US-Minister besprechen auf Signal Militärschläge im Jemen – Journalist liest mit

Bevor die USA den Jemen angegriffen haben, haben sich hohe Regierungsvertreter dazu in einer Signal-Gruppe ausgetauscht. Dort waren sie aber nicht unter sich.

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JD Vance mit klatschenden Händen

Teil des Gruppenchats war auch US-Vizepräsident JD Vance

(Bild: Maxim Elramsisy/Shutterstock.com)

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Hochrangige Vertreter der US-Regierung haben in einem Gruppenchat auf Signal geheime Informationen zu US-Angriffen auf den Jemen ausgetauscht, in dem offenbar unabsichtlich auch ein Journalist mitlesen konnte. Das hat Jeffrey Goldberg am Montagabend publik gemacht, er ist Chefredakteur des US-Magazins The Atlantic und war Teil des Chats. Dadurch hat er womöglich gleich mehrere Gesetzesverstöße der teilnehmenden Regierungsvertreter um Vizepräsident JD Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth und Finanzminister Scott Bessent dokumentiert. Das Weiße Haus hat die Echtheit des Chats laut übereinstimmenden Medienberichten inzwischen bestätigt.

Wie Goldberg in dem Artikel ausführt, wurde er am 11. März auf Signal kontaktiert, von einem Nutzer namens Michael Waltz. So heißt der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump. Die Anfrage habe er bestätigt und zwei Tage später sei er einer Signal-Gruppe hinzugefügt worden, die den Namen "Houthi PC small group" trug. Die Huthi-Rebellen sind eine Kriegspartei im Jemen, "PC" dürfte demnach für "principals committee" stehen, eine Arbeitsgruppe verschiedener US-Minister. In der Redaktion von The Atlantic habe man große Zweifel an der Echtheit der Gruppe gehabt und sei von einer Desinformationskampagne oder einem Versuch ausgegangen, um Journalisten bloßzustellen. Trotzdem blieb Goldberg in der Gruppe.

In der wurden demnach in den Tagen danach mehrere Konversationen über einen angeblich bevorstehenden Angriff auf den Jemen ausgetauscht und Unstimmigkeiten offenbar. So habe der US-Vizepräsident erklärt, dass es sich dabei um einen Fehler handeln würde, weil die Angriffe europäischen Handelsinteressen mehr nützen würden als US-amerikanischen. Mehrere Wortmeldungen in der Folge, die Goldberg ausführlich zitiert, erwecken den Eindruck, als ob Vance in diesem Chat überzeugt wurde, dem Vorhaben doch zuzustimmen, was er schließlich auch getan habe. Später habe Verteidigungsminister Hegseth in dem "schockierend verantwortungslosen" Gruppenchat zahlreiche Details zum bevorstehenden Angriff ausgebreitet.

Goldberg war zu dem Zeitpunkt angeblich noch immer skeptisch, erwartete aber, dass es sich zum genannten Zeitpunkt zeigen würde, ob der Chat echt war oder nicht. Tatsächlich habe er dann genau zur genannten Zeit die ersten Berichte über die US-amerikanischen Angriffe auf Jemens Hauptstadt Sanaa gefunden. Wenig später sei den Beteiligten gratuliert worden, in einem Beitrag ausschließlich mit den Emojis "👊🇺🇸🔥". Der Journalist, der nun von der Echtheit der Gruppe überzeugt gewesen sei, habe sich daraus entfernt. Ein Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats habe wenig später erklärt, "das scheint eine authentische Nachrichtenkette zu sein" und dass geprüft werde, wie versehentlich jemand hinzugefügt wurde.

Einen vergleichbaren Vorfall habe er bislang nicht erlebt, schreibt Goldberg weiter. Zwar sei es nicht unüblich, dass US-Staatsbedienstete Signal benutzen, aber lediglich für Verabredungen und logistische Absprachen, nicht für "detaillierte und streng geheime Gespräche über bevorstehende Militärschläge". Der Nationale Sicherheitsberater, der die Gruppe zusammengestellt hat, dürfte damit gegen gleich mehrere Vorgaben des Espionage Acts verstoßen haben, schreibt Goldberg unter Berufung auf verschiedene Experten. Für solche Konversationen gebe es strenge Vorgaben und speziell abgesicherte Geräte, die die Beteiligten alle auch zu Hause haben dürften. Signal wiederum sei dafür nicht freigegeben.

Als weiteres Problem hat der Journalist ausgemacht, dass für einige Nachrichten in dem Chat eingestellt worden sei, dass sie nach einer oder vier Wochen gelöscht werden. Das werfe die Frage auf, ob die Beteiligten mit dieser Kommunikation gegen die Bundesgesetze zur Archivierung dienstlicher Kommunikation verstoßen haben. Die – offenbar versehentliche – Weitergabe der Informationen an einen Journalisten sei zudem ein Paradebeispiel für einen Leak. Goldberg erinnert daran, dass Donald Trump einst mit ungerechtfertigter Kritik am Umgang seiner Kontrahentin Hillary Clinton mit dienstlichen E-Mails ins Weiße Haus eingezogen war und später für einen falschen Umgang mit Geheimdokumenten angeklagt wurde. Teil der Gruppe war er aber nicht.

Siehe auch:

  • Signal: Download schnell und sicher von heise.de

(mho)