Umweltministerin: Corona-Konjunkturpakete müssen grün und digital sein

Zusammen mit der Pandemie muss auch die Klimakrise bekämpft werden, betonte Umweltministerin Svenja Schulze auf der re:publica im digitalen Exil.

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Umweltministerin: Corona-Konjunkturpakete müssen grün und digital sein

So stellt sich die re:publica im digitalen Exil dar: Links oben Dirk Messner, links unten Svenja Schulze, rechts Constanze Kurz.

(Bild: re:publica)

Lesezeit: 3 Min.

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat sich am Donnerstag dagegen ausgesprochen, mit der beginnenden "neuen Normalität" im Umgang mit dem Coronavirus das Rad beim Klimaschutz zurückzudrehen. Auch dank der Digitalisierung habe sich in der Gesellschaft bereits etwas verändert, sagte Schulze während einer Diskussion im Rahmen der Online-Ausgabe der Internetkonferenz re:publica. Auf einmal sei es machbar, eine Videoschaltung statt einem Treffen vor Ort "morgens zwischendurch" reinzuschieben. Diese Erfahrung machten momentan viele Menschen und dürften sich so auch künftig fragen, wieso sie für ein Meeting "zehn Stunden durch die Gegend fahren" sollten.

Die Sozialdemokratin hatte vor einem Jahr auf der re:publica Eckpunkte ihrer umweltpolitischen Digitalagenda geschildert und das fertige Werk im März präsentiert. Smartphones, Streaming, Online-Shopping und Rechenzentren sollen damit grüner werden, digitale Technik ihren wachsenden ökologischen Fußabdruck reduzieren. Constanze Kurz vom Chaos Computer Club (CCC) konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es sich dabei um einen "Wunschzettel ohne zeitlichen Druck" handle, der in der Corona-Krise nun vollends unter die Räder komme.

Schulze versicherte dagegen, es gebe international Mehrheiten dafür, gleichzeitig mit der Pandemie auch die Klimakrise zu bekämpfen, national gebe es das Klimaschutzgesetz. Darin habe die Politik verbindlich festgelegt, "wie viel CO2 jeder Sektor haben darf". Dies erzeuge einen "enormen Druck", den ihr Ministerium nutzen könne, um auch bei der umweltfreundlichen Digitalisierung "etwas nach vorne zu bringen" und auch breiter die Potenziale von Technik wie Künstlicher Intelligenz (KI) für den Klimaschutz zu nutzen.

Nicht nur der jüngste Autogipfel und die Debatte über eine neue Abwrackprämie zeigen für Kurz aber, dass viele Kräfte keinen ökologischen Umbau der Gesellschaft mittragen. Es gelte daher, auch das Bundeskanzleramt und die Ministerien für Wirtschaft und Verkehr mit ins Boot zu holen sowie die "Stell- und Daumenschrauben" politisch zu setzen. Social-Media-Akteure müssten ebenfalls Dampf machen, die Aktivisten von Fridays for Future ihre Demos zunächst online fortsetzen.

"Die Covid-Krise ist eine Zäsur", gab sich der Präsident des Umweltbundesamts, Dirk Messner, vorsichtig optimistisch. Sie schaffe einen neuen Kontext für die Nachhaltigkeitstransformation. Es sei aber nötig, "grüne Konjunkturprogramme" aufzulegen, die milliardenschweren Stimuli für die Wirtschaft also mit ökologischen Auflagen zu versehen und nicht "die Vergangenheit zu zementieren".

International unterstützten die Weltbank, die OECD und diverse Währungsfonds "stark die Idee einer grünen Erholung der Wirtschaft", berichtete Messner. Hierzulande hätten gerade 60 Unternehmen inklusive "energieintensiver" Konzerne wie Krupp über eine Wirtschaftsstiftung mehr Klimaschutz von der Regierung eingefordert. Sorgen bereite ihm aber die die globale Entwicklungsfinanzierung, da gerade in Afrika während der Pandemie die Mittel einbrächen und es dort ums Überleben gehe.

Das BMU selbst hat laut Messner einen Innovationsfonds aufgelegt, um etwa Klimaverträglichkeit mit KI zu verbinden. In solchen Bereichen müsse auch das Bundesforschungsministerium mehr Mittel bereitstellen, da derzeit von den rund 35.000 jährlich erscheinenden Aufsätzen in der Nachhaltigkeitsforschung "unter 25 einen direkten Schnitt zur Digitalisierung und KI haben". Schulze kritisierte, dass viele Daten in den verschiedensten Formaten und Systemen vorlägen und so "nicht wirklich nutzbar" seien. Um neue Erkenntnisgewinne daraus zu ziehen, müssten sie stärker gepoolt und verbunden werden. (anw)