Erstes Urteil: Verbot von TikTok in den USA?
Ein Bundesgericht hat die Klage von TikTok gegen das drohende Verbot der Video-Plattform in den USA abgewiesen. Der Betreiber will vor den Supreme Court ziehen.
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(Bild: Camilo Concha/Shutterstock.com)
Juristische Schlappe für TikTok in den USA. Dem Betreiber der Plattform für Kurzvideos ist es vorerst nicht gelungen, ein US-Gesetz zu Fall zu bringen, das praktisch ein Verbot des Dienstes in den Vereinigten Staaten von Mitte Januar an vorsieht. Das für den Regierungsbezirk Washington zuständige Berufungsgericht folgte mit dem einstimmig ergangenen Urteil der Argumentation des US-Justizministeriums, das in dem Unternehmen eine Gefahr für die nationale Sicherheit sieht. Hinter TikTok steht der chinesische Konzern ByteDance. Politiker der beiden großen US-Parteien befürchteten, chinesische Behörden könnten sich in großem Stil Zugriff auf Nutzerdaten aus den USA verschaffen und die vor allem bei Jugendlichen populäre Anwendung für politische Einflussnahme missbrauchen.
TikTok wollte gerichtlich eine einstweilige Verfügung gegen das Inkrafttreten des Gesetzes erreichen. Seine Anwälte führten ins Feld, die US-Regierung habe nicht nachgewiesen, dass TikTok ein nationales Sicherheitsrisiko darstelle. Auch verstoße die Gesetzesinitiative gegen die US-Verfassung. Der nach den Maßgaben des Gesetzes bereits in erster Instanz zuständige Appeals Court für den District of Columbia (D.C.) sah aber keinen Verstoß gegen den Ersten Verfassungszusatz, der die Meinungsfreiheit garantiert. Das Gesetz verletze ebenfalls nicht das im Fünften Zusatzartikel garantierte Gebot der Gleichbehandlung. US-Bürger könnten trotz des Verbots prinzipiell weiterhin „so viel Propaganda der Volksrepublik China (oder andere Inhalte) lesen und teilen, wie sie möchten“, erklärten die Richter. Das Gesetz wende sich zurecht gegen die Fähigkeit der Konkurrenzmacht, Content „heimlich zu manipulieren“.
Trumps Zickzack-Kurs
TikTok will gegen das Urteil Einspruch erheben, was ein Fall fürs Oberste US-Gericht wäre. Man gehe davon aus, dass der Supreme Court den Beschluss revidieren und das Recht auf freie Meinungsäußerung für die 170 Millionen TikTok-Nutzer in den USA schützen werde, teilte ein Sprecher mit. Das Gesetz sei auf Basis „ungenauer, fehlerhafter und hypothetischer Informationen konzipiert und durchgesetzt, was zu einer regelrechten Zensur des amerikanischen Volkes“ führen würde. US-Bürgerrechtsorganisationen wie die ACLU oder das Center for Democracy & Technology (CDT) zeigten sich ebenfalls besorgt, dass ein Verbot in eklatanter Weise die Rechte von Millionen US-Bürgern verletzen würde. Auch sie bauen darauf, dass die nächste Stufe der Überprüfung dieses Unrecht korrigieren werde.
US-Justizminister Merrick Garland sprach dagegen von einem wichtigen Schritt, um die chinesische Regierung daran zu hindern, „TikTok als Waffe einzusetzen“. Dem Gesetz nach muss ByteDance bis zum 19. Januar – ein Tag vor dem Ende der Amtszeit des aktuellen US-Präsidenten Joseph Biden – TikToks US-Vermögenswerte verkaufen. Andernfalls soll die Anwendung aus den App-Stores verbannt und damit effektiv untersagt werden. ByteDance betrachtet die geforderte Veräußerung als technisch, wirtschaftlich und rechtlich nicht machbar. So hat die chinesische Regierung etwa den Export des Empfehlungsalgorithmus als TikToks Kronjuwel bereits verboten. Donald Trump versuchte 2020 während seiner ersten Amtszeit vergeblich, TikTok zu untersagen. Inzwischen hat er seine Meinung anscheinend geändert: Zuletzt erklärte der frühere und künftige US-Präsident, dass er ein Verbot des Dienstes nicht zulassen würde. Berichten zufolge soll sich Trump-Berater und X-Eigentümer Elon Musk für TikTok starkmachen.
(agr)