US-Vize Cheney will Lauschhelfer straffrei stellen

Der US-Vizepräsident hat den Kongress aufgerufen, rasch die umstrittene Novelle des Gesetzes zum Abhören internationaler Telekommunikation zu verabschieden, während der Senatsmehrheitsführer einen weiteren Monat Bedenkzeit beantragt hat.

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US-Vizepräsident Dick Cheney hat den Kongress aufgerufen, rasch die umstrittene Novelle des Gesetzes zum Abhören internationaler Telekommunikation zu verabschieden. In einer Rede am gestrigen Mittwoch bei der Heritage Foundation, einer konservativen Denkfabrik, stellte er sich zugleich hinter die Forderung von US-Präsident George W. Bush nach Straffreiheit für die privaten Lauschhelfer von Sicherheitsbehörden wie der National Security Agency (NSA). Cheney betonte: "Diejenigen, die der Regierung bei der Verfolgung von Terroristen geholfen haben, sollten nicht mit gerichtlichen Klagen bestraft werden."

Zuvor hatte auch eine Sprecherin des Weißen Hauses den Gesetzgeber zur Eile gemahnt: Anders als die gegenwärtige Übergangslösung in Form des sogenannten Protect America Act laufe die terroristische Bedrohung am 1. Februar nicht ab, hieß es in einer Erklärung. Der Kongress dürfe nicht zulassen, verlautbarte anderweitig aus dem Weißen Haus, dass die Planer von Anschlägen in wenigen Tagen unbelauscht telefonieren und Mails versenden dürften.

Der Mehrheitsführer des US-Senats, der Demokrat Harry Reid, hat Bush derweil gebeten, den Protect America Act mit seinen weiten Abhörbefugnissen zunächst um 30 Tage zu verlängern. Das Gesetzgebungsverfahren zu diesem "entscheidenden Thema" dürfe weder durch den Kongress gepeitscht werden, noch durch parteipolitische Spielchen verdorben werden. Kurz vor Weihnachten hatte der Senat zunächst die Debatte über die Reform des Foreign Intelligence Surveillance Act (FISA) verschoben. Das Gremium müsse sich Zeit nehmen, unterstrich Reid damals, um die Geheimdienstgesetze sinnvoll zu verbessern und gleichzeitig die Bürgerrechte zu schützen.

Reid selbst ist im Gegensatz zum Geheimdienstausschuss des Senats gegen eine Immunitätsklausel für Lauschgehilfen. Dennoch will er im Plenum den Vorstoß der Aufklärungsexperten zur Diskussion stellen. Damit wäre es zweifelhaft, ob sich eine ausreichende Zahl der Demokraten dagegen aussprechen würde. Verkompliziert wird die Sache noch, weil der Senator Christopher Dodd weiterhin einen Gesetzesentwurf mit einer "Amnestieregel" für Telekommunikationsanbieter und andere private Hilfssheriffs tot reden lassen will. Er plant ein "Filibuster", mit dem der zeitliche Rahmen der entscheidenden Abstimmungsdebatte gesprengt würde. Bush wiederum hat sein Veto für eine Vorlage angekündigt, die Schnüffelhelfer nicht straffrei stellt. Ein echter Kompromiss scheint derzeit nicht in Sicht.

Um die Diskussion weiter anzufachen, hat die Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) gerade die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage (PDF-Datei) veröffentlicht. Demnach sind 57 Prozent der US-Wähler gegen eine Immunitätsklausel. Selbst Konservative sind genau zur Hälfte der Ansicht, dass Gerichte weiter über laufende Klagen etwa der Electronic Frontier Foundation (EFF) gegen Telcos entscheiden können sollten.

Auch sonst sind Aktivisten rührig in der Auseinandersetzung. Über die Webplattform Credo Mobile etwa haben sich innerhalb weniger Stunden rund 68.000 Nutzer mit E-Mails an die drei Präsidentschaftskandidaten Hillary Clinton, Barack Obama und John McCain gewandt und die Senatoren an ihre Wahlkampfversprechen erinnert, eine Amnestiebestimmung ablehnen zu wollen. Die EFF fordert zudem weiter dazu auf, Abgeordnete und Senatoren über die Plattform Stop the Spying auf die Wahrung der Bürgerrechte bei der FISA-Novelle hinzuweisen. (Stefan Krempl) / (pmz)