WSJ: China baut Spionagebasis auf Kuba

Elektronische Kommunikation von US-Militärs und -Diensten ist auf Kuba empfangbar. Nach Russland soll China eine große Abhörstation bekommen, sagt das WSJ.

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Im Wind wehende Flagge Kubbas

(Bild: Tatoh.rat / Shutterstock.com)

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Die Volksrepublik China zahlt Milliarden Dollar an Kuba, um dort eine große Abhörbasis errichten zu dürfen. Das berichtet das Wall Street Journal (WSJ) unter Berufung auf Quellen, die Einblick in streng geheime US-Spionageerkenntnisse haben. Konteradmiral i.R. John Kirby, Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates der USA, bezeichnet den Zeitungsbericht allerdings als "nicht genau", stellt ihn aber auch nicht gänzlich in Abrede.

Kuba liegt so nahe an den USA, dass von dort aus drahtlose elektronische Kommunikation in den südöstlichen USA empfangen werden kann. Alleine in Florida gibt es über 20 US-Militärbasen, nicht zuletzt das Zentralkommando der Kriegsmarineinfanterie. China unterhält seit etwa der Jahrtausendwende kleinere Abhöranlagen auf Kuba.

Jetzt hätten sich Kuba und China grundsätzlich auf eine neue Spionagebasis verständigt, was in Washington Alarm ausgelöst habe, berichtet das WSJ. Wo genau auf Kuba die chinesische Einrichtung entstehen soll und ob der Bau bereits begonnen hat, konnte die Zeitung nicht in Erfahrung bringen. Sie muss wohl deutlich größer ausfallen als die üblichen Abhörantennen, die sich auf Botschaftsgebäuden installieren lassen.

Die USA unterhalten ihrerseits seit 120 Jahren eine Kriegsmarinebasis auf Kuba, in der Guantánamo-Bucht – sehr zum Unbill der kommunistischen Regierung Kubas. Sie betrachtet den 1903 geschlossenen und 1934 unbefristet verlängerten Pachtvertrag als ungültig; außerdem sei die Nutzung als Gefangenenlager für mögliche Terroristen nicht vom Vertrag gedeckt, da dieser ausschließlich militärische Nutzung vorsieht.

Der Bericht über den aktuellen Plan Chinas erinnert an die Kubakrise im Oktober 1962. 1960 nehmen Kuba und die Sowjetunion diplomatische Beziehungen auf. 1961 scheitert eine von den US unterstützte Invasion von Exilkubanern auf der Insel. Im Jahr darauf stationieren die Sowjetunion über 40.000 Soldaten und 230.000 Tonnen Ausrüstung auf der Karibikinsel. Dazu gehören neben Luftabwehrraketen auch dutzende Mittelstreckenraketen mit etwa 80 dazu passenden Atomsprengköpfen. Jeder einzelne hat ein Vielfaches der von den USA 1945 auf Nagasaki geworfenen Atombombe. Aufgrund der Nähe Kubas zu den USA ließe ein sowjetischer Raketenangriff der US-Raketenabwehr nur sehr kurze Vorwarnzeit. Auch eine sowjetische Abhörbasis entsteht auf Kuba, die 1964 in Betrieb geht

Die USA haben zu der Zeit bereits U-Boote mit Atomraketen im Einsatz, sowie auf die Sowjetunion gerichtete Atomraketen in der TĂĽrkei. Die Sowjetunion fordert die Entmilitarisierung Westberlins.

Die USA reagieren mit einer Seeblockade Kubas auf die Stationierung der Atomraketen. Während der Seeblockade führen sowohl die USA als auch die Sowjetunion Atombombentests durch. Ein DDR-Urlauberschiff mit 500 Personen an Bord darf aufgrund persönlichen Befehls des damaligen US-Präsidenten John F. Kennedy die Seeblockade passieren. Zwischen den Militärs kommt es zu mehreren brenzligen Situationen: Mindestens zweimal zwingt die US-Kriegsmarine mit Übungswasserbomben sowjetische U-Boote, aufzutauchen; ein US-Spionageflugzeug wird über Kuba abgeschossen, der Pilot stirbt. Kennedy untersagt einen Gegenangriff. Außerdem entdecken die Sowjets ein amerikanisches Spionageflugzeug in ihrem Luftraum, dieses kann entkommen.

Die Welt steht am Rande eines Atomkriegs. Ende Oktober 1962 einigen sich die Sowjetunion und die USA dann doch auf einen Abzug der sowjetischen Atomraketen aus Kuba sowie der amerikanischen Atomraketen aus der Türkei. Kennedy verspricht zudem, nicht in Kuba einzumarschieren. Kubas damaliger Diktator Fidel Castro gefällt das nicht, er hat auf einen Atomkrieg gegen die USA gedrängt.

Heute liefern die USA Waffen an Taiwan, ein kleines Kontingent US-Soldaten bildet taiwanische Soldaten vor Ort aus. Die Insel Taiwan ist ähnlich weit von China entfernt wie Kuba von den USA. Darüber hinaus fliegen die USA wiederholt Aufklärungsflüge in der zwischen Taiwan und China gelegenen Formosastraße, auch Schiffe der US-Kriegsmarine passieren dort - beides zum Ärger Pekings.

Eine große Spionagebasis auf Kuba wäre ein starkes Signal Chinas, es den Amerikanern gleich tun zu wollen. Es untergräbt auch Bemühungen von US-Präsident Joe Biden, die Beziehungen zu Kuba zu verbessern. Für Havanna könnten die chinesischen Milliarden allerdings wertvoller sein, zumindest kurzfristig.

Die Insel steckt erneut in einer tiefen Wirtschafts- und Versorgungskrise. Der pandemiebedingte Einbruch des Tourismus und eine Verschärfung von US-Sanktionen haben Kubas Deviseneinnahmen deutlich gekürzt. Dieses Jahr wurde sogar die traditionelle 1. Mai-Parade abgesagt – zum ersten Mal seit der Revolution 1959 aus wirtschaftlichen Gründen. Es gibt einfach keinen Treibstoff. Neben laufenden Stromausfällen aufgrund des schlechten Zustands zahlreicher Kraftwerke, lähmt seit Monaten eine neue Krise bei der Treibstoffversorgung nicht nur den privaten, sondern auch den öffentlichen Verkehr auf Kuba.

Die ab 1962 auf Kuba errichtete sowjetische Abhörbasis bestand übrigens bis 2001/2002. Über 1.500 Mann sollen dort zur Hochzeit gearbeitet haben, darunter auch Personal aus anderen Ostblockstaaten. 2014 berichteten russische Medien, dass Russland die Anlage wiedereröffne.

(ds)