Ubuntu 21.10 in der Server-Praxis: Alle wichtigen neuen Features erklärt

Seite 3: Viele Änderungen beim HA-Stack

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Der Linux-HA-Stack rund um Pacemaker und Corosync steht nicht unbedingt im Verdacht, zu den Lieblingskomponenten vieler Administratoren zu gehören. Da werden viele Systemverwalter sich kaum freuen, dass Corosync 3.1.2 in der neuen Ubuntu-Version auch noch mit einer Änderung daherkommt, welche einen Cluster durchaus aus dem Tritt bringen kann. Denn in vorherigen Versionen nutzte Corosync in der Standardkonfiguration als "name" für einen Knoten stets "node1" in Kombination mit einer eindeutigen ID. Corosync selbst sowie Pacemaker nutzen stets die ID – hat ein Admin jedoch selbstgezimmerte Skripte, die den Namen der Knoten in der Corosync-Konfiguration aufgreifen, muss er diese anpassen.

Gute Nachrichten von der Cluster-Front gibt es indes aber auch. Denn die Maintainer der Linux-HA-Pakete in Ubuntu haben ein Test-System für die "Agents" aufgesetzt, die Pacemaker nutzt, um Ressourcen zu verwalten und Fencing-Mechanismen auszulösen. Die vorherigen Pakete "resource-agents" und "fencing-agents" werden deshalb zu Meta-Paketen, die die Pakete zusätzlichen Pakete "resource-agents-base", "fencing-agents-base", "resource-agents-extra" sowie "fencing-agents-extra" auf das System holen. Systemverwalter müssen also nicht damit rechnen, plötzlich einen Haufen der installierten Agents zu verlieren. Sie sollten allerdings im Hinterkopf behalten, dass die Agents in den "-base"-Paketen besondere Tests seitens der Entwickler durchlaufen, bevor sie in der Distribution landen.

Anders als Red Hat und SUSE setzt Canonical bei Ubuntu noch immer auf das klassische "iptables", um Pakefilter zu konfigurieren. Die Konkurrenz hat längst auf den Nachfolger "nftables" umgestellt, der in Ubuntu 21.10 endlich ebenfalls Standard wird. Weil "nftables" ein Kompabitilitätsbackend zu "iptables" anbietet, sollten Admins sich eigentlich keine Sorgen machen müssen, dass der eigene Paketfilter das Update nicht übersteht. Jedoch zeigt die Erfahrung, dass es mit der Kompatibilität manchmal nicht ganz so weit her ist, wie es sich mancher Entwickler vielleicht vorstellt. Wer seine Firewall-Einstellungen über Front-Ends wie "firewalld" abwickelt, braucht sich um das Thema nicht zu kümmern. Wer allerdings wie in der guten alten Zeit riesige Skripte nutzt, die "iptables" aufrufen, sollte diese beizeiten in echte "nftables"-Aufrufe konvertieren.

In Ubuntu 21.10 kommt erstmals der neue Installer Subiquity mit Curtin und Flutter auch auf Desktops zum Einsatz. Server-Admins merken wenig, doch Ubuntu führt mit diesem Schritt seine disjunkten Installer endlich wieder zusammen.

(Bild: Canonical Ltd.)

Darüber hinaus ergeben sich kleinere Änderungen quer durch das Gemüsebeet. Container- und Virtualisierungskomponenten wie Runc, Containerd und Open vSwitch kommen ebenso in neuen Versionen daher wie der NTPd-Ersatz Chrony oder BIND 9. Telegraf, der Metriksammeldienst von InfluxDB, der sich jedoch auch mit Prometheus und anderen Zeitreihendatenbanken kombinieren lässt, unterstützt in der neuen Version 1.19.2 SNMPv3 deutlich besser und eignet sich damit auch, um diverse Peripheriegeräte abzufragen. Das brandneue OpenStack 24 liegt der Distribution freilich ebenfalls bei, wird jedoch in Ubuntu 22.04 noch durch die dann aktuelle OpenStack-Version ersetzt werden.

Ein kurzer Blick auf den Linux-Kernel darf zuletzt nicht fehlen. Ubuntu 21.10 kommt mit Linux 5.13 daher, der selbst nicht mehr ganz taufrisch und auch keine LTS-Version ist. Dazu sollte man stets im Hinterkopf behalten, dass Canonical bald schon über das Backports-Verzeichnis für "Impish Indri" aktuellere Kernel zur Verfügung stellen wird. Verglichen mit dem für Ubuntu 20.04 aktuell verfügbaren Linux 5.11 bietet die Version 5.13 jedoch schon ein paar Verbesserungen wie Support für neuere Hardware. Keiner dieser Kernel wird indes in Ubuntu 22.04 zu finden sein – dort wird der Admin es eher mit Ubuntu 5.16 oder 5.17 zu tun bekommen, jenachdem, welche Version dann als LTS-Version daherkommt.

Ubuntu 21.10 kommt mit großen Änderungen bei einzelnen Details, erspart Server-Admins aber die ganz großen Überraschungen. Wer auf LTS-Releases setzt, findet in der neuen Version jedenfalls keinen zwingenden Grund, die eigene Überlegung zu korrigieren. Immerhin bietet Ubuntu 21.10 aber schon einen ganz guten Ausblick auf das, was Admins in der nächsten Version von Ubuntu erwartet – und die wird ganz sicher als LTS-Version für die Verwalter von Servern noch interessanter sein.

(fo)