USA: Putin hackt, um US-Wahlen zu torpedieren

Washington verschärft den Ton gegenüber Moskau weiter. Von höchster Stelle wird nun der Datenangriff auf die Demokratische Partei dem Kreml angelastet: Die russische Regierung wolle die US-Wahlen stören. Der Kreml bezeichnet die Vorwürfe als "Unsinn".

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Alte Kanone

Die groĂźe Zarenkanone im Moskauer Kreml

(Bild: Muns CC-BY-SA 3.0)

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Inhaltsverzeichnis

James R. Clapper, Director of National Intelligence

Die Vereinigten Staaten von Amerika beschuldigen erstmals offiziell Russland, die Dachorganisation der Demokratischen Partei gehackt zu haben. "Die [US-Geheimdienste] sind sich sicher, dass die russische Regierung die jüngste Kompromittierung von E-Mails von US-Personen und -Organisationen gesteuert hat", steht in einem vom Nationalen Geheimdienstdirektor James Clapper am Freitag veröffentlichten Text. Es handelt sich dabei um eine gemeinsame Stellungnahme von Clappers Behörde und dem Heimatschutzministerium.

Statt technische Belege vorzubringen, argumentieren die Verfasser mit der Vorgehensweise und der Art der Veröffentlichung: "Die jüngsten Offenlegungen von angeblich gehackten E-Mails auf Webseiten wie DCLeaks.com und WikiLeaks sowie durch Guccifer 2.0 […] stehen im Einklang mit den Methoden und Motiven russisch gelenkter Anstrengungen." Russland habe ähnliche Taktiken und Techniken bereits in Europa und Eurasien angewandt, um vor Ort die öffentliche Meinung zu beeinflussen.

Die Schuld sehen die USA direkt bei Wladimir Putin, ohne ihn beim Namen zu nennen: "Wir glauben, ausgehend von Umfang und Sensibilität dieser Anstrengungen, dass nur Russlands allerhöchste Amtsträger solche Aktivitäten genehmigt haben können."

Die Heimatschutzbehörde sendet gemeinsam mit dem Geheimdienst schwere Vorwürfe Richtung Moskau.

(Bild: AFGE CC-BY 2.0)

Mit dem vom Geheimdienste-Direktor veröffentlichten Text versucht die US-Regierung offenbar gleichzeitig außen- und innenpolitisch Position zu beziehen. Auf den ersten Absatz mit der außenpolitischen Attacke auf Russland und Putin folgen zwei Absätze, die sich auf die für 8. November anstehenden US-Wahlen beziehen.

Mehrere US-Staaten hätten Scans und Sondierungen ihrer wahlbezogenen Systeme registriert. In "einigen Fällen" sei das von russischen Servern ausgegangen. "Wir sind aber nicht in der Lage, diese Aktivitäten der russischen Regierung zuzuordnen." Danach wird betont, dass es für Hacker schwierig sei, das Wahlergebnis durch Hacks zu beeinflussen. Zudem habe das Heimatschutzministerium den US-Staaten seine Hilfe bei der Sicherung der Wahl-Infrastruktur angeboten.

Senator Tim Kaines auf einem Wahlkampf- Foto

(Bild: Hillary for America)

Die außenpolitisch aggressive Tonlage passt zu anderen jüngsten Verbalschlägen. Der Kandidat der Demokratischen Partei für den Posten den Vizepräsidenten, Senator Tim Kaine, hat Wladimir Putin unverhohlen als Diktator bezeichnet. Und das nicht in einer privaten Unterhaltung, sondern in der von Millionen Zuschauern am Dienstag live verfolgten Vizepräsidentschaftskandidaten-Debatte mit dem republikanischen Gouverneur Mike Pence.

Und in ihrer ersten Diskussionsrunde mit Donald Trump am 26. September hat Hillary Clinton Russland mit Cyberkrieg gedroht. Damals hatte sie auch Russland und namentlich Putin für Cyberattacken kritisiert. Trump, dem die Demokraten schon länger eine politische Nähe zu Russland und Putin nachsagen, relativierte: "Ich weiß nicht, ob wir wissen, dass es tatsächlich Russland war, das die [Demokratische Partei] attackiert hat. Sie sagen Russland, Russland, Russland. Vielleicht war es das. Es könnte auch China sein, oder jemand, der auf seinem Bett sitzt und 400 Pfund wiegt."

"Was für ein Unsinn schon wieder!", ärgerte sich Kreml-Sprecher Dmitriî Peskov gegenüber der russischen Nachrichtenagentur Interfax, "Putins Webseite wird täglich von Dutzenden von Tausenden Hackern angegriffen. Viele Attacken können auf US-Territorium zurückverfolgt werden, aber wir beschuldigen doch nicht jedes mal das Weiße Haus oder [die CIA]."

Sergeî A. Râbkov (auch Sergej Rjakbow) ist einer von zehn stv. Außenministern Russlands.

(Bild: Mohammad Hassanzadeh CC-BY 4.0)

Der russische Vizeaußenminister Sergeî A. Râbkov weist in einem Kommentar darauf hin, dass "Beweise komplett fehlen". Seit November habe Russland den USA wiederholt Zusammenarbeit im Kampf gegen illegale Online-Aktivitäten angeboten, doch sei bis heute keine Übereinkunft erzielt worden.

Das Schüren von Emotionen gegen russische Hacker sei ein "schmutziger Trick" im US-Wahlkampf, an dem sich auch die US-Regierung beteilige. "Unsere Feinde setzen Ihre Versuche fort, Russland der Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Vereinigten Staaten zu beschuldigen", schreibt Râbkov, "Dabei sind sie komplett blind hinsichtlich der massiven [medialen] Einmischung seitens europäischer Politiker (...)." Diese Einflussnahme werde von US-Seite nicht als Problem dargestellt. [/Update] (ds)