VMware will "cloud smart" werden, Broadcom-Übernahme sorgt für Unsicherheit

VMware unterstrich auf der Hausmesse Explore 2022 die neue Cloud-Ausrichtung. Kundensorgen wegen der Übernahme durch Broadcom versuchte man zu lindern.

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(Bild: VMware Global Communications)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Dr. Guido-Arndt Söldner
  • Prof. Jens-Henrik Söldner
  • Dr. Carsten-Constantin Söldner
Inhaltsverzeichnis

VMware nutzt seine Hausmesse Explore, um dem europäischen Publikum in Barcelona einen Reigen von inkrementellen Innovationen und Detailverbesserungen in seinen Produkten vorzustellen. Vor allem ein Vortrag von VMwares CTO Kit Colbert führte die Zuschauer durch die Neuerungen und Ankündigungen. Diese waren breit gefächert, schließlich hat sich das Unternehmen in den vergangenen zwei Jahrzehnten von einem Virtualisierungsspezialisten zu einem Allround-Anbieter entwickelt.

Allerdings war durch die geplante Übernahme von VMware durch Broadcom eine Unsicherheit unter den Kunden und Partnern zu verspüren. Dazu schreibt der Hersteller: "Broadcom und VMware versprechen, nach dem Abschluss der Transaktionen den gemeinsamen Kunden mehr Auswahl und Flexibilität zu bieten, um Anwendungen konsistent zu modernisieren, zu entwickeln, bereitzustellen, zu verbinden und zu schützen" – und zwar unabhängig davon, wo sie ausgeführt werden: vom Rechenzentrum über eine beliebige Cloud bis hin zum Edge. Dieses Ziel sei auch einer der Gründe für den Kauf von Broadcom gewesen.

Das ursprüngliche Kernprodukt des Unternehmens, vSphere, ist nun offiziell in Version 8 verfügbar. Auch der hyperkonvergente Speicherdienst vSAN ist in Version 8 angekommen. Die zentrale technische Neuerung in vSphere 8 ist die Auslagerung wichtiger Funktionen des Hypervisors von der eigentlichen CPU auf Data Processing Units (DPUs). VMware hat hierfür Partner versammelt, die die passende Hardware liefern.

Im Gespräch mit iX betonte unter anderem Brian Connors, VP & GM für Software und Business Development bei Lenovo: "Dank der technischen Neuerungen ermöglicht vSphere 8 den Lenovo TruScale-Kunden ihr Rechenzentrum in Richtung einer Architektur weiterzuentwickeln, bei der Infrastrukturdienste auf DPUs ausgelagert werden. Kunden profitieren von verbessertem Durchsatz, kürzeren Latenzen und verbesserter Sicherheit für moderne Applikationen." NVIDIA ist ebenfalls ein Partner bei der wesentlichen Architekturänderung von VMware.

Manuvir Das, Chef der Enterprise Computing Abteilung bei NVIDIA, versprach gegenüber iX: "vSphere 8 in Kombination mit NVIDIAs BlueField DPUs verbessert die Sicherheit der Infrastruktur dramatisch und verbessert die Auslastung der Systeme, indem Basisdienste auf die DPUs ausgelagert werden."

Eng integriert mit der vSphere-Plattform sind die Produkte aus dem Tanzu-Portfolio. Mit diesen möchte der Hersteller Unternehmen adressieren, die den Softwareentwicklungsprozess weiter industrialisieren möchten. Zum häufig auf der Explore hervorgehobenen Thema "Developer Experience" sagte Björn Brundert, Principal Technologist bei VMware, im Gespräch mit iX: "VMware bringt die gesammelten Erfahrungen aus dem Cloud-Foundry-basierten Platform-as-a-Service, dem Kubernetes, aber auch dem Spring-Ökosystem in der Tanzu Application Platform zusammen. Das Ziel ist eine konsistente Developer Experience über Kubernetes-Plattformen und Clouds hinweg, die die wesentlichen Open-Source-Projekte in diesem Bereich modular zusammenbringt."

