Überwachung: New Yorker Polizei will mit Drohnen Privatpartys ausspionieren

Einwohner von New York City müssen sich darauf einstellen, dass etwa bei Grillpartys im Hinterhof-Garten Ordnungshüter mit einem fliegenden Auge zusehen.

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(Bild: sdecoret / Shutterstock.com)

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Die New Yorker Polizei hat angekündigt, rund um das verlängerte Wochenende zum Labour Day am Montag und weitere städtische Festakte erstmals Drohnen in den Himmel steigen zu lassen, um Feierlichkeiten im Freien wie Grillpartys zu überwachen. Sie will damit verhindern, dass solche privaten Festivitäten außer Kontrolle geraten. Wenn es Beschwerden über eine große Menschenmenge oder eine stark besuchte Party in einem Hinterhof gebe, werde man die vorhandenen technischen Möglichkeiten nutzen, um nach dem Rechten zu sehen, erklärte Vize-Polizeichef Kaz Daughtry auf einer Pressekonferenz am Donnerstag in New York City.

Die unbemannten Flugobjekte sollen Bilder an eine Kontrolleinheit im Polizeipräsidium der US-Metropole senden. Die Aufnahmen hälfen den leitenden Wachhabenden beim Ausloten, wie viele Beamte an einen Einsatzort geschickt werden müssten, erläuterten Behördenvertreter. Das New York Police Department (NYPD) gab die Maßnahme während einer Sicherheitsbesprechung zum J’Ouvert bekannt, einem jährlichen karibischen Fest zur Beendigung der Sklaverei. Dieses zieht traditionell Tausende Nachtschwärmer auf die Straßen von Brooklyn, denen eine starke Polizeipräsenz gegenübersteht.

Daughtry ließ laut der Nachrichtenagentur AP durchblicken, die Drohnen würden sowohl auf Notrufe als auch normale telefonische Hinweise entlang der Parade-Route und darüber hinaus reagieren. "Wir wollen, dass jeder ein Feiertagswochenende mit möglichst wenig Polizeimaßnahmen hat", betonte Patrouillenchef John Chell. Die fliegenden Augen könnten schlicht schneller auf Anrufe reagieren als ein Streifenwagen. Dies mache sich insbesondere bei Veranstaltungen mit großem Andrang bezahlt.

Das Vorhaben rief bei Bürgerrechtlern sogleich Kritik hervor. Sie halten es für fraglich, ob derartige Aktionen mit bestehenden Befugnissen zur Polizeiüberwachung vereinbar sind. "Der Einsatz von Drohnen auf diese Weise ist ein Science-Fiction-inspiriertes Szenario", warnte Daniel Schwarz, Datenschutz- und Technologiestratege bei der New York Civil Liberties Union. Die Initiative steht im Widerspruch zum Public Oversight of Surveillance Technology Act (POST), einem New Yorker Gesetz von 2020. Dieses verpflichtet das NYPD, seine Überwachungstaktiken offenzulegen und heimliches Ausspähen von Bürgern auf Ausnahmefälle zu beschränken.

In ihrer Richtlinie zu unbemannten Flugsystemen von 2021 schreibt die New Yorker Polizei, dass Drohnen ohne Durchsuchungsbefehl nicht in Bereichen eingesetzt würden, in denen eine "angemessene Erwartung an Privatsphäre besteht". Diese Maßgabe soll nur unter dringenden Umständen nicht gelten. Albert Fox Cahn, geschäftsführender Direktor des Surveillance Technology Oversight Projekt (STOP), zeigte sich besorgt über die Eile, neue Formen der Überwachung aus der Luft einzuführen. Dabei bleibe völlig offen, welche Schutzvorkehrungen bestünden, wenn "diese Kameras auf unsere Hinterhöfe oder sogar unsere Schlafzimmer gerichtet sind".

New Yorks Bürgermeister Eric Adams hat die Parole ausgegeben, dass die Polizei das "endlose" Potenzial von Drohnen weiter ausschöpfen solle. Der frühere Polizeihauptmann zeigte sich beeindruckt von einem Besuch in Israel und bezeichnete den dortigen Einsatz der Technologie durch Sicherheitsbehörden als Blaupause für US-Städte. Sein Büro verwies auf neue Richtlinien, die es privaten Drohnenbetreibern erleichtern, ihre Flugobjekte in New York fliegen zu lassen. Darin geht es aber nicht um Vorgaben für das NYPD.

Wie viele andere US-Gemeinden setzt auch New York bei der Strafverfolgung zunehmend auf Drohnen. Laut lokalen Statistiken hat die Polizei in diesem Jahr 124 Mal Drohnen für öffentliche Sicherheits- oder Notfallzwecke etwa nach dem Einsturz eines Parkhauses oder bei einer außer Kontrolle geratenen Social-Media-Party aufsteigen lassen, während es 2022 insgesamt erst vier solche Einsätze gab.

Aus einem aktuellen Bericht der American Civil Liberty Union (ACLU) geht hervor, dass derzeit rund 1400 Polizeibehörden in den Vereinigten Staaten Drohnen in irgendeiner Form nutzen. Gemäß den Bundesvorschriften dürfen sie im Allgemeinen nur innerhalb der Sichtlinie des Betreibers fliegen. Viele Behörden haben aber Ausnahmen beantragt. Die Bürgerrechtsorganisation warnt, dass der Einsatz von Drohnen durch Ordnungshüter zu "explodieren" drohe.

Hierzulande haben Polizeikräfte von Bund und Ländern ebenfalls bereits im großen Stil solche unbemannten Flugsysteme beschafft. Ein Stein des Anstoßes ist dabei neben allgemeinen Bedenken rund um die Privatsphäre, dass es sich oft um Drohnen des chinesischen Konzerns DJI handelt. Kritiker bemängeln, dass bei diesen ein Datenabfluss ins Reich der Mitte nicht immer auszuschließen sei.

(tiw)