USA und Deutschland wollen bei ziviler Sicherheit gemeinsam forschen

US-Heimatschutzministerin Janet Napolitano und Forschungsministerin Annette Schavan haben heute in Berlin ein Regierungsabkommen über die wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit auf dem Gebiet der zivilen Sicherheit unterzeichnet.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Deutschland und die USA haben am heutigen Montag in Berlin ein Regierungsabkommen über die künftige "wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit" beider Staaten auf dem Gebiet der zivilen Sicherheit unterzeichnet. Das bereits im Februar vom Bundeskabinett verabschiedete Regelwerk sieht unter anderem vor, dass ein systematischer Austausch von Informationen und Personal in solchen Bereichen verstärkt wird, "die für das Erkennen von Sicherheitsgefährdungen und das Entwickeln von Gegenmaßnahmen sowie für die Erarbeitung von technischen Standards, operationellen Verfahren und flankierenden Methoden von Bedeutung sind".

Bundesforschungsministerin Annette Schavan unterschrieb das Abkommen am Vormittag gemeinsam mit der amerikanischen Heimatschutzministerin Janet Napolitano, dem Geschäftsträger der US-Botschaft in Deutschland, John M. Koenig, sowie dem Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Peter Ammon. Die frühere Gouverneurin von Arizona und neue Chefin des Department of Homeland Security (DHS) befindet sich seit dem Wochenende in Deutschland und nahm am Sonntag auch am sogenannten G6-Gipfel der Innenminister von Großbritannien, Frankreich, Italien, Spanien, Polen und Deutschland teil.

US-Heimatschutzministerin Janet Napolitano

(Bild: DHS)

Heimatschutz bedeute nicht die Abkapselung von anderen Staaten, erklärte Napolitano bei der Unterzeichnungszeremonie in Berlin, "es geht um eine Kooperation mit unseren Alliierten." Ob diese Kooperation gleich so weit geht, dass die Vereinigten Staaten künftig ihre "Geheimlabore" für Deutschland öffnen, wie Spiegel Online heute titelt, dürfte allerdings fraglich sein. Zumindest steht davon nichts in dem Regelwerk, das heise online im kompletten Wortlaut vorliegt. Verabschiedet wurde vielmehr lediglich ein "Rahmen für die Förderung, Entwicklung und Erleichterung zweiseitiger wissenschaftlich-technologischer Kooperationsaktivitäten im Zusammenhang mit der zivilen Sicherheit".

Als Themenfelder wurden die "Abwehr und das Aufspüren von Bedrohungen der zivilen Sicherheit und die Reaktion auf diese Bedrohungen", "Kriminaltechnik und Einstufung in Bezug auf Sicherheitsbedrohungen", der "Schutz von kritischen Infrastrukturen und Schlüsselressourcen" sowie "Krisenreaktion und Folgenmanagement sowie Schadensbegrenzung bei folgenschweren Ereignissen" definiert. Besonderes Augenmerk gelte dabei der "Entwicklung von Lösungen, die die Sicherheit der Menschen erhöhen, ohne ihre Freiheit einzuschränken", heißt es in dem 31 Seiten umfassenden Regelwerk.

"Erleichterung eines systematischen Austauschs von Technologien und Personal sowie von öffentlich zugänglichen und Beschränkungen unterliegenden Informationen", "Förderung abgestimmter und gemeinsamer Forschungs- und Entwicklungsprojekte", "Zusammenarbeit bei der Entwicklung von Technologien und Prototypsystemen", "Zusammenführung oder Anpassung der die zivile Sicherheit betreffenden Sicherheitstechnologien beider Vertragsparteien mit dem Ziel der Einsparung von Entwicklungskosten", "Bewertung und Erprobung von die zivile Sicherheit betreffenden Prototyptechnologien" – all diese Punkte und mehr werden als "Mittel zur Erreichung der Ziele" genannt.

Liest sich das mit großem Brimborium angekündigte Regierungsabkommen bis dahin eher wie eine Zusammenfassung lockerer Absichtserklärungen, wird es mit Artikel 13 ("Umgang mit geistigem Eigentum und Verwendung von Informationen") dann doch konkret: "Beide Vertragsparteien erkennen an, dass die erfolgreiche Zusammenarbeit vom vollständigen und umgehenden Austausch der für die Durchführung von Projekten erforderlichen Informationen abhängt [...] wobei die Vertragsparteien beabsichtigen, hinreichende Projekthintergrundinformationen und/oder die Nutzungsrechte daran zur Verfügung zu stellen, um die Entwicklung von Technologien, Prototypen und sonstigen Aktivitäten im Rahmen eines Projekts zu ermöglichen."

Allerdings kann "die Vertragspartei, in deren Besitz oder unter deren Kontrolle sich die Informationen befinden" selbst bestimmen, ob diese "erforderlich" oder "zweckdienlich" für die Einrichtung neuer oder die Umsetzung bestehender Projekte sind. Einschränkungen gibt es auch bei Fragen der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen: "Erhebt eine der beiden Vertragsparteien einen Einwand gegen die öffentliche Freigabe von aus dem Abkommen hervorgegangenen Veröffentlichungen, so erfolgt die öffentliche Freigabe erst und nur dann, wenn sich die Vertragsparteien über die Bedingungen für die öffentliche Freigabe geeinigt haben." Kurz gesagt: Stellt sich die eine Seite quer, hilft der anderen auch der Vertrag nicht.

Dass das Berliner Forschungsministerium einem solchen Regelwerk – das im Übrigen unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist jederzeit gekündigt werden kann – eine derart große Bedeutung zukommen lässt, liegt nicht zuletzt daran, dass es das erste Regierungsabkommen zwischen Deutschland und den USA seit dem Amtsantritt von US-Präsident Barack Obama ist. Auf konkrete Anwendungen hin befragt, nennt das Forschungsministerium etwa "die Frage der Durchleuchtung von Frachtcontainern im transatlantischen Warenverkehr". Ab 2012 müssten "alle Schiffscontainer mit Ziel Amerika akribisch durchleuchtet werden. Das soll verhindern, dass illegalen Waffen, schmutzige Bomben oder Sprengstoff über den Seeweg ins Land gelangen".

Jedoch stehe noch keine Durchleuchtungstechnik zur Verfügung, die diese Aufgabe "schnell und sicher leistet", heißt es. Es gelte also Technik und Technologien dafür zu entwickeln. Ministerin Schavan erklärte, dass man bestrebt sei, "die Zusammenarbeit in Umwelt-, Klima-, Energie- und Gesundheitsforschung sowie der Bildung deutlich auszuweiten und damit die transatlantische Partnerschaft auszubauen." Aber auch die Punkte "Sicherheit im Flugverkehr, Erleichterungen beim Zugang deutscher Hersteller zu amerikanischen Prüflabors und der verbesserte Zugang zu Hochtechnologie insbesondere im Bereich IT-Sicherheit" stehen laut BMBF auf der Agenda. (pmz)