Vorwürfe gegen N26-Gründer: "Abwärtsspirale" und "Kultur der Angst"

Bei der Smartphone-Bank N26 scheint der Haussegen schief zu hängen: Eine geleakte Mail von Führungskräften geht hart mit beiden Gründern ins Gericht.

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Maximilian Tayenthal (links) und Valentin Stalf (rechts), die Gründer von N26.

(Bild: N26)

Update
Lesezeit: 4 Min.

Ehemalige und noch amtierende Führungsspitzen der Neobank N26 sollen schwere Kritik gegen die Gründer des Unternehmens geäußert haben, berichten die Financial Times und das Manager Magazin. So solle das Gründerduo Valentin Stalf und Maximilian Tayenthal eine "Kultur der Angst und Schuldzuweisungen" geschaffen haben, so dass sich die Führungskräfte vor einer "Abwärtsspirale" im Unternehmen sorgten. Die Vorwürfe wurden den Berichten zufolge in einer im Februar 2022 verfassten internen Mail formuliert, die den Wirtschaftsmedien offenbar kürzlich zugespielt wurde. Sechs hochrangige Führungskräfte wandten sich darin an die beiden Gründer und wollten offenbar Diskussionen über Verbesserungen anstoßen.

In der von den beiden Wirtschaftsblättern ausführlich zitierten Mail lassen die Spitzenmanager wohl kein gutes Haar an der Führungskultur. So sei die Rede von einer "gestörten" Beziehung zwischen den Gründern und dem Rest des Führungsteams. Die Gründer würden einen aggressiven und respektlosen Kommunikationsstil pflegen, es fehle an Vertrauen, Entscheidungsprozesse seien unklar. Stalf und Tayenthal seien nicht in der Lage, Konflikte konstruktiv anzugehen, gingen unangenehmen Diskussionen aus dem Weg und neigten dazu, bei Fehlentscheidungen "die Geschichte mit Blick auf vereinbarte Lösungen umzuschreiben". "Das verhindert, dass N26 auf die nächste Entwicklungsstufe kommt", so die Kritiker.

Die Hälfte der Führungspersönlichkeiten hinter dem Schreiben arbeitet inzwischen auch nicht mehr bei N26. Risikovorstand Thomas Grosse, der die Mail laut Manager Magazin abschickte, nahm vergangene Woche seinen Hut. Auch nicht mehr an Bord sind die damalige Personalchefin Eva Glanzer und Finanzvorstand Jan Kemper. Der ferner am Schreiben beteiligte Chief Growth Officer Alexander Weber soll laut Manager Magazin ebenfalls seinen Weggang planen. Die Serie von Abgängen begann bereits vor der Mail, als Chief Operating Officer Adrienne Gormley N26 Anfang 2022 verließ.

Stalf und Thayenthal sollen den Berichten nach unter anderem mit der Zusicherung reagiert haben, sich coachen zu lassen. Ebenfalls sollten Aufgabenbereiche klarer zugeschnitten werden. "Aber alles, was nach einer Reihe von zähen Gesprächen angekündigt wurde, ist im Lauf der Zeit komplett versandet", zitiert das Manager Magazin einen Insider. Auch die Financial Times lässt Insider zu Wort kommen, dass die in der Mail kritisierten Zustände immer noch dringliche Probleme seien.

Auf Anfrage von heise online erklärte eine Sprecherin von N26, dass es in den letzten 18 Monaten gelungen sei, "viele Meilensteine in den Bereichen Corporate Governance, Personal und interne Strukturen zu erreichen". Unter anderem habe man einen Nominierungs- und einen Vergütungsausschuss geschaffen und Feedbackprozesse kontinuierlich weiterentwickelt. So sei zum Beispiel die Frequenz von internen Mitarbeitergesprächen deutlich erhöht und ein Tool für regelmäßige Mitarbeiterrückmeldungen sowie ein Whistleblowing-System für anonymes Feedback eingeführt worden. Alle diese Maßnahmen hätten zu einer sehr niedrigen Fluktuationsrate geführt, die insbesondere in den vergangenen 12 Monaten entscheidend verbessert wurde. Hinter den Wechseln im Führungsteam hätten sehr unterschiedliche Gründe gestanden. Zur Personalie Alexander Weber hieß es, dass er seine Rolle als CGO weiterhin innehalte und es auch noch keinen konkreten Zeitplan für sein Ausscheiden bei N26 gebe.

Mit einer Bewertung von fast 8 Milliarden Euro gehört die in früheren Jahren rasant gewachsene Smartphonebank N26 an sich zu den wertvollsten Start-ups in Europa. Doch derzeit scheint der Motor erheblich zu stottern und so kommen der Führungsexodus und der peinliche Leak von Interna zur Unzeit: Nach wie vor hat die Bank einen von der Bafin wegen Mängeln und Nachlässigkeiten etwa bei Risikoprävention bestellten Sonderprüfer im Haus. Auch die von der Bafin im November 2021 verhängte Wachstumsbremse ist immer noch in Kraft: N26 darf seitdem nicht mehr als 50.000 Neukunden pro Monat aufnehmen. Ein Börsengang liegt entsprechend auf Eis, was neben den internen Problemen aber auch an der derzeit wenig freundlichen Marktsituation liegen dürfte.

Dass im Umgang mit der Belegschaft auch früher schon manches im Argen gewesen sein könnte, legten 2021 Berichte von Mitarbeitern nahe, die heise online damals von einer kranken Firmenkultur erzählten. Auch die Wahl eines Betriebsrats im Sommer 2020 wurde von erheblichem Widerstand der Unternehmensspitze begleitet.

Update

Inzwischen erreichte heise online eine Stellungnahme von N26. Die Meldung wurde entsprechend ergänzt.

(axk)