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Unternehmen fürchten um Vorsprung bei RFID-Technik

Auf dem von der EU auf der CeBIT veranstalteten Forum zur Funktechnik warnten Wirtschaftsvertreter, Deutschland könne bei RFID ins Hintertreffen geraten.

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Von
  • Monika Ermert

In Unternehmen treibt die Angst um, die deutsche Wirtschaft könne nach einiger Entwicklungsarbeit den Anschluss bei der Implementierung und der wirtschaftlichen Verwertung der RFID-Technik verpassen. In einer von der EU veranstalteten Debatte zur "Revolution des RFID" am ersten Messetag der CeBIT warnten sie, wie bei MP3 nach gutem Start die wirtschaftliche Verwertung anderen zu überlassen. Andere Diskussionsteilnehmer machten Vorschläge dazu, wie den Bürgerbedenken gegenüber der Technik begegnet werden könnte.

"Das ist ein Quantensprung in der Technologie, und es gibt keine Möglichkeit, das aufzuhalten", sagte Zygmunt Mierdorf, Vorstandsmitglied vom Vorreiter Metro Group. In zehn Jahren könne man dem sehr nahe sein, was heute als "Internet der Dinge" bezeichnet wird. Mierdorf forderte die Regulierer zur Unterstützung der Industrie auf. Sein Konzern beziffert die durch den Einsatz der Funktechnolgie im Lieferverkehr mit rund 40 Unternehmen an 22 Standorten erzielbaren Einsparpotentiale auf 8,5 Millionen Euro.

SAP-Vorstandsmitglied Claus Heinrich verglich den Einsatz von RFID mit dem des Autopiloten im Flugzeug. Auch dabei vertraue man sich anders als früher der Maschine an. Bestätigt fühlen sich die Wirtschaftsvertreter durch die Kanzlerin, die bei ihrem Messerundgang den Einkaufswagen durch den Metro Future Store schob. "Wir waren begeistert, wie oft Frau Merkel bei der Eröffnungsrede auf das Thema RFID einging", schilderte Heinz Paul Bonn, Vizepräsident des Bitkom.

Der ehemalige australische Datenschützer Malcom Crompton riet den Unternehmen, es müssten angesichts von Bürgerbedenken mögliche Gegenmaßnahmen für Krisen entwickelt werden, um zu demonstrieren, dass man vorbereitet sei. Im Übrigen sei die Datenschutzerklärung von EPCGlobal (elektronischer Produktcode) ausbaufähig. Vertrauen beim Bürger könne geschaffen werden, wenn er durch ein eigenhändiges Zerstören der Chips sicher sein könne, dass er selbst die Kontrolle behalte. Eine Vertreterin von IBM wies in der Diskussion darauf hin, dass das Unternehmen bereits ein System entwickelt habe, bei dem Chip und Antenne leicht zu trennen seien.

Google-Manager und ICANN-Chef Vint Cerf riet, die Technologie nicht nur in die Hand von Unternehmen zu geben. Auch private Nutzer könnten experimentieren und dabei nach dem für sie besten Nutzen der Technologie suchen. Beim Internet habe sich das durch eine Welle der Kreativität ausgezahlt. Nutzer könnten etwa ihre eigenen Verzeichnisse von Dingen erstellen und sie zum Beispiel über eine .rfid-Adresszone selbst verwalten. Pläne für einen "Gtag" von Google gebe es natürlich noch nicht, versicherte er auf Frage eines Zuhörers.

EU-Kommissarin Vivianne Reding, die während des Panels auch einen breiten EU-Konsulationsprozess ankündigte, will mit ihren Empfehlungen für mögliche EU-weite Regelungen auf beide Seiten antworten. Welche Erkenntnisse Redings Ratsuche noch abwirft, wird sich spätestens im dritten Quartal 2006 zeigen. Dann will die Politikerin einen Abschlussbericht herausgeben, der die Diskussion auf eine breitere Basis stellen soll. Immerhin ließ Reding Offenheit gegenüber allen vorgebrachten Standpunkten erkennen. Sie wollte nichts davon wissen, dass die Einflussmöglichkeiten der EU irgendwann einmal durch inzwischen geschaffene Fakten begrenzt werden könnten. (Monika Ermert) / (anw)