WIPO-Studie: Patentwelle bei Künstlicher Intelligenz rollt heran

Seit den 1950ern haben Erfinder und Forscher bis 2016 rund 340.000 Patentanträge rund um Künstliche Intelligenz gestellt. IBM und Microsoft sind führend.

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Künstliche Intelligenz, KI

(Bild: Gerd Altmann, gemeinfrei)

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Der Hype rund um Künstliche Intelligenz (KI) als maßgebliche Zukunftstechnologie schlägt sich auch beim gewerblichen Rechtsschutz nieder. Seit den ersten konkreten Arbeiten an denkenden Maschinen in den 1950ern hat die Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) bis Ende 2016 annähernd 340 Patentanmeldungen und über 1,6 Millionen wissenschaftliche Publikationen in diesem Sektor gezählt. Mehr als die Hälfte davon stammen aus der jüngsten Zeit nach 2013.

Die WIPO hat das Feld im Rahmen einer am Donnerstag veröffentlichten Studie zu Technologietrends auf 150 Seiten beleuchtet. Bei 26 der 30 weltweit wichtigsten KI-Patentanmelder handelt es sich demnach um Unternehmen, die restlichen vier sind Universitäten oder öffentliche Forschungseinrichtungen. An der Spitze steht IBM mit einem Portfolio von 8290 einschlägigen Anträgen, gefolgt von Microsoft mit 5930. Zu den Top 5 gehören zudem Toshiba, Samsung und die japanische NEC-Gruppe.

Organisationen aus China machen drei der vier akademischen Akteure unter den 30 größten Patentanmeldern aus. Die Chinesische Akademie der Wissenschaften belegt mit über 2500 Patentfamilien und mehr als 20.000 einschlägigen Veröffentlichungen als erste Forschungseinrichtung den 17. Platz. Insgesamt handelt es sich im akademischen Feld bei 17 der 20 wichtigsten Akteure im Bereich der KI-Patentierung sowie bei zehn der 20 besten wissenschaftlichen Publikationen im Bereich der KI um chinesische Einrichtungen.

Als erste Firma aus dem Reich der Mitte belegt die State Grid Corporation of China (SGCC) den 15. Platz. Der chinesische Internetkonzern Baidu schafft es auf Rang 26. Die Google-Mutter Alphabet liegt mit den weiteren Töchtern DeepMind, Waymo und X Development auf Platz zehn, ist weltweit aber am aktivsten bei Firmenübernahmen im KI-Bereich. Facebook kommt insgesamt nur in die Kategorie "ferner liefen", erhält aber zusammen mit dem chinesischen Konzern Tencent eine ehrenhafte Erwähnung als "führend in Spezialsektoren" rund um technische Neuigkeiten in sozialen Netzwerken.

Siemens verpasst als erstes deutsches Unternehmen mit Platz elf bei fast 3500 einschlägigen Anmeldungen knapp die Top Ten, Bosch landet mit beinahe 2000 Anträgen auf Rang 21. Insgesamt finden sich nur vier europäische Forschungseinrichtungen unter den ersten 500 Organisationen. Am aktivsten darunter ist die Fraunhofer-Gesellschaft, die Platz 159 erreicht.

Die meisten einschlägigen Anträge gehen beim US-Patentamt sowie bei dessen Pendant in China ein, gefolgt von Japan. Dies entspricht den Trends in anderen Technologiesektoren. Wie viele Anmeldungen die entsprechenden Behörden jeweils letztlich genehmigt haben, geht aus dem Bericht nicht hervor.

Die vorherrschende KI-Technik, die sich in den Anmeldungen und Publikationen widerspiegelt, ist maschinelles Lernen mit einem Schwerpunkt auf neuronalen Netze. Diese haben laut der WIPO unter anderem die automatisierte Übersetzung revolutioniert. Maschinenlernen spielt in über einem Drittel aller ermittelten "Erfindungen" eine Rolle. Es wuchs von 9567 Patentanmeldungen im Jahr 2013 auf 20.195 in 2016, was einer Steigerung von insgesamt 111 Prozent oder einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von rund 28 Prozent entspricht.

Deep Learning, eine spezielle maschinelle Lerntechnik, die etwa in Spracherkennungssystemen zum Einsatz kommt, ist laut der Analyse die am schnellsten wachsende KI-Technik mit einem fast 20-fachen Anstieg der Patentanmeldungen von 118 in 2013 auf 2399 drei Jahre später. Das entspricht einem durchschnittlichen Jahresplus von 175 Prozent.

Die beliebteste KI-Anwendung bei Erfindern und Patentanwälten ist maschinelles Sehen inklusive Bilderkennung, das etwa für den Bau selbstfahrender Autos entscheidend ist. Das Verfahren wird in 49 Prozent aller einschlägigen Patente erwähnt. KI für Robotik wuchs von 622 Anmeldungen 2013 auf 2272 in 2016 – ein Anstieg von insgesamt 265 Prozent.

Zu den industriellen Bereichen mit der höchsten Wachstumsrate im KI-Bereich gehört der Transportsektor einschließlich autonomer Fahrzeuge. In diesem Sektor verzeichnete die WIPO 2016 8764 Anmeldungen und damit 134 Prozent mehr als 2013. Künstliche Intelligenz gilt zudem als wichtig, um Netzwerke im Telekommunikationsbereich zu verbessern. 6684 Anmeldungen gab es hier 2016, während es 2013 noch 3525 waren.

In den Bio- und Medizinwissenschaften, in denen KI etwa für die Roboterchirurgie und die Personalisierung von Medikamenten eingesetzt werden kann, stieg die Zahl der Anmeldungen von 2942 im Jahr 2013 um 40 Prozent auf 4112 in 2016. Der Bereich persönliche Geräte sowie Computer und Mensch-Computer-Interaktion wuchs gleichzeitig jährlich um elf Prozent von 2915 auf 3977 Anträge.

Anders als etwa im Mobilfunksektor werden rund um Schutzrechte für KI noch keine großen Patentkriege geführt: weniger als ein Prozent der erteilten Monopolansprüche sind der Studie zufolge umstritten. Dies liegt aber wohl vor allem daran, dass viele Produkte und Anwendungen mit Künstlicher Intelligenz an Bord noch im Entwicklungsstadium sind und potenzielle Patentverletzungen so bislang kaum nachgewiesen werden können. Die drei größten bisherigen Kläger sind Nuance Communications, American Vehicular Sciences und Automotive Technologies International.

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