vom rechten Rand der Republikanischen Partei in den vergangenen Wochen massiv an Followern gewonnen haben. Bekannte Gesichter vom linken Rand der Demokraten verlieren derweil deutlich. Das deute darauf hin, dass vergleichsweise linke Menschen die Plattform in Scharen verlassen, während rechte dorthin strömen. Musk behauptet immer wieder, dass auf Twitter seit seiner Übernahme so viel los ist, wie nie zuvor. Es werde lange dauern, bis Twitter stirbt und komplett verschwindet, "wie ein verrottender Walkadaver", meint Chad Loder gegenüber The Intercept. Zuerst werde es sich in eine Kopie der rechten Plattform Gab verwandeln – "plus Kryptobetrügereien". Auf seinem inzwischen gesperrten Account hatte er demnach Erkenntnisse zum Angriff auf das Kapitol zusammengetragen.
Twitter hat keine Accounts bekannter Neonazis reaktiviert. Das wurde korrigiert.
(mho)