US-Wissenschaftler programmieren menschliche Haut- in Stammzellen um

Mit dem Durchbruch, durch den die Verwendung von embryonalen Stammzellen und das damit verbundene moralische Problem vermeidbar werden könnten, wird die Stammzellenforschung noch zukunftsträchtiger.

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Von
  • Florian Rötzer

Wissenschaftler der University of Wisconsin-Madison berichten in einem vorab in Science Express veröffentlichten Artikel (10.1126/science.1151526), dass es auch ihnen gelungen ist, aus menschlichen Hautzellen durch das Einschleusen von vier Genen pluripotente Zellen zu erzeugen. Erstmals hatte der japanische Wissenschaftler Shinya Yamanaka 2006 die Möglichkeit der Umprogrammierung an Hautzellen (Fibroblasten) von Mäusen zeigen können. Seinem Team ist nun ebenfalls diese Umprogrammierung von Körperzellen in pluripotente Stammzellen gelungen, aus denen sich alle anderen Zelltypen des menschlichen Körpers gewinnen lassen.

Der Durchbruch wird auch die Stammzellenforschung verändern. Schon vor einigen Tagen hatte der schottische Klonpionier Ian Wilmut angekündigt, dass er die Forschung mit menschlichen embryonalen Stammzellen nicht mehr weiter verfolgen will und in den Spuren von Yamanaka Stammzellen aus der Umprogrammierung von Hautzellen Stammzellen gewinnen will. Das sei viel versprechender und würde die ethischen Probleme umgehen, da bei der Gewinnung von embryonalen Stammzellen die menschlichen Blastozyten getötet werden müssen. Wilmut warnte aber davor, die Forschung mit embryonalen Stammzellen einzustellen, da noch weitgehend unbekannt ist, ob sich die aus der Umprogrammierung gewonnen Stammzellen tatsächlich therapeutisch nutzen lassen. Ungeklärt ist auch, ob sich möglicherweise durch das Einschleusen der Gene mit einem Virenvektor Risiken ergeben können.

Das Wissenschaftlerteam unter der Leitung von Junying Yu (Genome Center of Wisconsin) und James Thomson (School of Medicine and Public Health) hatte die vier Gene Oct4, Sox2, Nanog und Lin28 in menschliche Hautzellen eingeführt, die diese in pluripotente Stammzellen umprogrammierten. Die so gewonnenen "induzierten pluripotenten Stammzellen" (iPS) würden, so berichten die Wissenschaftler, normale Karytypen aufweisen, Telomerase exprimieren und die Gene besitzen, die menschliche embryonale Stammzellen charakterisieren. Sie hätten auch das Potenzial, sich in die drei Keimblätter (Entoderm, Ektoderm und Mesoderm) auszudifferenzieren, aus denen sich alle anderen Körperzellen ableiten.

Oct3/4 und Sox2 hatte auch das Team um Yamanaka verwendet, zusätzlich noch c-myc, and Klf4. Die Wissenschaftler von der University of Madison benutzten c-Myc deswegen nicht, weil dies zum Tod der Zellen führte. Nach verschiedenen Tests mit unterschiedlichen Genkombinationen stellte sich heraus, dass Oct4, Sox2, Nanog und Lin28 ausreichten, um eine Zelle umzuprogrammieren. Oct4 findet man bereits in Eizellen, es ist entscheidend an der Beteiligung von pluripotenten Zellen im Embryo beteiligt und interagiert mit Sox2. Ohne diese beiden Gene konnten pluripotente auch aus der Umprogrammierung nicht erzeugt werden. Nanog unterstützt den Prozess und hat sich, ebenso wie Lin28, auch als wirksam beim Klonen von embryonalen Stammzellen gezeigt.

12 Tage nach dem Einschleusen der Gene wurden in der Zellkultur die ersten iPS-Zellen sichtbar, schreiben die Wissenschaftler. Aus 900.000 Hautzellen ergaben sich 198 iPS-Kolonien. Von den 41 entnommenen Kolonien konnten 35 drei weitere Wochen am Leben erhalten werden. Vier Klone wurden genauer untersucht. Sie wiesen weitgehend die Eigenschaften von menschlichen embryonalen Stammzellen auf und teilten sich auch so wie diese. Die Wissenschaftler sagen, dass die Kulturen sich auch bis zur Abfassung des Artikels 22 Wochen lang weiter repliziert.

Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass mit weiterer Forschung aus derart gewonnenen Stammzellen menschliches Gewebe, Medikamente und Transplantate entwickelt werden können. Diese umprogrammierten Zellen haben neben dem Umstand, dass keine embryonalen Stammzellen verbraucht werden müssen, den Vorteil, dass sie vom Spender stammen und daher von dessen Immunsystem nicht abgestoßen würden. Allerdings müssten Virenvektoren geschaffen werden, die sich nicht ins Genom einbauen und dort zu riskanten Mutationen führen können. Gezeigt werde müsse aber auch noch, ob sich die iPS nicht doch klinisch von embryonalen Stammzellen unterscheiden. (fr)