Verfassungsbeschwerde gegen BGH-Urteil zur Alterskontrolle bei Online-Pornos
Der Geschäftsführer einer Firma, die ein Alterskontrollsystem anbietet, hat das Bundesverfassungsgericht aufgrund des restriktiven Urteils des Bundesgerichtshof zu technischen Zugangsschranken vor Sex-Angeboten angerufen.
Das Bundesverfassungsgericht wird sich mit einer Beschwerde zur Altersprüfung bei Porno-Angeboten im Netz befassen. Tobias Huch, Geschäftsführer der Mainzer Firma Resisto IT, hat das höchste deutsche Gericht aufgrund des restriktiven Urteils des Bundesgerichtshof (BGH) zu Altersschranken von Porno-Websites angerufen. Der im Geschäft mit der Lust aktive Unternehmer sieht sich durch die BGH-Entscheidung in seinen Grundrechten zur freien Meinungsäußerung und Berufsausübung verletzt. Huch ist der Ansicht, dass die strenge Auslegung der Jugendschutzbestimmungen durch den BGH mit den Grundrechten eines Anbieters von Jugendschutz-Software unvereinbar sei.
Der BGH hatte es Resisto IT im Oktober verboten, das Alterskontrollsystem ueber18.de in den Versionen 1 und 2 weiter zu vertreiben. Bei dem Verfahren, das den Zugriff Minderjähriger auf für sie nicht geeignete Webseiten verhindern soll, wurde die Zusammengehörigkeit von Ausweisnummer und Ausstellungsort des Dokuments überprüft. Dies werde den hohen Anforderungen im Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV) nicht gerecht, entschied der BGH. Damit bestätigte die höhere Instanz ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf und beendete vorläufig einen langen Streit mit der Coolspot AG, die mit X-Check auf das aufwendige Post-Ident-Verfahren setzt.
Laut der heise online vorliegenden Urteilsbegründung fordert der Bundesgerichtshof für das Internet prinzipiell gleiche Formen des Jugendschutzes wie etwa beim Rundfunk. Es gäbe keinen Grund anzunehmen, heißt es in dem 23-seitigen Papier, "dass für Telemedien geringere Anforderungen an die Verhinderung des Zugänglichmachens" pornografischer Angebote zu stellen seien, als sie für das Fernsehen bestehen.
Für den Medienrechtler Daniel Kötz zeigt der BGH damit, "dass er die Rechtsnatur des Internet nicht verstanden hat". Man könne einen Dienst, der viel eher mit dem Telefonnetz zu vergleichen sei und individuell Inhalte liefere, nicht mit dem "ungefragt" ausstrahlenden Massenmedium TV gleichstellen. Zudem müsse von einer Einschränkung der Abrufmöglichkeiten hierzulande gesprochen werden, schreibt der Anwalt im Fachblatt Web-E-Line, wenn entsprechende Dienste aus dem Ausland exakt gleich leicht zu empfangen seien.
Der BGH hat in seinem Urteil dagegen versucht, einer Verfassungsbeschwerde vorzubauen. Der damit verbundene Eingriff in die Informationsfreiheit sei aus Gründen des Jugendschutzes gerechtfertigt. Die Annahme, dass pornografische Medien jugendgefährdende Wirkungen haben können, liege im Bereich des Einschätzungsprivilegs des Gesetzgebers. Die Erfordernis einer verlässlichen Alterskontrolle sei ferner geeignet, das gesetzgeberische Ziel zu fördern, einen Zugriff von Kindern und Jugendlichen auf pornografische Ziele zu verhindern.
Resisto-Geschäftsführer Huch ist in Karlsruhe kein Unbekannter. Er legte vor drei Jahren Verfassungsbeschwerde gegen den seinerzeit neu geschaffenen Paragrafen 184c des Strafgesetzbuches (StGB) ein, über welche die Hüter des Grundgesetzes aber bislang nicht entschieden haben. Die Bestimmung untersagt die Verbreitung von Pornografie in Telemedien ohne Alterskontrolle. Bei der nun eingereichten Beschwerde geht es gemäß Huch im Grundsatz um die gleiche Problematik. Der streittüchtige Unternehmen schätzt seine Erfolgsaussichten hoch ein, zumal namhafte juristische Experten und Medienwissenschaftler seine Position teilen würden. Die deutsche "Insellösung" beim Jugendschutz sei rechtlich kaum haltbar und praktisch untragbar. (Stefan Krempl) / (vbr)