Überschall-Passagierjet: Concorde-Nachfolger (noch) nicht in Sicht

Die ausgemusterte überschallschnelle Concorde ist bis heute legendär. An Plänen für einen Nachfolger mangelt es kaum. Aber sind sie auch realistisch?

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Von
  • Ralf E. Krüger
  • dpa

Eine Luftfahrt-Ära ging zu Ende am 24. Oktober 2003 in London: Es war der Tag der letzten kommerziellen Landung einer Concorde. Die Betreiber British Airways und Air France verbannten ihre legendären Überschall-Passagierjets nach knapp drei Jahrzehnten Dienst ins Museum. Eine Flugreise in dreieinhalb Stunden von Europa nach New York wurde damit wieder zum unerreichten Traum für den internationalen Jet-Set und die Top-Manager dieser Welt. Die Superschnell-Flüge fehlen seitdem im globalen Passagiertransport.

An Plänen für umweltfreundlichere Nachfolge-Modelle mangelt es seitdem nicht. "Kommerziell ist aber vorerst kein Concorde-Nachfolger in Sicht", sagt Sébastien Remy, der Entwicklungschef von Europas größtem Luft- und Raumfahrtkonzern EADS. Seit 2006 arbeiten seine Ingenieure im Auftrag von Franzosen und Japanern am Projekt ZEHST – einer Art Öko-Concorde mit vierfacher Überschallgeschwindigkeit. Doch auch Remy selbst muss zugeben: "Wir befinden uns noch immer in der Forschungsphase, die technischen Herausforderungen sind noch immer ungelöst." Zudem dürfte es ähnlich wie bei der Concorde ohne internationale Partnerschaft kaum gehen.

Finanziell stehen die Investoren dabei nicht gerade Schlange. "Die Linienfluggesellschaften reißen sich ja überhaupt nicht um so einen Hightech-Flieger – selbst die arabischen Airlines nicht", sagt der Hamburger Luftfahrtexperte Cord Schellenberg. Er hält die futuristischen Konzepte und Studien der großen Flugzeughersteller für reine Show: "Meinem Gefühl nach behandeln Airbus und Boeing das Thema weiter als Schaufenster-Thema – eine Absicht, in absehbarer Zeit etwas davon umsetzen, kann ich nicht erkennen." Zudem sieht er den Markt weggebrochen: "Die Kundschaft hat sich geändert, die Schönen und Reichen haben längst andere neue Spielzeuge gefunden."

In der Tat: Individueller Luxus ist heute Trumpf bei denen, die ihn sich leisten können. Denn den bot auch die Concorde zu ihren besten Zeiten nur begrenzt. Es waren in erster Linie Geschwindigkeit und Exklusivität, die den fliegenden Nationalstolz von Briten und Franzosen attraktiv machten. Sie stellten alle Gesetze der Wirtschaftlichkeit auf den Kopf. Der Absturz einer Concorde am 25. Juli 2000 bei Paris mit insgesamt 113 Toten, darunter 97 Deutschen, hatte zwar spektakulär den Beginn vom Ende der lautstarken "Donnervögel" bedeutet. Doch bereits lange zuvor hatte es Debatten gegeben, ob die hohen Kosten der Concorde zu rechtfertigen seien.

Dem legendären Ruf der doppelschallschnellen Jets hat das kaum geschadet. Noch heute gibt es Enthusiasten wie die nach den Triebwerken des Donnervogels benannte französische Gruppe Olympus 593, die die Erinnerung an den prestigeträchtigen Jet aufrecht halten. Viele Fans träumen zudem davon, eines Tages mal wieder eins der Museumsmodelle flugfähig zu bekommen. Denn einen Nachfolger sehen selbst Optimisten angesichts der geschätzten Entwicklungskosten in zweistelliger Milliardenhöhe so bald nicht in der Luft.

Weltweites Aufsehen löste vor zwei Jahren eins der spektakulärsten Konzepte für einen Überschall-Jet aus, das EADS beim Aéro Salon in Le Bourget vorstellte. Nicht nur im Mekka der internationalen Luftfahrt bejubelte die Fachpresse das ZEHST-Projekt (Zero Emission Hyper Sonic Transportation – Null-Emissions-Hyperschall-Transport).

Der Flieger soll mit einem Biosprit-betriebenen Turbojet bis auf fünf Kilometer Höhe starten, wo dann Raketentriebwerke minutenlang fauchen. Danach sollen sogenannte Staustrahltriebwerke den Antrieb übernehmen. Die nutzen die Strömungsgeschwindigkeit der Luft und funktionieren nur bei hoher Geschwindigkeit. Auch die US-Amerikaner experimentieren damit. Zur Landung gleitet der Jet dann wie ein Segelflugzeug herab, bevor die Turbojets wieder zünden. (anw)