Ukraine: IAEA-Experten entdecken Minen beim AKW Saporischschja

Am Rand des Geländes des von russischen Truppen besetzten ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja wurden Antipersonenminen entdeckt.

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Block 4 des Atomkraftwerks Saporischschja. Mit insgesamt 6 Reaktoren ist es das größte Atomkraftwerk Europas.

(Bild: Energoatom)

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Experten der Internationalen Atomenergiebehörde haben am Rand des Geländes des von russischen Truppen besetzten ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja Antipersonenminen entdeckt. Während einer Begehung am Sonntag hätten die Spezialisten einige Minen in einer Pufferzone zwischen der inneren und äußeren Absperrung der Anlage festgestellt, sagte IAEA-Direktor Rafael Grossi laut Mitteilung. Zu diesem Bereich habe das Betriebspersonal keinen Zugang. Im inneren Bereich des Geländes seien keine Minen festgestellt worden.

So beispielsweise während der Inspektion des Hauptkontrollraums von Block 6 und anderer dortiger Räume wie die Turbinenhalle. Dort habe das IAEA-Team keine Minen oder Sprengstoffe entdeckt. Am Samstagabend habe es Detonationen in einiger Entfernung des AKW gehört. Zudem verlor das AKW am Wochenende vorübergehend die Verbindung zur 750-kV-Hauptleitung und wurde in der Zeit über eine 330-kV-Leitung versorgt, die als Backup dient. Ursache sei ein Fehler in einer Schaltanlage in einiger Entfernung vom AKW gewesen, teilte die IAEA mit.

Russische Truppen hatten das AKW kurz nach Beginn des Angriffskriegs vor 17 Monaten besetzt. Mehrfach geriet die Anlage unter Beschuss, was die Sorge vor einer Atomkatastrophe steigerte, auch wenn sie heruntergefahren seien. Momentan werde Block 5 von einer heißen in eine Kaltabschaltung versetzt, damit dort Wartungsarbeiten durchgeführt werden können.

Derweil befinde sich Block 4 im Übergang von der Kalt- zur Warmabschaltung. Die ukrainische Betreibergesellschaft Energoatom protestiert dagegen, da es wegen der Sprengung des Kachwoka-Staudamms am 6. Juni die Versorgung mit Kühlwasser prekär sei. Russland verstoße mit dieser Entscheidung sowie der Nutzung des AKW als "Militärbasis" gegen alle internationalen Sicherheitsstandards.

Seit Monaten verdächtigen sich Moskau und Kiew gegenseitig, gezielt ein Unglück an der Nuklearanlage zu provozieren, entweder durch Beschuss oder durch Verminung. Anfang Juli spitzten sich die Vorwürfe zu. Es hieß, ein Anschlag stehe unmittelbar bevor. Inzwischen hat sich die Lage wieder etwas beruhigt.

Die IAEA, die eigene Beobachter auf dem Gelände des AKW hat, hatte auf dem Höhepunkt des Streits erklärt, keine Anzeichen für eine Verminung gesehen zu haben. Gleichzeitig berichteten die internationalen Atomexperten aber auch, dass die Anlage früher schon vermint worden war und sie nicht Zugang zu allen Bereichen des Kraftwerks hätten.

Seiner Behörde sei bekannt gewesen, dass Minen außerhalb des Geländes und auch an bestimmten Stellen innerhalb des Geländes platziert worden seien, sagte Grossi. Seinem Team sei gesagt worden, dass es sich um eine militärische Entscheidung handele, und zwar in einem vom Militär kontrollierten Gebiet. "Dass sich derartige Sprengstoffe auf dem Gelände befinden, widerspricht den IAEA-Sicherheitsstandards und den Leitlinien für die nukleare Sicherheit", sagte Grossi. Aufgrund ihrer eigenen Beobachtungen sei seine Behörde aber zu dem Schluss gekommen, dass die Detonation dieser Minen die nuklearen Sicherheits- und Sicherungssysteme der Anlage nicht beeinträchtigen dürfte.

Das Abkommen zum Verbot von Antipersonenminen wurde 1997 beschlossen, die Ukraine ist 1999 beigetreten und hat es 2005 ratifiziert. Russland ist dem Vertrag nicht beigetreten. Antipersonenminen explodieren, wenn sie berührt werden – etwa von Kindern, die sie aufheben wollen oder von Bauern, die ihr Feld bestellen. Sie sind oft nur so groß wie ein Handteller und können vom Boden oder aus der Luft mit Raketen über größere Gebiete verteilt werden.

(anw)