Ubuntu 24.04 LTS ist da: Das ist neu, das ändert sich, das fällt weg

Pünktlich hat Canonical Ubuntu 24.04 veröffentlicht. Wie üblich bei einer LTS-Version bietet sie viel Evolution, aber nichts wirklich Bahnbrechendes. Gut so.

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Ubuntu-Logo

(Bild: iX)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Martin Gerhard Loschwitz
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Canonical hat pünktlich die von vielen Admins sehnsüchtig erwartete Version 24.04 der hauseigenen Linux-Distribution Ubuntu Linux freigegeben. Sie kommt einmal mehr als Release mit Long Term Support (LTS) daher – Canonical bietet also besonders lange Unterstützung für das System an, vor allem für sein gesondert dafür zahlendes Klientel. Während reguläre Ubuntu-Nutzer sich nämlich über immerhin fünf Jahre Updates für kritische Funktionsprobleme und Sicherheitsleck freuen dürfen, lässt sich mit einem Ubuntu-Pro-Abo dieser Zeitraum nun erstmals auf bis zu 12 Jahre ausdehnen. Für IT-Verhältnisse sind das fast schon biblische Dimensionen.

Mit zu den auffälligsten Neuerungen für Desktop-Anwender gehört GNOME 46 – zumindest für jene Nutzer, die tatsächlich Ubuntu nutzen und nicht einen der Flavors wie Kubuntu mit KDE oder Xubuntu mit Xfce. Die wird es auf Basis von Ubuntu 24.04 ebenfalls geben, doch stehen sie wie üblich nicht ganz so im Rampenlicht wie die Hauptdistribution. Bei der punktet GNOME 46 immerhin mit vielen praktischen Features wie variablen Bildwiederholraten auf Systemen mit NVIDIA-GPU und deutlich verbesserten Desktop-Benachrichtigungen. Der Schnelleinstellungsdialog aus GNOME hält in Ubuntu 24.04 ebenfalls Einzug. Und ganz generell kommunizieren die zum Desktop gehörenden Programme künftig mehr mit ihren Nutzern als bisher: Denn Werkzeuge wie der Dateimanager Nautilus erhalten in GNOME 46 die Option, eigene Benachrichtigungen anzuzeigen, etwa wenn ein Kopiervorgang abgeschlossen ist.

Eine der größten Neuerungen in Ubuntu 24.04 werden viele Anwender gar nicht bemerken, wenn sie nur ihr bestehendes System aktualisieren. Denn Canonical hat die Installationsroutine der Distribution erheblich verbessert. Sie soll nun deutlich weniger Barrieren aufweisen als zuvor und dadurch auch für Menschen mit Einschränkungen besser zu verwenden sein. Dafür sorgen diverse Änderungen in der auf Flutter basierten Oberfläche des Tools. Obendrein lässt sich die Ubuntu-Installation nun komplett durchautomatisieren.

Darüber hinaus legt die aufgemöbelte Installationsroutine in Ubuntu 24.04 den Grundstein für weitere Arbeiten in der Zukunft. Denn geht es nach Canonicals Willen, soll aus dem Installationswerkzeug absehbar ein Provisionierungswerkzeug werden. Noch hält man sich im Hinblick darauf, was das konkret bedeuten soll, eher bedeckt. Als Beispiel führt man aber an, dass beispielsweise das Anlegen eines Nutzers zum Login im System nach der Installation künftig gar nicht mehr Teil des Installationsvorgangs sein soll. Stattdessen will man standardisierte Schnittstellen bieten, um das etwa nach dem ersten Start der Installation zu implementieren. Das wäre hilfreich für PC-Hersteller, die Ubuntu vorinstalliert auf ihren Systemen ausliefern und keinen Standardzugang hinterlegen wollen. Die Zeit wird zeigen, wie genau Canonicals weitere Pläne in Sachen Installation aussehen.

Fast noch weniger tut sich für die Administratoren von Servern, sieht man von der üblichen Modellpflege einmal ab. Wobei das deutlich abwertender klingt, als es gemeint ist – denn eben jene Modellpflege ist gerade der Grund dafür, dass mancher Admin einer neuen LTS-Version von Ubuntu überhaupt erst entgegenfiebert. Auch bei Ubuntu 24.04 liefert der Hersteller in dieser Hinsicht. Zentrale Neuerung ist zum Beispiel der aktuelle Linux-Kernel 6.8, der auch die aktuellste Kernel-Version mit LTS-Unterstützung darstellt. Zwar bietet Canonical zwischen Releases auch den sogenannten Hardware Enablement Kernel (HWE) für ältere LTS-Distributionen an. Für Anwender von Ubuntu 22.04 war das Ende der Fahnenstange bisher bei Linux 6.5 allerdings erreicht. Wer den HWE-Stack gar verschmäht und den originalen Kernel auf 22.04 nutzt, hängt bei Linux 5.15 fest. Verglichen damit ist der neue Kernel 6.8 ein Feuerwerk an Updates quer über alle Treiberkategorien, Geräteklassen und Funktionen hinweg.

Gängige Server-Software wie Nginx, MySQL, MariaDB oder Apache bekommen ebenso Updates wie die modernen Skript- und Programmiersprachen Go, Rust oder Python. Für GCC 14 hat es nicht gereicht, denn der ist von seinen Autoren noch gar nicht freigegeben worden. Auch GCC 13.2 ist aber eine ganz erhebliche Verbesserung gegenüber GCC 11 in Ubuntu 22.04.

Mailserver-Admins freuen sich über frische Versionen von Postfix, Dovecot und ClamAV so wie sich LDAP-Profis über ein neues OpenLDAP freuen. Ohnehin ist Ubuntu eine der wenigen kommerziellen Distributionen, die OpenLDAP noch mit Support anbietet.

Großes Ungemach erwartet bestehende Ubuntu-Nutzer ersten Tests zufolge nicht, wenn sie auf die neue LTS-Version aktualisieren. Für Verwirrung bei Desktop-Anwendern mag allenfalls noch die Tatsache sorgen, dass nun auch der beliebte Open-Source-Mailclient Thunderbird nur mehr in Snap-Form vorliegt und keine .deb-Pakete davon mehr zur Verfügung stehen. Dafür immerhin gibt es nun auch ein neues Werkzeug zur Installation zusätzlicher Software, das App Center. Dieses feierte zwar schon in Ubuntu 23.10 seinen Einstand; wer nur von LTS-Version zu LTS-Version springt, bekommt das Tool aber erst nun zu sehen. Wie zu erwarten, fußt es weitgehend auf Snap. Seinen unversöhnlichen Sonderweg in Sachen Applikations-Containerisierung setzt Canonical damit fort.

So oder so: Wer ein bestehendes System aktualisieren möchte, erledigt das wie üblich mittels des Kommandos "do-release-upgrade". Das klappt übrigens auch direkt von Ubuntu 22.04 aus, man muss die Nicht-LTS-Releases in seinen Update-Plänen also nicht berücksichtigen. Frische ISO-Abbilder für die Neuinstallation erhalten Interessierte über Ubuntus übliche Kanäle.

Ausführliche Tests des neuen Ubuntu-Server und -Desktop erscheinen in Kürze auf heise+ sowie in der nächsten iX.

(fo)