Videospiel-Prüfstelle USK soll neue Struktur bekommen

Der Förderverein für Jugend und Sozialarbeit (fjs), Mitbegründer und Träger der für die Prüfung von Alterseinstufungen von Computer- und Videospielen zuständigen USK, ist künftig außen vor - eine erste greifbare Auswirkung der Killerspiel-Debatte.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Die für die Prüfung von Alterseinstufungen von Computer- und Videospielen zuständige Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) wird neu aufgestellt. Sie soll künftig nicht mehr beim Förderverein für Jugend und Sozialarbeit (fjs) in Berlin angesiedelt sein, der die USK gemeinsam mit dem Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) im Jahr 1994 gegründet hatte und bislang offiziell als Träger der USK in Erscheinung trat. Die USK werde stattdessen "als gemeinnützige Gesellschaft außerhalb des fjs zwischen Industrieverband und den Ländern positioniert", teilte der BIU, eine Interessenvertretung der deutschen Computer- und Videospiele-Industrie, am heutigen Mittwoch in Berlin mit. Auch soll in Zukunft die Öffentlichkeitsarbeit intensiviert, für mehr Transparenz bei den Bewertungskriterien gesorgt und der derzeit 18-köpfige USK-Beirat stärker in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden.

Vorausgegangen waren teilweise heftige Diskussionen über die Arbeit der USK. Insbesondere der niedersächsische Kriminologe Christian Pfeiffer hatte die USK wegen angeblich zu lascher Kontrollen bei der Zulassung so genannter Killerspiele kritisiert. Das von ihm geleitete Kriminologische Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) überprüfte die von der USK ausgewiesenen Alterseinstufungen von Computerspielen im Auftrag des niedersächsischen Innenministers Uwe Schünemann (CDU) dazu sogar im Selbstversuch. Das KFN kam dabei zu dem Ergebnis, dass nach eigener Überprüfung von 62 Spielen die Alterskennzeichen der USK bei 37 Prozent der Spiele zu niedrig angesetzt worden seien und die Einstufung bei 27 Prozent der Spiele zumindest zweifelhaft sei. Die abweichende eigene Einstufung begründete das KFN damit, dass die Interaktivität von Computerspielen nur unzureichend bei der Alterseinstufung durch die Gutachter der USK und den ständigen Vertreter der Obersten Landesjugendbehörden Berücksichtigung gefunden habe.

Trotz Zweifeln an der wissenschaftlichen Seriosität des kriminologischen Forschungsberichts nahmen zahlreiche Politiker die Studie als Steilvorlage für eine Wiederholung ihrer Forderungen nach einem schärferen strafrechtlichen Vorgehen gegen Killerspiele. Pfeiffer, der die USK früher schon scharf angegriffen hatte, warf der Kontrollinstanz zudem vor, sie sei industrienah, da sie Spieleproduzenten berate, "wie welche Freigabe zu bekommen" und eine Indizierung zu vermeiden sei. Der BIU, dem Unternehmen wie Atari, Electronic Arts, Koch Media, Microsoft, Nintendo, Sony und Ubisoft angehören, will in Gesprächen mit den Obersten Landesjugendbehörden der Länder nun ausloten, "wie man die Arbeit der USK in der neuen Struktur optimieren und effizienter gestalten kann". "Die Neustrukturierung sehen wir als Beitrag zu dem von der Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen und ihrem nordrhein-westfälischen Amtskollegen Armin Laschet geforderten Engagements für Aufklärung und Medienkompetenz", erklärte BIU-Geschäftsführer Olaf Wolters.

Anders als etwa die Innenminister von CDU und CSU, die sich für eine Verschärfung des Strafgesetzbuches und zur Einführung eines neuen Paragraphen 131a im StGB stark machen, gehen von der Leyen und Laschet nicht den Weg über das Strafgesetzbuch, sondern planen, bis zum Jahresende die Kriterien im Jugendschutzgesetz für die Beurteilung von Gewaltszenen bei Computerspielen zu verschärfen. Danach sollen künftig nicht nur "Gewalt verherrlichende", sondern auch "Gewalt beherrschte" Spiele mit Mord- und Gemetzelszenen automatisch für Jugendliche verboten sein. Das fjs soll den Angaben zufolge künftig Projekte wie das Computerspielmuseum oder die zavatar-Datenbank weiterführen und "seine herausragende Kompetenz zur Verbesserung der Medienkompetenz im Umgang mit Computer- und Videospielen auch in Zukunft mit Unterstützung der Industrie entfalten".

Kritik an der Arbeit der USK kommt im Übrigen auch vom Hamburger Hans-Bredow-Institut für Medienforschung – dies berichtet zumindest der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe. Das Nachrichtenmagazin bezieht sich dabei auf eine neue Studie zum Thema Jugendschutz in Deutschland, die Bund und Länder in Auftrag gegeben hatten. Danach hätten die Forscher dem Bewertungssystem der USK "mangelnde Transparenz" bescheinigt. Die USK-Kennzeichnungen seien von sehr "unterschiedlicher Struktur, Differenziertheit und Qualität". Auch gebe es "Defizite in der Außendarstellung der USK". Die Gutachter des Bredow-Institutes hätten zudem festgehalten, eine "transparentere Darstellung der Geldmittel und -flüsse" könne womöglich "die Kritik der Industrienähe relativieren". Eine Sprecherin des Instituts erklärte gegenüber heise online jedoch, die Ergebnisse seien vom Spiegel "schief dargestellt" worden. Die Studie soll am morgigen Donnerstag offiziell der Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Siehe dazu auch den Online-Artikel in c't-Hintergrund zur bisherigen Berichterstattung über die Diskussion um Gewaltspiele, Verbotsforderungen und Beschränkungen für Jugendliche bei Spielen:

(pmz)