Vonage will Patent-Prozess mit Verizon neu aufrollen

Nach einem Grundsatzurteil des US Supreme Courts zu Patenten will Vonage den verlorenen Prozess gegen Verizon neu aufrollen und zweifelt die Gültigkeit der von Verizon angeführten Patente an.

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Nach der richtungsweisenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofes der USA zum Patentrecht hat der in einen existenzbedrohenden Streit mit Festnetzanbieter Verizon verstrickte VoIP-Carrier Vonage neue Hoffnung geschöpft. Das Unternehmen beantragte beim Bundesberufungsgericht, ein zuvor ergangenes Geschworenenurteil gegen Vonage aufzuheben und den Fall zur erneuten Verhandlung an das Bezirksgericht zurückzuverweisen. Die Geschworenen hatten Vonage für schuldig befunden, Patente von Verizon zu verletzen. Das Unternehmen wurde zu 58 Millionen US-Dollar Schadenersatz verurteilt. Die zusätzliche Auflage, zunächst keine neue Kunden mehr aufzunehmen, konnte Vonage bis zur Verhandlung der Berufung in letzter Minute aufschieben.

Jetzt könnte der Fall allerdings gar nicht in der Berufungsinstanz ankommen. Der Supreme Court hatte am Montag in einem richtungsweisenden Urteil den Rahmen für die Bewertung schutzwürdiger Erfindungen neu definiert. Nach dem Spruch der obersten US-Richter wird es in Zukunft leichter, trivialen Erfindungen aufgrund ihrer Offensichtlichkeit das Schutzrecht zu versagen. Einfache Neukombinationen bestehender Techniken oder Verfahren sind nach der neuen Marschrichtung nicht mehr so leicht zu patentieren. Unter diesen vom Supreme Court festgelegten Rahmenbedingungen will Vonage jetzt den eigenen Fall erneut vor dem Bezirksgericht verhandeln.

Vonage erwartet von der Entscheidung des Supreme Courts positive Auswirkungen auf den eigenen Streit mit Verizon. Dabei geht es unter anderem um ein geschütztes Verfahren zur Übergabe von VoIP-Gesprächen aus dem IP-Netz ins klassische Festnetz. Vonage hatte stets bestritten, die Patente zu verletzen und war zuversichtlich, das Verfahren in der Berufungsinstanz für sich zu entscheiden. Zudem hatten Branchenexperten die Gültigkeit der von Verizon angeführten Patente angezweifelt, da möglicherweise vergleichbare Verfahren schon vorher angemeldet worden seien und sich Verizons Technik zudem auf Verfahren eines offenen, von verschiedenen Branchengrößen gestützten Standards beziehe. Angesichts der Entscheidung des Supreme Courts stellt Vonage nun die fraglichen Patente Verizons vor Gericht erneut infrage.

Für Verizon ist das nur eine durchsichtige Verzögerungstaktik, um das Unvermeidbare aufzuschieben. Der vor dem Supreme Court verhandelte Fall sei ganz anders gelagert, erklärten Verizon-Sprecher gegenüber US-Medien, und habe deshalb keine Bedeutung für das Verfahren gegen Vonage. Verizon werde einen entsprechenden Gegenantrag noch im Laufe des heutigen Mittwochs bei Gericht einreichen. Nach Ansicht von Rechtsexperten dürfte das Urteil Vonage allerdings tatsächlich helfen. Sie gehen davon aus, dass der Spruch der obersten US-Richter sich grundsätzlich und mit sofortiger Wirkung auf die gesamte Patentrechtsprechung auswirken wird – und dass der Streit zwischen Vonage und Verizon zum ersten prominenten Testfall werden könne. Zudem erwarten Juristen, dass die Entscheidung des Supreme Courts zur Neubewertung zahlreicher in der Vergangenheit erteilter Schutzschriften führen wird. (vbr)