Sensoren in Smartwatches, Fitnesstrackern und Co. - das messen die Wearables

Smartwatches und Fitnesstracker liefern eine Vielzahl an Messwerten. Doch welche Sensoren benötigen die Wearables dafür? Und wie genau sind die Messungen?

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(Bild: Maridav/Shutterstock.com)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Michael Link
  • Anna Kalinowsky

Wie geht es mir? Na, das wird man wohl noch wissen, oder? Tatsächlich ist das Körperbewusstsein bei vielen nicht besonders ausgeprägt. Da sollen Sensoren in Geräten nachhelfen, die man am Körper trägt, Wearables genannt. So haben viele Uhren heute einen Pulsmesser, versuchen sich an der Vermessung des Schlafs und zählen Schritte oder Minuten, in denen man körperlich aktiv ist. Wir erklären, welche Sensoren dabei mitspielen und wie sie funktionieren.

Wie zählt ein Wearable Schritte?

Mit einer simplen Schrittzählung starteten die ersten Aktivitätstracker. Für diese Basisdisziplin ist ein Bewegungssensor zuständig - und viel Mathematik. Wie misst man Bewegung? Das geschieht mit Beschleunigungssensoren, die eine Bewegung im Raum in ihre drei räumlichen Komponenten zerlegen. Ein Hüpfen wird demnach große Beschleunigungswerte in der Z-Achse erzeugen, ein Lossprinten aus einem Startblock dagegen die Werte in mindestens einer Horizontalrichtung sowie beim Hochschnellen in der Vertikalrichtung erzeugen. Damit kann man eine Menge anfangen: Schritte erzeugen ein anderes Wertemuster als das lockere Schwingen der Arme beziehungsweise Erschütterungen des Handgelenks beim Tippen eines Textes. Wenn man dann noch beim Gehen mal die Arme mitschwingen lässt oder die Hände in die Tasche steckt, dann ist es schwierig, beides als Gehen zu erkennen.

Ist das überhaupt genau?

Anfänglich waren die Algorithmen zur Schritterkennung leicht zu überlisten. So konnte man Tracker beispielsweise in einen Standmixer stecken, der drehend im Nu für Schrittezuwachs sorgte. Das wurde besser, als bessere Plausibilitätsprüfungen ins Spiel kamen: Es ist schlicht unmöglich, dass man in zwei Minuten 5000 Schritte zurücklegt. Noch besser erkennt ein Algorithmus die Art der Bewegung, wenn er auch Daten eines Gyroskops bekommt. Es erfasst Drehbewegungen. In der Regel sind Gyroskop und Beschleunigungssensor in einem einzigen Gehäuse vereint. In der Fitnessuhr Fitbit Sense ist es beispielsweise ein Bosch BHI160B, der rund 3 Millimeter Kantenlänge bei knapp einem Millimeter Höhe misst.

Mit Bewegungs- und Gyroskopdaten können etliche Wearables auch Bewegungsarten wie Radfahren oder Workouts erkennen und Laufen von Gehen unterscheiden. Was die absolute Genauigkeit angeht, unterscheiden sich die Geräte noch immer, die Qualität der Algorithmen unterscheidet sich. Zählt das eine Fitnessband 10.000 Schritte, zeigt ein anderes 9.000 an. Präzision ist zwar wünschenswert, aber für zum Abschätzen, ob man heute aktiver war als gestern und auf welchem Niveau man sich befindet, reicht die Genauigkeit allemal.

Wie misst ein Wearable den Puls?

Klassisch misst man den Puls, indem man die Druckwelle des vom Herzen durch die Blutgefäße gepumpten Blutes erfasst. Ohne Elektronik fühlt man etwa die Pulswelle mit aufgelegten Fingern etwa am Handgelenk. In der Frühzeit der Laufcomputer waren Brustgurte verbreitet, die ähnlich einem EKG arbeiten und über Elektroden. Sie erfassen den R-Impuls (also den höchsten Ausschlag einer Pulswelle im EKG) und zählen diese Spitzen. Der Hautwiderstand muss dazu gering sein, daher müssen die Sensoren angefeuchtet sein. Ein Vorteil dieses Verfahrens ist, dass ein Sensor auf der Brust mit weniger Verzögerungen misst als bei anderen Verfahren.

