US-Regulierungsbehörde übt sich in ein bisschen Netzöffnung

Die Federal Communications Commission (FCC) hat Regeln und Bedingungen für die Versteigerung neuer Mobilfunkfrequenzen im 700-MHz-Band festgelegt. Der große Wurf in Richtung offenes Mobilfunknetz in den USA ist ihr nicht gelungen.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Rund 1100 Lizenzen bietet die FCC im 700-MHz-Band an.

"Chance vertan", "Alibi-Entscheidung", "Teilerfolg", "positive Entwicklung" – die Kommentare zu den ergangenen Beschlüssen der Federal Communications Commission (FCC) zur Versteigerung von Lizenzen für die Nutzung neuer Mobilfunkfrequenzen im 700-MHz-Band in den USA sind so unterschiedlich wie die Geschäftsmodelle der potenziellen Interessenten. Während die einen gehofft hatten, die FCC werde Bedingungen für ein neues, landesweit offenes Mobilfunknetz schaffen, das ohne Beschränkungen von allen Handy-Besitzern und für alle möglichen Dienste und Produkte nutzbar sein wird, warnten nicht nur klassische Netzbetreiber davor, dass eine mit Zwang verordnete Netzöffnung letztlich zu mehr und nicht zu weniger Regulation führen werde.

Doch zunächst zu den Fakten (PDF-Datei): Nach Verhandlungen in letzter Minute und einer daraus resultierenden mehrstündigen Verspätung verabschiedeten die fünf FCC-Kommissare am gestrigen Dienstag einstimmig die Regeln für eine Auktion Anfang 2008, bei der Lizenzen für die Nutzung von Mobilfunkdiensten in verschiedenen Frequenzblöcken zwischen 698 und 806 Megahertz meistbietend versteigert werden. Auch die Nutzungsbedingungen für die jeweiligen Frequenzblöcke wurden festgelegt. Das Spektrum wird bislang vor allem für analoge TV-Übertragungen genutzt, muss nach einem Beschluss des US-Senats zur flächendeckenden Einführung des terrestrischen Digitalfernsehens (Digital Television and Public Safety Act of 2005, DTV) aber bis Mitte Februar 2009 frei gegeben werden.

Bei der Auktion werden insgesamt 1.099 Lizenzen für die kommerzielle Nutzung von 62 MHz Frequenzspektrum angeboten. Eine Lizenz (Upper D Block) ist für den kommerziellen Anteil eines landesweiten Public-Safety/Private-Partnership-Funknetzes (758 bis 763 MHz und 788 bis 793 MHz) vorgesehen. Der Lizenznehmer muss Polizei, Feuerwehr, Rettungsdiensten und anderen Einsatzkräften in Katastrophenfällen ein vorrangiges Nutzungsrecht einräumen, hat zu Normalzeiten aber die Möglichkeit, das Breitbandspektrum des öffentlichen Lizenznehmers kommerziell mit zu nutzen. Durch diese Kooperation werde einerseits die öffentliche Sicherheit deutlich gestärkt, hält die FCC fest, andererseits führe die gemeinsame Nutzung der Infrastruktur zu "signifikanten Kosteneinsparungen".

Die meisten neuen Mobilfunkfrequenzen werden jedoch für geografisch begrenzte Gebiete angeboten, darunter Cellular Market Areas (CMAs, 734 Lizenzen), Economic Areas (EAs, 352 Lizenzen) und Regional Economic Area Groupings (REAGs, 12 Lizenzen). Bei letzteren wird dem "Package-Bidding" der Vorzug gegeben, sodass Interessenten die Möglichkeit haben, ein nahezu landesweites Abdeckungsgebiet zu ersteigern. Für die REAG-Lizenzen (Upper C Block, 746 bis 757 MHz und 776 bis 787 MHz) gelten besondere Open-Platform-Bedingungen: Lizenznehmer müssen sich dazu verpflichten, dass Kunden ihre mobilen Endgeräte frei wählen können. Eine exklusive Kopplung von Hardware mit Dienstleistungen eines Serviceproviders wie beim iPhone-AT&T-Deal wird es nicht geben. Zudem sollen Kunden Anwendungen und Dienste ihrer Wahl im neuen Netz nutzen dürfen und nicht nur die vom Provider angebotenen.

Zu weiteren Open-Access-Beschlüssen, die den Wettbewerb auf dem US-amerikanischen Mobilfunkmarkt zusätzlich angekurbelt hätten, rang sich die FCC jedoch nicht durch. Verbraucherschützer und Funkdiensteanbieter hatten unter anderem gefordert, dass Lizenznehmer der neuen Frequenzen Übertragungskapazitäten auch anderen Anbietern zu fairen Großhandelspreisen zur Verfügung stellen müssen. Die Klärung der Wholesale-Frage hatte nicht zuletzt der Suchmaschinenbetreiber Google als Voraussetzung für eine Beteiligung des Unternehmens an der Auktion erklärt. Google forderte zudem, dass sich Internet-Service-Provider künftig sehr viel leichter in Mobilfunknetze einklinken können. Offenbar will der Konzern den von der FCC auf 4,6 Milliarden US-Dollar festgesetzten Mindestpreis für den 22-MHz-Block vor allem über den Verkauf von Traffic-Kapazitäten an ISPs refinanzieren, sollte er den Zuschlag bekommen.

Der für Google aktive Washingtoner Telekommunikations- und Medienberater Richard Whitt erklärte nach Bekanntgabe der FCC-Beschlüsse, man müsse die Bedingungen zum Erwerb der Frequenzen zunächst einmal genau studieren. Google habe aber nie erklärt, dass man eine Beteiligung an der Auktion kategorisch ausschließe, sollten nicht alle aufgestellten Forderungen erfüllt werden. Die Entscheidungen zur freien Endgeräte- und Anwendungswahl seien auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung. Der CTIA, ein Interessenverband der Mobilfunkindustrie, gehen die FCC-Beschlüsse zur Marktöffnung unterdessen schon zu weit. "Wie sind enttäuscht, dass ein bedeutender Teil des Spektrums nun durch Auflagen belastet ist", erklärte CTIA-Präsident Steve Largent. Die Zahl potenzieller Interessenten könne dadurch deutlich sinken.

Die FCC erhofft sich von der Versteigerung der Lizenzen Erlöse von insgesamt bis zu 15 Milliarden US-Dollar. Ob die 250 Millionen Mobilfunk-Bestandskunden in den USA von den Bedingungen für den Erwerb des 22-MHz-Blocks tatsächlich profitieren, ist allerdings fraglich. Denn die Regeln gelten nur für die neuen Lizenzen. Gewinnt nun ein großer Mobilfunkprovider die Auktion, heißt dies keineswegs, dass in seinem bereits bestehenden Netz künftig ebenfalls alle Endgeräte und frei wählbare Anwendungen genutzt werden dürfen. Und wenn niemand den Mindestbetrag von 4,6 Milliarden US-Dollar für den Frequenzblock bietet, wird er erneut versteigert – dann ohne Open-Access-Bedingungen. (pmz)