UK: Lokale Behörden sollen Internetkommunikation überwachen

Hunderte von Behörden sollen auf die Internetdaten Zugriff erhalten, die nach dem Vorratsdatenspeichergesetz gesammelt werden. Auch z.B. Personen, die angeblich die öffentliche Ordnung stören oder Selbstmord begehen wollen, können ausgeforscht werden.

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Von
  • Florian Rötzer

Großbritannien hat seit 2004 Hunderten von Behörden und Kommunen mit dem Regulation of Investigatory Powers Act (RIPA) die Tür für umfassende Überwachungsmaßnahmen geöffnet. Bis hinunter zu kommunalen Behörden oder der Feuerwehr kann die Kommunikation ohne richterliche Genehmigung kontrolliert werden. Davon wird ausgiebig Gebrauch gemacht, auch wenn es sich keineswegs um schwere Verbrechen oder Terrorismus handelt. So werden Bürger schon aufgrund des Verdachts kleinster Vergehen beobachtet oder deren Kommunikation belauscht.

In Großbritannien müssen Verbindungsdaten nach dem im vergangenen Oktober in Kraft getretenen Vorratsdatenspeichergesetz für ein Jahr vorgehalten werden. Bislang wurden nur Verbindungsdaten gespeichert, die beim Telefonieren anfallen, ab nächstem Jahr müssen diese auch Internetprovider sammeln, sodass der Besuch von Websites und die gesamte Internetkommunikation überwacht und ein Jahr lang nachgeprüft werden kann. Auf diese gewaltigen Datenmengen hätten dann nach RIPA auch die zahlreichen Behörden Zugriff. Eine Milliarde Datensätze fallen laut dem britischen Innenministerium dann täglich an. Eingeführt, um schwere Verbrechen und Terrorismus zu bekämpfen, können damit nun etwa auch Personen, die im Verdacht stehen, die öffentliche Ordnung zu stören oder die Absicht zu haben, einen Selbstmord zu begehen, ausgeforscht werden.

Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, dass nicht die Inhalte, sondern nur die Verbindungsdaten gespeichert würden. Das sei ein entscheidendes Mittel zur Aufrechterhaltung der nationalen Sicherheit und Bekämpfung der Kriminalität: "Kommunikationsdaten ermöglichen es den Sicherheitsbehörden, Verdächtige zu identifizieren, ihre Kontakte zu untersuchen, Beziehungen zwischen den Verschwörern festzustellen und sie zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort zu lokalisieren."

Die Opposition bezeichnet die Erweiterung der Lauschbefugnisse für die zahlreichen Behörden und Gemeindeverwaltungen als maßlos. Der Schatteninnenminister der Konservativen, Dominic Grieve, kritisiert, das eine Maßnahme, die dafür gedacht war, den Terrorismus zu bekämpfen, nun dazu dienen soll, "das Leben von normalen Bürgern in ihrem Alltag auszuspionieren". Auch Chris Huhne, der innenpolitische Sprecher der Liberalen, kritisiert das "Schnüffelgesetz" scharf. Zunächst erzähle die Regierung den Menschen, man benötige das Gesetz, um Terroristen und Schwerverbrecher zu bekämpfen, "aber bald wird es dazu benutzt, um die Kinder, Haustiere und Müllcontainer normaler Menschen auszuspionieren". (fr)