VeriSign vs. ICANN: Juristische Klagen als Business-Tool

So richtig rosig werden die Aussichten für VeriSigns Klage gegen ICANN in Sachen Sitefinder und Waiting List Service (WLS) nicht beurteilt.

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  • Monika Ermert

So richtig rosig werden die Aussichten für VeriSigns Klage gegen ICANN in Sachen Sitefinder und Waiting List Service (WLS) nicht beurteilt. Vertreter der konkurrierenden Registries Afilias und Neulevel äußerten am Rande des ICANN-Treffens in Rom, dass aus ihrer Sicht die umstrittenen Dienstleistungen eindeutig Registry-Services sind. Genau das -- und daher die Zuständigkeit von ICANN -- bestreitet der Ex-Domainmonopolist und .com/.net-Registry-Betreiber. Während die Klage das Gesprächsthema Nummer eins in den Gängen ist, versuchen ICANNs Gremien, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem künftig neue Angebote der als Monopole arbeitenden Registrys eingeführt werden können.

Jeff Neuman, Direktor für Rechtsfragen, stellte heute der für Domainfragen zuständigen GNSO (Generic Names Supporting Organization) ein kompliziertes Modell zur Einführung von Services vor. Eine Umstellung beispielsweise von IBM- auf Sun-Server soll danach allein in der Verantwortung der Registrybetreiber liegen. Nicht kontroverse, einfache Dienste sollen in einem schnellen ICANN-internen Verfahren abgeklärt und innerhalb von knapp zwei Monaten startklar gemacht werden. Nur dann, wenn durch das neue Angebot Veränderungen für Registrare, Provider und Kunden zu erwarten sind, soll die Expertengruppe der Registry ein Konsultationsverfahren auferlegen.

"Weil die Registry ein Interesse daran hat, den Service einzuführen, wird sie sehr viel schneller arbeiten, als ICANNs Gremien das bisher getan haben", schätzt der Jurist. Die standardmäßige Einbeziehung der gesamten ICANN-Öffentlichkeit aber sei aus der Perspektive der Unternehmen einfach nicht tragbar, weil sie "keine vorhersagbaren Ergebnisse produziert". Für nichts anderes als Klarheit bei der Aufsichtsrolle von ICANN wolle auch VeriSign mit seiner Klage sorgen, sagte brav VeriSign-Vizepräsident Chuck Gomes. "Wir brauchen Klarheit, und zwar alle, auch ICANN", so Gomes.

"Wenn es etwas Gutes an dieser Klage gibt, dann, dass ICANNs Rolle geklärt wird," sagt Schlund-Vorstandsmitglied Eric Schätzlein, der auch im Aufsichtsrat von Afilias sitzt. Andere Registries sitzen zumindest teilweise im selben Boot wie der ungeliebte "alte" Konkurrent. Einen WLS-Dienst findet Schätzlein etwa technisch durchaus sinnvoll. "Wenn ich eines einführen dürfte, wäre es allerdings kostenlos. Die Registry verdient an den Registrierungen", so Schätzlein. VeriSign will 24 US-Dollar berechnen. In der aufgeheizten aktuellen Situation sei man allerdings weit entfernt von Plänen für neue Services, so Schätzlein. Er und Neuman sind sich übrigens mit Blick auf VeriSign einig: "VeriSigns neue Angebote sind Registry-Services."

ICANNs Präsident Paul Twomey geizte mit Kommentaren zu VeriSigns Klage und der Klage von acht Registraren, die ihrerseits gegen die Einführung des WLS klagen. "Ich bin natürlich enttäuscht darüber, dass wir als jemand, der für Kooperation und Kommunikation zuständig ist, das Problem vor Gericht lösen müssen." Juristische Klagen seien allerdings im kommerziellen Domaingeschäft mehr und mehr ein "Business-Tool". ICANN habe im vergangenen Jahr bereits einige Klagen hinter sich gebracht und sei sicherlich besser gerüstet für solche juristischen Kämpfe als eine internationale Regierungsorganisation, die derzeit als Alternativmodell für das globale Netzmanagement diskutiert wird. Das Tagesgeschäft gehe im übrigen unbeeindruckt von den ausstehenden Klagen weiter. Die Vorstands-Entscheidung über den WLS stehe so etwa nach wie vor auf der Agenda.

Doch auf die leichte Schulter nehmen könne die Organisation die Situation nicht. Zum einen gelte es, so mahnte Registrar-Vertreter Bruce Tongkin, dringend, statt der Symptome die Ursachen zu bekämpfen, damit man juristische Auseinandersetzungen verhindern könne. Zum anderen bedeuten die anstehenden Prozesse eine enorme finanzielle Belastung. Ob die ICANN-Gemeinde für den Rechtsstreit mit VeriSign tiefer in die Tasche greifen muss, wird Twomey bei der Diskussion des Budgets offenbaren. Für VeriSign wird es dann immerhin auch teurer. (Monika Ermert) / (wst)