Das bereits im September 2022 angekündigte "Tanzu for Kubernetes Operations" (TKO) ist dabei von besonderem Interesse für Plattform-Teams. In der nun vorgestellten neuen Version ist es auch möglich, Kubernetes Infrastrukturen anderer Hersteller, unter anderem auf Basis von Red Hats OpenShift, zentral über TKO zu steuern. Auf strategischer Ebene möchte VMware seinen Kunden mit diesen Produkten einen "Cloud Smart" getauften Ansatz anbieten, um die Entwicklung und den Betrieb cloud-nativer Anwendungen kostengünstiger und einfacher zu betreiben.

Diese Schritte sind offenbar als Versuch von VMware zu verstehen, sich vom Image als klassischer Rechenzentrumsanbieter zu befreien, und sich als wichtige Hersteller im Cloud-Segment zu positionieren. Wohl auch deshalb holte VMware in der Keynote dann Kelsey Hightower von Google Cloud, einen der prominentesten Vertreter des Cloud-Smart-Ansatzes, mit auf die Bühne. Es gilt aber noch zu beweisen, ob das Unternehmen in der Multi-Cloud-Welt einen echten Mehrwert für seine Kunden bieten kann.

VMware holte Googles Community-Star Kelsey Hightower auf die Bühne, um die Cloud-Smart-Strategie zu unterstreichen.

(Bild: Jens Söldner)

Weitere Neuerungen betrafen die SD-WAN und SASE (Secure Access Service Edge) Produkte, mit denen VMware die Vernetzung von Standorten vereinfachen und Kunden, die von teuren MPLS-Leitungen weglocken möchte. Um sein SD-WAN-Client-Angebot zu erweitern, hat VMware am 31. Oktober Ananda Networks aufgekauft. VMware beabsichtigt, das Produkt von Ananda Networks in die SD-WAN-Kernplattform als Client zu integrieren. Ein Datum für die Einführung und Integration des Ananda Client ist noch nicht bekannt.

Im Bereich Multi-Cloud stellte das Unternehmen Neuerungen im Aria-Portfolio vor, VMwares erweitertem Cloud-Management-Angebot. Unter anderem wurde VMware Aria Hub Free Tier angekündigt, das Kunden die neue Graph-basierte Lösung näherbringen soll und den Einsatz in eigenen Umgebungen ermöglicht.

Die Netzwerkvirtualisierungsplattform VMware NSX und die dazugehörigen Produkte erweitert und verbesserte VMware ebenfalls. Auf der Veranstaltung präsentierte man HCX+ sowie das Project Northstar. Mit HCX+ können Kunden virtuelle Maschinen nahtlos zwischen Umgebungen verschieben.

Gerd Pflüger, Systems Engineer für Network- und Security-Virtualization bei VMware, betonte im Gespräch mit iX: "Im Übergang zur Multi-Cloud müssen Unternehmen die Art und Weise neu bewerten, wie sie Anwendungen und Workloads, die über private und öffentliche Cloud-Umgebungen verteilt sind, verbinden, sichern und verwalten". Herkömmliche Netzwerkarchitekturen und -tools hätten mit der Cloud-Transformation der Unternehmen nicht Schritt gehalten. "Das macht die Sache sehr komplex und führt zu Herausforderungen im tagtäglichen Betrieb bei der Verwaltung von Multi-Cloud-Infrastrukturen. Mit Project Northstar möchte VMware den Kunden helfen, die Netzwerk- und Sicherheitsdienste in ihren Clouds intelligenter zu verwalten."

Project Northstar wird in mehreren Phasen, beginnend mit einer Tech-Preview und einer Beta, und regionalen Verfügbarkeiten im nächsten Jahr ausgerollt. Kunden können sich bereits jetzt als Design-Partner oder Beta-User bewerben.

Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause hat VMware seine Hausmesse mit neuem Namen VMware Explore erneut durchgeführt. Über 9000 Kunden und Partner folgten dem Ruf des Herstellers und seiner Ökosystempartner ins spanische Barcelona – jegliches Pandemiegefühl war gebannt auf der Veranstaltung, die Atmosphäre war wie vor der Pandemie.

(jvo)