Verbraucherschützer: Handel ignoriert oft Altersbeschränkungen bei "Killerspielen"

Theoretisch sei ja alles geregelt beim Zugang Jugendlicher zu brutalen Computerspielen, die Praxis sehe allerdings anders aus, beklagen Verbraucherschützer.

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Von
  • Jürgen Kuri

Theoretisch sei ja alles geregelt beim Zugang Jugendlicher zu brutalen Computerspielen, die Praxis sehe allerdings anders aus, beklagen Verbraucherschützer. Eigentlich sollten Alterskennzeichnungen der Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) Schutz davor bieten, dass Computerspiele in die falschen Hände geraten, Jugendliche können aber nach Angaben der Verbraucherzentrale in Nordrhein-Westfalen oft ohne Probleme so genannte Killerspiele kaufen.

Eine Stichprobe habe ergeben, das minderjährige Testpersonen in jedem zweiten Fall Computerspiele erwerben konnten, die Altersbeschränkungen unterliegen, erklärte die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Die Verbraucherschützer hatten nach eigenen Angaben einen 14-jährigen Jungen und ein 16-jähriges Mädchen in 15 Geschäfte in Köln und im Rhein-Sieg-Kreis geschickt. Als Beispiel für brutale Spiele beziehungsweise Killerspiele in dem Test wählte die Verbraucherzentrale vier Spiele aus: Die beiden Testkäufer sollten in allen Geschäften jeweils die Playstation-Software "Canis Canem Edit" oder "Splinter Cell" (USK Freigabe ab 16) sowie "Mortal Combat" oder "Scarface" (USK Freigabe ab 18) zu kaufen versuchen.

Die 16-Jährige habe in neun Fällen ein Spiel erhalten, das laut Alterskennzeichnung erst ab 18 Jahren freigegeben ist. In einem Warenhaus hätten die Verkäufer dem Mädchen sogar bereitwillig eine Glasvitrine geöffnet, in der die Spiele aus Jugendschutzgründen eingeschlossen seien. Der 14-Jährige bekam in drei Geschäften ein Spiel mit der Altersfreigabe 18. In einem Kaufhaus habe ein aufmerksamer Kunde den Kauf vereitelt, indem er der Kassiererin mit einer Anzeige drohte. Viermal konnte der Junge ein ab 16 Jahren erlaubtes Spiel erwerben. Die Verbraucherschützer hoben zwei Filialen einer PC-Spiele-Kette lobend hervor: Nicht nur hätten die Geschäfte den Test bestanden, sondern ein zusätzlicher firmeneigener Hinweis auf jeder Packung lasse bereits darauf schließen, dass die Kette den Jugendschutz ernst nehme: Neben den mit etwa einem Quadratzentimeter meist sehr klein geratenen USK-Angaben wiesen große Aufkleber sowohl Verkäufer als auch Kunden auf die jeweilige Altersfreigabe hin.

Nach Angaben der Verbraucherzentrale kann ein Händler mit bis zu 50.000 Euro Strafe belegt werden, wenn er Jugendlichen ein erst ab 18 Jahren zugelassenes Spiel verkauft. In der aktuellen Diskussion um die Auswirkungen so genannter "Killerspiele" und mögliche Gesetzesverschärfungen für einen besseren Jugendschutz hatte die bayerische Landesregierung einen Gesetzesentwurf eingebracht, der in einem neuen Paragraphen § 131a StGB ein Herstellungs-, Verbreitungs-, Veröffentlichungs- und Erwerbsverbot für "virtuelle Killerspiele" vorsieht; das Vorhaben der Bayern wurde im Bundesrat aber auf die lange Bank geschoben. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen will zwar auch Kinder und Jugendliche besser vor Killerspielen schützen, dafür aber nicht den Weg über das Strafgesetzbuch gehen. Sie möchte die Kriterien im Jugendschutzgesetz für die Beurteilung von Gewaltszenen bei Computerspielen verschärfen.

Derzeit ist der Jugendschutz im Internet, der etwa Gewaltverherrlichung unterbinden soll, im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag von 2003 geregelt. Bereits nach dem Amoklauf an einem Gymnasium in Erfurt 2002 hatte es heftige Diskussionen über die Gefährdung von Jugendlichen und Kindern etwa durch Computerspiele und Internetseiten gegeben. Damals hatte dies mit dazu geführt, das Jugendmedienschutzrecht zu verschärfen: Am 1. April 2003 traten die aktuellen Bestimmungen zum Jugendmedienschutz (Jugendschutzgesetz,   JuSCHG, und Jugendmedienschutzstaatsvertrag,   JMStV) in Kraft. Nach dem Jugendschutzgesetz des Bundes müssen auch Computerspiele wie zuvor Kino- und Videofilme mit einer Altersfreigabe gekennzeichnet sein. Alle neuen Medien, auch Internetseiten, können zudem auf den Index gesetzt werden und Sperrungsverfügungen unterliegen. Erweitert und verschärft wurden außerdem die Verbote für schwer jugendgefährdende Medien. Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder verpflichtet Anbieter von "Telemedien" unter anderem, Jugendschutzbeauftragte zu bestellen oder sich an eine Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle anzuschließen und lizenzierte Filterprogramme einzusetzen, um Kindern und Jugendlichen den Zugang zu pornografischen, aber auch allgemein "entwicklungsbeeinträchtigenden" Inhalten zu verwehren. Der Staat überwacht mit Hilfe der Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) die Einhaltung der Regeln.

Siehe dazu auch den Online-Artikel in c't-Hintergrund zur bisherigen Berichterstattung über die Diskussion um das Jugendmedienschutzrecht, Gewaltspiele, Verbotsforderungen und Beschränkungen für Jugendliche bei Spielen:

(jk)