Umfrage: Jeder Zweite sieht Grundrechte durch Überwachung verletzt
Fast ein Jahr ist es her, dass erste Snowden-Enthüllungen den NSA-Skandal ins Rollen gebracht haben. Ein aktuelle Umfrage zeigt: Die Empörung der Menschen in Deutschland ist nach wie vor groß, ihr Verhalten haben aber nur wenige geändert.
Knapp ein Jahr nach Beginn des NSA-Skandals glaubt rund jeder Zweite in Deutschland, dass die Überwachung zu weit gegangen ist. In einer dimap-Umfrage befanden 48 Prozent, das Vorgehen der Geheimdienste verletze das Recht auf Privatsphäre und damit die Grundrechte. Zugleich betrachten 22 Prozent solche Maßnahmen als gerechtfertigt, "solange es der Sicherheit aller dient". Und 18 Prozent erklärten, die Überwachung habe keinen Einfluss auf ihr Leben und interessiere sie daher nicht.
Edward Snowden erreichte unterdessen mit seinen Enthüllungen große Bekanntheit in Deutschland: In der Umfrage konnten 80 Prozent der Menschen im Alter ab 16 Jahren den Informanten hinter dem NSA-Skandal als ehemaligen Geheimdienstler einordnen. Das Meinungsforschungsinstitut dimap befragte für die am Freitag veröffentlichte Studie im Auftrag des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI) von Ende April bis Anfang Mai 1007 Personen.
Mehr als jeder Zweite – 56 Prozent – geht davon aus, dass jeder von Geheimdiensten abgehört wird. Mit einem Anteil von 60 Prozent fanden besonders viele 16- bis 24-Jährige die Grundrechte durch die
Überwachung verletzt. In der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen waren es hingegen nur 41 Prozent – ebenso wie bei den Befragten im Alter über 65 Jahren.
44 Prozent haben nichts zu verbergen
Nur knapp jeder Vierte gab an, dass er sein Telefonier - und Internet-Verhalten nach den Snowden-Enthüllungen geändert habe. Zugleich behaupteten 30 Prozent, sie seien schon immer sehr vorsichtig gewesen. Und 44 Prozent erklärten, es interessiere sie nicht, dass ihre Telefongespräche und E-Mails überwacht würden. Sie hätten nichts zu verbergen.
"Es ist hochspannend, dass den Menschen in Deutschland schon bewusst ist, dass Überwachung jeden treffen kann, sie es aber persönlich nicht so wichtig nehmen und der eigenen Bequemlichkeit in Abwägung den Vorzug geben», kommentierte DIVSI-Direktor Matthias Kammer die Ergebnisse. Dies zeige, dass die Verantwortlichen in Politik und Wirtschaft noch viel zu tun hätten, um die Menschen für einen vorsichtigen Umgang mit den eigenen Daten zu sensibilisieren. (axk)