Visafreiheit: USA wollen Zugriff auf EU-Biometriedaten bilateral durchsetzen

EU-weit konnte Washington die geforderte "Partnerschaft für verstärkten Grenzschutz" wohl nicht durchsetzen. Jetzt sollen einzelne Mitgliedsstaaten einlenken.

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(Bild: HQuality/Shutterstock.com)

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Die USA erwarten von 2027 an für eine visafreie Einreise aus der EU "kontinuierliche und systematische Transfers" von Daten zu Fingerabdrücken und weiteren biometrischen Merkmalen. Ursprünglich wollte die US-Regierung eine solche "Partnerschaft für verstärkten Grenzschutz" über einen Deal für alle Mitgliedsstaaten auf einen Schlag durchsetzen. Die EU-Kommission hat nun aber durchblicken lassen, dass eine einschlägige transatlantische Arbeitsgruppe ihre Arbeit eingestellt hat. Die USA wollen ihre Forderungen demnach nun offenbar bilateral über Abkommen mit einzelnen EU-Ländern durchdrücken, wobei der Schutz der Privatsphäre der Bürger angesichts einer geringeren Verhandlungsmacht vor allem kleinerer Mitgliedsstaaten teils noch stärker unter die Räder kommen könnte.

Im Rahmen der verlangten "Enhanced Border Security Partnership" (EBSP) wären die Behörden in der Lage, "die Fingerabdrücke von Reisenden, die eine Einreise oder einen Einwanderungsstatus anstreben, mit ihren entsprechenden Straf-, Terror- und Identitätsregistern abzugleichen". Sie erhielten dann zahlreiche personenbezogene Daten, falls dabei ein Treffer erzielt würde. Eine solche Übereinkunft soll neue Bedingung für die Teilnahme am Visa Waiver Programm (VWP) werden. Im September monierten die EU-Abgeordneten Saskia Bricmont, Tineke Strik, Damien Carême und Patrick Breyer von der Grünen-Fraktion, dass das Vorhaben "viele Bedenken hinsichtlich der Grundrechte und des Datenschutzes geweckt hat". Zugleich beklagten sie einen "Mangel an Transparenz bei den Verhandlungen".

Innenkommissarin Ylva Johansson teilte den um Auskunft bittenden Parlamentariern mittlerweile mit, dass die Brüsseler Regierungsinstitution im Rahmen ihres inzwischen verfolgten "pragmatischen Ansatzes" eine Machbarkeitsstudie in Betracht ziehe. Ein solcher Nachweis könne als Grundlage für eine künftige Diskussion darüber dienen, wie der Informationsaustausch zwischen der EU und den USA im Bereich des Grenzschutzes verbessert werden kann. Ein einschlägiger Test beinhalte aber keinen Austausch realer Daten. Zugleich erklärte die Schwedin, dass eine transatlantische EBSP-Arbeitsgruppe zweimal getagt habe, und zwar am 6. und 27. September 2022: "Derzeit sind keine weiteren Treffen geplant."

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Für Chris Jones, den Direktor der britischen Bürgerrechtsorganisation Statewatch, steht aber außer Frage, dass die USA weiter "Zugriff auf die wachsende Palette biometrischer Datenbanken der EU" begehrten. Es sei daher wichtig, möglicherweise schon laufende Verhandlungen über bilaterale Übereinkünfte im Blick zu behalten. Bislang hinterfragten etwa die deutsche und die französische Regierung den Mehrwert der geforderten "Partnerschaft". Ein Punkt war dabei die mit dem VWP eigentlich gewährte "vollständige Gegenseitigkeit" des Datenzugangs. Denn schon Anfang des Jahres merkte die damalige schwedische EU-Ratspräsidentschaft an, dass es an einer solchen Reziprozität mangele. Dies deutet laut Statewatch daraufhin, "dass die USA mehr erhalten wollten, als sie bereit waren zu geben".

(tiw)