Die meistgenutzte Methode heutzutage ist die optische Messung mit PPG-Sensoren. PPG steht dabei für ein Verfahren namens Photoplethysmographie. Dabei durchdringt das Licht von einer oder mehreren LEDs an einem Wearable die oberen Hautschichten. Ein optischer Sensor, meist als Fotodiode oder -Transistor ausgebildet, spricht auf das reflektierte Licht an. Ein Blutgefäß, das in einer Pulswelle stark durchströmt wird, reflektiert das Licht anders als das eines Gefäßes in der Pulspause. Früher waren optische Pulsmesser vorwiegend mit LEDs für rotes beziehungsweise Infrarotlicht bestückt. Infrarotanteile sind aber auch im Sonnenlicht vertreten, und sie stören unter freiem Himmel die Messung. Daher sind die Hersteller dazu übergegangen, zumindest zur Stützung auch noch grünes Licht zu verwenden, die vom Blutfarbstoff Hämoglobin sehr stark absorbiert wird.

Kann man auch den Blutdruck mit einem Wearable messen?

Üblicherweise legt man beim Blutdruckmessen eine Manschette an, die zuerst aufgeblasen wird, um eine Arterie nach und nach abzudrücken. In der Arterie wird damit ein Gegendruck aufgebaut, die Pulswelle wird ab einem gewissen Druck detektierbar - klassisch sind sie durch Korotkow-Geräusche mit einem Stethoskop hörbar. Und zwar so lange, wie die Manschette die Arterie ganz abdrückt. Die beiden Werte kennzeichnen die bekannten Eckpunkte für den Blutdruck. Das Prinzip des Blutdruckmessgeräts in Manschetten hat der Medizintechnik-Hersteller Omron in seiner Uhr Heart Guide umgesetzt. Die Aufgabe der Manschette übernimmt bei ihr ein aufblasbares Armband.

Weitere Wearables messen den Blutdruck mithilfe der Puls-Transit-Methode. Weil sie Messwerte aus einer EKG-Messung braucht, fällt noch ein abgespecktes EKG als Funktion dabei ab. Das EKG ermittelt den Zeitpunkt der Herzkontraktion, die so genannte R-Zacke. Sie löst die Pulswelle aus, die durch die Blutgefäße rauscht. Mit optischen Pulssensoren, vornehmlich mit grünem Licht, errechnet das Wearable die Gefäßweite und den Grad der Füllung. Viel Blut im Gefäß bewirkt dabei viel Absorption. Damit hat man den systolischen Wert. Beim Abebben fließt weniger Blut durchs Gefäß, was den diastolischen Wert bestimmen lässt. Diese Methode verwendet beispielsweise die Asus Vivowatch BP. Das Verfahren ist allerdings so genau wie die Messung per luftgefüllter Manschette am Arm.

Wie misst eine Smartwatch ein EKG?

Elektrokardiogramme als Aufzeichnungen der elektrisch messbaren Herztätigkeit werden standardmäßig über zwölf Messpunkte auf der Haut, den so genannten Ableitungen Haut ermittelt. Jeweils zwei Punkte bilden dabei eine Messstrecke. Mediziner schauen sich jeweils mehrere Messstrecken an, mit denen man beispielsweise gezielt auf bestimmte Infarkte schließen kann, zum Beispiel Vorderwand-Infarkte oder Rhythmusstörungen. Bei einer Smartwatch wie der Apple Watch gibt es natürlich keine zwölf Ableitungen, aber zwei Ableitungen bekommt man hin: eine auf der Gehäuserückseite und eine andere auf der davon isolierten Oberseite, die man für eine Messung berührt. Das kann zum Beispiel die Krone der Uhr sein oder ein Knopf. Mit diesem einkanaligen EKG kann man zumindest Rhythmusstörungen und Kammerflimmern nachweisen. Dies geht nach vergleichenden Studien mit klinischer Geräten mit einer rund 85 bis 95-prozentigen Genauigkeit. Eine Studie hat übrigens gezeigt: Auch dreikanalige Ableitungen sind beispielsweise mit der Apple Watch möglich, wenn man sie angelehnt an das Einthoven-Verfahren an drei Stellen anwendet.

