Vorbild Dänemark? Das sagt die Deutsche Post zur Zukunft des Briefs

Dänemarks größter Postdienstleister Postnord stellt Ende 2025 die Briefzustellung ein. Folgt Deutschland dem Beispiel? Und was sagt die Gewerkschaft dazu?

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Ein gelber Briefkasten der Deutschen Post steht an einer Gebäudewand

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 5 Min.
Inhaltsverzeichnis

Die Nachricht aus dem Norden ließ viele aufhorchen: Postnord, der dänisch-schwedische Postdienstleister im Staatsbesitz, wird Ende 2025 in Dänemark seine klassische Briefzustellung komplett einstellen. Was dort als logische Konsequenz des digitalen Wandels gesehen wird, wirft Fragen zur Zukunft der Briefpost in anderen europäischen Ländern auf – insbesondere in Deutschland. Doch die Deutsche Post gibt Entwarnung: Der Brief hat hierzulande noch Zukunft.

"Die dänische Post ist nicht die Deutsche Post. Beide Briefmärkte sind nur bedingt miteinander vergleichbar", betont ein Sprecher des Unternehmens auf Anfrage von heise online. Während man in Dänemark den radikalen Schritt wagt, wo jetzt nur noch kleinere Mitbewerber verbleiben, setzt man in Deutschland auf Kontinuität: "Trotz Mengenrückgangs bleibt der Brief in Deutschland wichtig und wir gehen davon aus, dass wir auch noch viele Jahre in Deutschland Briefe bearbeiten und zustellen werden."

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Dennoch schrumpfen auch im restlichen Europa und in Deutschland die Zahlen rapide: Von 14,2 Milliarden Briefsendungen im Jahr 2020 sank das Volumen auf 12,2 Milliarden im Jahr 2024 – ein Rückgang von 8,1 Prozent allein im letzten Jahr.

Ein wesentlicher Unterschied zur Situation in Dänemark liegt in den rechtlichen Rahmenbedingungen. Die Deutsche Post ist durch das Postgesetz zur Erbringung des Post-Universaldienstes verpflichtet. Eine Einstellung des Briefdienstes wäre nicht ohne Weiteres möglich. In Dänemark hatte es zuvor Gesetzesänderungen gegeben, die Postnord den Schritt ermöglichten.

"Würde die Deutsche Post die Erbringung des Universaldienstes aufkündigen, würde die Bundesnetzagentur diese Dienstleistung gemäß §27 Postgesetz ausschreiben", erklärt der Konzern. "Würde sich kein anderes Unternehmen finden, das diese Dienstleistung übernehmen möchte, würde die Bundesnetzagentur das geeignete Unternehmen verpflichten – und das wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit die Deutsche Post."

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Die Gewerkschaft Verdi begrüßt den Erhalt dieser Universaldienstverpflichtung ausdrücklich. "Die im Universaldienst festgeschriebene Pflicht zur Haustürzustellung ist unerlässlich", erklärt Sprecher Richard Rother auf Anfrage. "Sie ist insbesondere für ältere Menschen und Menschen mit Behinderung wichtig, da nicht jeder über die digitalen Kompetenzen verfügt, um wichtige Kommunikation über digitale Kanäle zu erledigen."

Trotz der Beständigkeit steht auch die Deutsche Post vor enormen Herausforderungen: "Auf der einen Seite den strukturellen Wandel von immer weniger Briefen hin zu mehr Paketen bei steigenden Kosten, auf der anderen Seite den ökologischen Umbau der Postinfrastruktur, der erheblichen Investitionsbedarf nach sich zieht", beschreibt der Konzern die Situation.

Auch die Beschäftigten spüren diesen Wandel. Wie Verdi mitteilt, steigt "durch die ständige Arbeitsverdichtung der physische und psychische Druck auf die Beschäftigten." Die Gewerkschaft fordert daher "einen besseren Schutz der Beschäftigten" im Umgang mit den strukturellen Veränderungen.

Die Antwort auf den digitalen Wandel ist bei der Deutschen Post eine Doppelstrategie: Festhalten am klassischen Brief bei gleichzeitiger Digitalisierung und Modernisierung. Die Briefankündigung – ein Service in Kooperation mit 1&1 – hat bereits fast 4 Millionen Nutzer. Die Post & DHL App kommt auf über 8 Millionen Nutzer. Weitere digitale Angebote wie die Sendungsverfolgung für Briefe und die Digitalisierung der Eingangspost (PostScan) ergänzen das Portfolio.

"Der Brief bleibt im Wesen ein analoges Produkt im digitalen Zeitalter. Und das ist nicht falsch. Die Möglichkeit, handschriftlich, persönlich oder geschützt Informationen zu teilen, bietet so nur der Brief", heißt es seitens der Post. Dass wir "unsere Wahlstimme nicht per WhatsApp abgeben und Glückwünsche oder Liebesgrüße auch nicht so gut per E-Mail funktionieren", seien gute Gründe für die Beibehaltung physischer Post.

Dennoch fordert die Deutsche Post Unterstützung von der Politik. Die aktuelle Regulierungspraxis der Bundesnetzagentur mit Begrenzungen bei den Portopreisen und die Förderung des Wettbewerbs werden kritisch gesehen.

"Wenn die Bundesnetzagentur weiter den Preiserhöhungsspielraum für Briefprodukte so niedrig ansetzt wie bisher und die Politik weiter einseitig auf Wettbewerbsförderung im drastisch schrumpfenden Briefmarkt setzt, wird es perspektivisch schwieriger, den Universaldienst zu erbringen", warnt der Konzern.

Während die Deutsche Post auf politische Anpassungen drängt, konnte die Gewerkschaft Verdi bereits wichtige Sicherheiten für die Belegschaft aushandeln: "Mit unseren Kündigungsschutztarifverträgen sind betriebsbedingte Kündigungen bei der Deutschen Post AG mindestens bis zum 31. März 2027 ausgeschlossen", so Sprecher Richard Rother. Verdi kritisiert jedoch den geplanten Stellenabbau und fordert, "dass keine Beschäftigten ihre Arbeitsplätze verlieren, z.B. Beschäftigte in der Probezeit und mit befristeten Verträgen."

Trotz des deutlichen Rückgangs bei den Briefmengen gibt sich Verdi für die Beschäftigungssituation verhalten optimistisch: "Es ist nicht davon auszugehen, dass die Briefpost eingestellt wird. Es gibt genug Arbeit bei der Deutschen Post, die nicht nur Briefe zustellt, sondern auch Pakete." Die Gewerkschaft betont, dass die ausgehandelten Tarifverträge sowohl die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berücksichtigen als auch "keine Gefahr für die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit der Deutschen Post darstellen."

(mki)