US-Patentamt will wieder mehr Softwarepatente zulassen

Laut neuen Vorgaben für die US-Patentprüfer sollen künftig Schutzrechte auf Computerprogramme erteilt werden, wenn sie einen technischen Effekt haben.

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US-Patentamt will wieder mehr Softwarepatente zulassen

Sitzungssaal des Court of Appeals for the Federal Circuit in Washington.

(Bild: cafc.uscourts.gov)

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In den USA könnten Softwarepatente und die damit verknüpften Rechtsstreitigkeiten mit Patenttrollen ein Comeback erleben. Unter dem neuen, von Präsident Donald Trump eingesetzten Direktor des US-Patentamts, Andrei Iancu, hat die Behörde Anfang der Woche Entwürfe für neue Leitlinien für die internen Prüfer veröffentlicht, mit denen gewerbliche Schutzrechte für "computerimplementierte Erfindungen" wieder salonfähig werden sollen.

Der US Supreme Court hatte mit den Grundsatzurteilen "Alice vs. CLS Bank" und "Mayo vs. Prometheus" eigentlich die Latte für Softwarepatente deutlich höher gehängt. Methoden, die für ihre Anwendbarkeit lediglich eines Computers bedürfen, reichen demnach nicht aus, um eine abstrakte Idee zu einer patentwürdigen Erfindung zu machen. Die Idee, "machen wir es auf einem Computer", soll bei einem Patentantrag also nicht weiterhelfen.

Das für Patente zuständige Berufungsgericht in Washington, der Court of Appeals for the Federal Circuit, folgte den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs zunächst teilweise. So erklärte es 2014 etwa im dritten Anlauf ein Patent der Firma Ultramercial auf ein Verfahren für nichtig, mit dem urheberrechtlich geschützten Online-Inhalten wie Videos Anzeigen vorgeschaltet werden können.

Prinzipiell liebäugelt das Berufungsgericht aber nach wie vor mit Softwarepatenten, nachdem es schon 1998 im Prozess "State Street Bank" Patente auf Geschäftsmethoden salonfähig gemacht hatte. 2016 hielten die Washingtoner Richter so in einer Auseinandersetzung mit Microsoft einen Schutzanspruch von Enfish auf eine Datenbank mit einem speziellen Indexierungsschema aufrecht.

Das System übe einen "technischen Effekt" auf die Software beziehungsweise den Computer aus und bringe Verbesserungen mit sich, lautete die Begründung. Damit reiche es aus dem Bereich nicht schutzwürdiger abstrakter Ideen heraus. Seitdem hat der Court of Appeals etwa auch eine Methode für patentierbar erklärt, die eine komplexe elektronische Tabellenverarbeitung etwa durch einzelne Reiter zugänglicher macht, oder eine neuartige grafische Benutzerschnittstelle für Marktinformationen, über die sich direkt Order erteilen lassen.

Mit seinen beiden Vorschlägen für neue Prüfrichtlinien, die sich auf allgemeine materielle Patentregeln und "computerimplementierte Funktionen" beziehen, will das Patentamt diese jüngsten Urteile aus Washington nachvollziehen. Prinzipiell listet das Amt damit knapp auf, was als abstrakt und damit nicht schutzwürdig gelten soll. Verzeichnet ist darauf etwa die reine Mathematik, die aber nicht näher definiert wird.

Dieser Ansatz lässt offen, ob etwa Hash-Techniken für Datenbanken oder Komprimierungsalgorithmen, mit denen Computeroperationen verbessert werden, als mathematische Methoden gelten, schreibt der Patentexperte Ben Klemens im Online-Magazin "Ars Technica". Diese Mehrdeutigkeit wiederhole sich bei den für abstrakt erklärten Verfahren, menschliche Aktivitäten zu organisieren. So blieben dabei Methoden zur Wiedergabe von Informationen außen vor. Der Verkauf von Hundefutter übers Internet könnte so zwar nicht patentiert werden, wohl aber ein Algorithmus, um Waren in einem Online-Shop zu sortieren.

Zudem zeigen die Entwürfe weitere Wege auf, um Patente auf Software oder allgemeine Methoden zu erhalten. So soll es ausreichen, eine abstrakte Idee eng mit einer neuartigen Maschine zu verknüpfen oder einen physikalischen Gegenstand in einen anderen Zustand zu transformieren. Auch ein "zusätzliches Element", das sich günstig auf eine spezielle Behandlungsmethode, eine Prophylaxe oder eine medizinische Kondition auswirkt, könnte genauso patentiert werden wie ein solches, das die Funktionsweise eines Rechners steigert. Zu den Vorschlägen nimmt das Patentamt zwar bis 8. März noch Kommentare entgegen, groß etwas daran ändern wird sich im Anschluss aber wohl nicht mehr.

Im Sinne des Wortlauts der Urteile des Supreme Courts dürfte die Initiative der Behörde nicht stehen. Dafür würde sich die US-Vergabepraxis der Linie des Europäischen Patentamts (EPA) noch weiter annähern. Obwohl das Europäische Patentübereinkommen (EPÜ) "Programme für Datenverarbeitungsanlagen" beziehungsweise Software "als solche" in Artikel 52 von der Patentierbarkeit ausschließt, erteilt die Münchner Behörde Monopolansprüche auf "computerimplementierte Erfindungen". Sie geht etwa schon bei der "Verbesserung des Kontrastes" eines Bilds oder bei der effizienteren Aufteilung von Arbeitsspeicher durch eine Software von einem "technischen Effekt" aus, der schutzwürdig sein kann. (anw)