Verletzte und ihren Status in Kampfgebieten per Drohne überwachen

Mit dem Drohnen-Projekt VISTA will die US-Armee Verletzte schnell erkennen und ihre Verletzungen bewerten.

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Auf dem Bild sind Mitglieder der 294th Medical Company Area Support, 67th Troop Command, Iowa National Guard während der Übung bei der Evakuierung eines Verletzten zu sehen. Von oben überwacht die medizinische Drohne das Geschehen und die Vitalwerte des Verletzten.

Drohne soll den Zustand von Verletzten mit Sensoren erkennen

(Bild: 2nd Lt. Paige Bodine)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Imke Stock

Während einer militärischen Bereitschaftsübung mit mehreren tausend Teilnehmern in den USA wurde auch der Einsatz einer Drohne zur medizinischen Lagebeurteilung getestet. Die Drohne soll medizinische Informationen im Gelände sammeln. Ziel ist es, Verletzte schnell zu finden und ihren Gesundheitszustand zu erkennen.

Zum einen geht es dabei um ihre örtliche Position und auch die Information, ob sie sitzen, stehen oder liegen. Dazu soll die Drohne auch die Art und Schwere von Wunden und verschiedene Vitalwerte der Verletzten (Atmung, Blutdruck, Herzschlag) feststellen und überwachen. Die Daten können eine medizinische Lagebeurteilung und Triage aus der Ferne ermöglichen.

Die Drohne ist mit VISTA-Technologie (Vision and Intelligence Systems for Medical Teaming Applications) ausgerüstet und kam nach 4 Jahren Entwicklungszeit nun erstmals in einer solchen Feldübung zusammen mit medizinischem Personal zum Einsatz. Getestet wurde das System mit der 294th Medical Company Area Support (MCAS). Diese Einheit verfügt über eine Medical Treatment Squad, das vor Ort (wenn notwendig) Verletzte operiert und lebensrettende Maßnahmen durchführt.

Basis für VISTA ist ein zuvor durch die US-Armee zusammen mit dem Unternehmen Areté entwickeltes Automated image-based medical sensing (AIMS) System. AIMS soll bei der Triage auf dem Schlachtfeld oder an Orten mit Massen an Verletzten eingesetzt werden. Das System nutzt die Kamera der Drohne, ergänzt durch Computer Vision und integrierte medizinische Sensorsoftware, um menschliche Opfer zu erkennen und ihre Situation zu erfassen.

AIMS besitzt 5 Funktionen: das Erkennen von Menschen, ihrer Lageposition, das Messen verschiedener Vitalparameter, das Erkennen von sichtbaren Wunden und die Charakterisierung dieser Wunden, die Überwachung und Dokumentation des Verletzten vom Ort der Verletzung bis zum Ort der Versorgung.

Die Herz- und Atemfrequenz lässt sich mittels Photoplethysmographie (PPG) durch die Haut messen. Die Drohne sendet bei PPG Infrarotlicht auf die Haut und misst gleichzeitig, wie viel Licht die Haut reflektiert. Viele Wearables nutzen PPG ebenfalls.

Laut der Firma Areté wurden mehrere neuronale Netze trainiert und deren Leistung mit fortschrittlicher Signalverarbeitung kombiniert. Im Ergebnis könnten bei einer geringen falsch positiven Alarmrate auch schwache Signale ausgewertet werden. Das System wurde erfolgreich mit Menschen, die einen Körperschutz tragen, wie zum Beispiel Soldaten, getestet. Es könne in einer Entfernung von 10 bis 50 Metern Personen und deren Vitalparameter scannen.

Die AIMS-Sensoren können an verschiedenen Arten von (unbemannten) Fahrzeugen, Drohnen und Kameras angebracht werden. Beim noch nicht abgeschlossenen Projekt VISTA soll die Erkennung von Signalen bei Verletzten weiter verbessert werden. Die jetzt durchgeführte Feldübung soll die Erfahrungen des medizinischen Personals und deren Feedback zum Drohneneinsatz in die Weiterentwicklung einbringen.

Der Drohneneinsatz mit dem neuen System fand anlässlich der Northern Strike Übung 23-2 statt. Die medizinischen Fähigkeiten der Drohne sollten hier ihr Potenzial für einen "breiteren Einsatz in Katastrophenreaktionsszenarien" in Zusammenarbeit mit medizinischen Praktikern zeigen.

Das von Arete entwickelte AIMS-System kann von jeder Kamera verwendet werden. In den Versuchen im Jahr 2021 wurde es an einer koaxialen SPIRIT-Drohne von Ascent Aerosystems demonstriert.

(Bild: Tamir Eshel)

Bereits im Jahr 2021 stellte Areté die Fähigkeit der AIMS-Sensoren erstmals in einem Feldtest unter Beweis und bekam einen sogenannten TRL-6-Bereitschaftsgrad bescheinigt. Der Technology Readiness Level 6 (PDF) bedeutet, dass die Technologie als Prototyp-System in relevanter Einsatz-Umgebung vorgeführt wurde. An der Entwicklung der medizinischen Drohne sind auch die Iowa Medical Company und das Army Medical Research and Development Command’s Telemedicine and Advanced Technology Research Center (TATRC) beteiligt.

(mack)