USA: App für Googles Mobilfunkdienst aufgetaucht

In einer Handy-Firmware ist eine App für Googles geplanten Mobilfunkdienst aufgetaucht. Sie erlaubt Rückschlüsse auf Tarifkonzept und Features. Gespräche und SMS kosten nichts extra, dafür wird die Nutzung ausgewertet.

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Fünf Nexus 6

Das Nexus 6 dürfte das Handy der ersten Wahl für Googles Mobilfunkangebot in den USA werden.

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Seit einigen Monaten ist bekannt, dass Google selbst Mobilfunkanbieter werden möchte. In den USA wird der Konzern dafür auf die Netze von T-Mobile USA sowie Sprint zurückgreifen. Der Starttermin ist noch offen. Textfragmente in einer kürzlich aufgetauchten App erlauben einen Ausblick auf Googles Pläne. Codename: Project Fi.

Womöglich steigt Google schon bei der I/O Ende Mai in den Mobilfunk-Ring.

(Bild: Google)

Die App heißt Tycho und war in der internen Betaversion eines Androidsystems für Nexus-6-Handys enthalten. Offenbar hat einer der Testteilnehmer daraus ein Firmware-Image konstruiert und dieses online gestellt. Der Build datiert aus dem Februar. Bis zum Marktauftritt könnte sich zwar noch viel ändern. Die Betreiber der Website androidpolice haben aber trotzdem aus dem Code der App Textfragmente extrahiert und dabei einige interessante Feststellungen gemacht.

Googles Mobilfunkangebot trägt derzeit den internen Decknamen "Project Fi". Mit der Tycho-App können die Kunden ihr Konto administrieren. Der Wechsel zwischen den Netzen von T-Mobile und Sprint soll fließend und automatisch erfolgen, je nach Signalstärke.

Wenig überraschend möchte der Datenkonzern das Nutzungsverhalten seiner Kunde auswerten, um dann zugeschnittene Werbung zuweisen zu können. Für Google bedeutet es bares Geld, wenn es weiß, mit wem wir telefonieren, welche Apps wir nutzen und auf welche Webseiten wir surfen.

Google wäre keineswegs der erste Mobilfunker in Nordamerika, der diese "Customer Proprietary Network Information" (CPNI) auswertet. Aber bei Google dürfte es sehr einfach sein, sich von diesem "Dienst" abzumelden: Die App bietet eine entsprechende Einstellung. Ob damit nur die Nutzung der Daten oder auch deren Speicherung und Zusammenführung unterbunden wird geht aus den Textfragmenten nicht hervor.

Auch die Freiheitsstatue muss wissen, was sich am Handy tut.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Während die App nicht verrät, was wieviel kostet, lässt sie doch Grundzüge des Tarifkonzepts erkennen: Google möchte demnach nur den Datenverbrauch verrechnen, und zwar in ganzen GByte-Schritten zum immer gleichen Preis. Egal, wieviel der Kunde insgesamt überträgt. Und was am Ende des Monats nicht genutzt wurde, könnte dem Datenguthaben im Folgemonat aufgeschlagen werden.

Damit würde sich Project Fi von den marktüblichen Tarifen deutlich abheben: Dort müssen die Kunden ein bestimmtes Monatspaket wählen. Wenn sie mehr verbrauchen wird der Mehrverbrauch ziemlich teuer verrechnet. Verbrauchen sie indes weniger, verfällt der Rest meistens.

Für Inlands-SMS und -Telefonate innerhalb der USA verrechnet Google bei Project Fi wohl nichts extra. Das ist schon von Google Voice bekannt. Ähnliche Auslandstarife wären ein starkes Zugpferd.

Es dürfte auch eine Mobilfunk-Variante ohne Sprachdienste und SMS, also nur mit Datenübertragung, geplant sein. Das Mobilfunk-Konto kann übrigens zeitweise auch ganz stillgelegt werden, per Click in der App.

Wie es aussieht, kümmert sich Google auch um User mit mehreren Endgeräten. Sie können voraussichtlich ihr Datenvolumen mit mehreren Apparaten gleichzeitig nutzen. In der Tycho-App kann das primäre Gerät festgelegt werden. Dorthin leitet Google Anrufe und SMS.

Eines Tages könnte es auch einen europäischen Ableger des Project Fi geben. Britischen Berichten zu Folge verhandelt Google mit dem Hongkonger Konzern Hutchison Whampoa, der in Österreich, Großbritannien, Italien, Irland, Schweden und Dänemark, sowie Hongkong und Indonesien Mobilfunknetze unter der Marke 3 betreibt. (ds)