Was können Wearables noch alles messen?

Schritte, Puls und Blutdruck messen mittlerweile so gut wie alle Wearables. Doch einige Smart- und Fitnesswatches können noch mehr. Welche Daten Wearables noch anzeigen können und welche Sensoren dafür benötigt werden, lesen Sie in der folgenden Übersicht:

Umweltparameter

Smartwatches oder Smartphones geben nicht nur körpereigene Daten aus, sie messen häufig auch Umweltparameter. Mit dem barometrischen Höhenmesser kann beispielsweise angezeigt werden, wie viele Höhenmeter man bei einer Wanderung zurückgelegt hat oder wie viele Stockwerke man an einem Tag hochgestiegen ist. Auch GPS ist heutzutage quasi standardmäßig in Smartphones und Wearables verbaut – in einigen auch die noch genaueren GNSS-Empfänger. GNSS steht für Global Navigation Satellite System und greift für die Standortbestimmung jederzeit auf gleich mehrere Satellitensysteme zu.

Apps für Wearables zeigen zwar öfter auch UV-Werte an, diese stammen aber nicht von einem Sensor in der Uhr oder im Armband, sondern sie werden über externe Datenquellen zugespielt. Das kann man leicht testen, indem man den Wert in einem geschlossenen Raum abliest. Einige wenige Wearables mit UV-Sensor sind aber schon in Shops gelandet, etwa der Shade für klinische Zwecke oder der L’Oreal Sun Sense und das Kickstarter-Projekt Rooti CliMate, das aber offenbar Probleme mit der Zuverlässigkeit hat.

Sauerstoffsättigung im Blut

In immer mehr Sportuhren befindet sich ein Pulsoxymeter, das die Sauerstoffsättigung im Blut misst. Der Sensor funktioniert dabei ähnlich wie der Pulsmesser: Auch hier wird ein LED-Lichtstrahl durch die Haut geschickt. Gemessen werden dann die reflektierten Frequenzen des Lichts.

Atemfrequenz

Wearables, die die Atemfrequenz ausgeben, messen die Zeitspanne zwischen Herzschlägen. Beim Einatmen ist diese Zeitspanne kürzer, beim Ausatmen länger.

Körpertemperatur

Einige Wearables zeigen auch die Körpertemperatur an – doch bei diesen Werten ist Vorsicht geboten. Da die Hauttemperatur sich um einige Grad von der tatsächlichen Körpertemperatur unterscheidet und Wearables ihre Daten hauptsächlich über den Hautkontakt ermitteln, kann es hier zu Ungenauigkeiten kommen. Die Umgebungstemperatur und Schweißbildung können das Messergebnis des Thermometers beeinträchtigen.

Kalorienverbrauch

Die Anzeige verbrauchter Kalorien gehört bei Smartwatches und Fitnesstrackern zur Standardausstattung. Doch auf die ausgegebenen Werte sollten Sie sich nicht verlassen. Die Stanford University School of Medicine fand heraus, dass die von ihr getesteten Fitnesstracker bei der Angabe des Kalorienverbrauchs alle deutlich vom tatsächlichen Wert abwichen. Selbst das am besten getestete Gerät lag um 27 % daneben, das schlechteste Gerät sogar um 93 %. Das Problem: Der Kalorienverbrauch kann nicht durch Sensoren gemessen werden, sondern wird aufgrund von Parametern wie Muskelmasse, Gewicht und Art der Bewegung berechnet. Werden einige dieser Parameter vernachlässigt, kommt es zu ungenauen Angaben.

(anka)