UKE: KI schreibt elektronische Arztbriefe​

KI soll beim Schreiben von Arztbriefen helfen. Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf testet dazu ein mit eigenen Daten trainiertes Sprachmodell.​

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Zwei Weißkittel sitzen nebeneinander und dokumentieren etwas

(Bild: Indypendenz/Shutterstock.com)

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Das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) hat die KI-Anwendung "ARGO" zur Unterstützung bei der Erstellung von Arztbriefen in den Livebetrieb genommen. Mithilfe eines Large Language Model (LLM), das mit Daten aus dem UKE trainiert wurde, sollen Ärztinnen und Ärzte bei der Dokumentation am Ende eines stationären Patientenaufenthalts entlastet werden.

ARGO erstellt auf Basis der gesammelten Patienteninformationen einen Entwurf des Abschlussberichts eines Behandlers, in dem Aufnahmegrund, Behandlungsverlauf und Entscheidungen erläutert werden. Der erzeugte Text wird anschließend von den behandelnden Ärzten geprüft, angepasst und freigegeben.

Die Entwicklung des KI-Modells erfolgte laut UKE durch die gemeinnützige UKE-Tochtergesellschaft "Innovative Digitale Medizin" (IDM gGmbH). "Da das Sprachmodell an Patient:innenfällen aus dem UKE trainiert wird und die Entwicklung an hohe qualitätssichernde Standards gekoppelt ist, ist ARGO sehr exakt", erklärt IDM-Geschäftsführer Dr. Nils Schweingruber.

Nach einer erfolgreichen Testphase wird ARGO nun schrittweise in den Kliniken des UKE eingeführt. Laut IDM soll die Anwendung künftig auch anderen Kliniken und Forschungseinrichtungen in Deutschland zur Verfügung gestellt werden.

Auch andere Forschungseinrichtungen verfolgen ähnliche Ansätze: So entwickelt das Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS) einen "Arztbriefgenerator", der bis Ende 2024 auf den Markt kommen soll. Dieser soll ebenfalls KI-gestützt Entlassbriefe erstellen.

Allerdings gibt es auch hier datenschutzrechtliche Hürden. Rechtsanwalt Philipp Müller-Peltzer wies in einem Interview mit heise online darauf hin, dass sichergestellt werden müsse, dass Patientendaten nach europäischen Standards verarbeitet und nicht einfach zum Training von Algorithmen weiterverwendet werden.

Ärztinnen und Ärzte müssten zudem prüfen, ob wichtige Inhalte fehlen oder Fehler enthalten sind, die zu Missverständnissen oder Behandlungsfehlern führen könnten. Die Verantwortung bleibe immer beim Arzt, da die KI in erster Linie eine unterstützende Funktion habe. Fehlentscheidungen, die als Behandlungsfehler zu werten seien, könnten haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

Die Dokumentation in Krankenhäusern stellt Ärzte in Krankenhäusern und Arztpraxen vor große Herausforderungen. Darum hatte Gesundheitsminister Karl Lauterbach bereits mehrfach die Entlastung durch KI in Aussicht gestellt. Doch aktuell scheitert es oft an Störungen der Telematikinfrastruktur (TI), dem Gesundheitsnetz, und Fehlern in angebundener Hard- und Software, weshalb die Forderungen nach einer stabilen Infrastruktur lauter werden.

Seit März sind Praxen verpflichtet, über eine aktuelle und von der KBV zertifizierte Software für den elektronischen Arztbrief zu verfügen, um einer Kürzung der TI-Pauschale zu entgehen. Das ist auch bei anderen Anwendungen wie dem E-Rezept der Fall.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) hatte im Februar vom Bundesgesundheitsministerium vergeblich eine Fristverlängerung für den eArztbrief gefordert. Zu diesem Zeitpunkt waren auch noch nicht alle Praxisverwaltungssysteme für das E-Rezept gerüstet. Darum sollen Softwarehersteller künftig stärker dazu verpflichtet werden, rechtzeitig geeignete Produkte zur Verfügung zu stellen. Einen Schritt sieht das BMG darin, die Gematik erneut zu ihrer Digitalagentur zu machen und ihr mehr Befugnisse samt Sanktionsmöglichkeiten zu erteilen. Gerade mit dem geplanten Start der elektronischen Patientenakte 3.0, der "ePA für alle" ist mit größeren Startschwierigkeiten als beim E-Rezept zu rechnen.

(mack)