WWDC: Apple lässt den Panther los -- schon bald

Besonders stolz präsentierte Steve Jobs auf der Entwicklerkonferenz WWDC die nächste Version von Mac OS X, die unter dem Codenamen "Panther" derzeit noch entwickelt wird.

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Besonders stolz präsentierte der Apple-Boss auf der Entwicklerkonferenz WWDC die nächste Version von Mac OS X, die unter dem Codenamen "Panther" derzeit noch entwickelt wird. O-Ton Steve Jobs: "We got a kick-ass OS." Die Zeiten von Jaguar, dem aktuellen OS X 10.2.x, seien vorbei, jetzt komme der Panther mit hundert beeindruckenden neuen Funktionen, schwärmte der um Superlative selten verlegene Jobs. Dass Apple "the other guys" -- die "Microsoft-Jungs" -- nicht vergesse, indem man auch die neueste Version von Samba unterstütze, um den Kontakt zu Windows-Netzwerken herzustellen, ist dabei schon fast eine Marginalie.

Die wesentliche Neuerung in Panther ist das Herzstück: Der "brandneue" Finder stelle den Anwender in den Mittelpunkt, ganz ähnlich dem derzeit so erfolgreichen Musikprogramm iTunes aus Apples Software-Schmiede. Ein so genannter Action-Button soll kontextsensitiv immer all jene Funktionen anbieten, die man gerade brauche; eine überarbeitete Search-Funktion, stets rechts oben im Fenster parat, solle endlich mal richtig schnell finden, was man sucht -- "really cool" sei das, so der Apple-Boss augenzwinkernd, "Ihr werdet es mögen!". Mit von Mac OS 9 bekannten Etiketten könne man Dateien markieren und auch die Dialoge zum Öffnen und Speichern von Dateien würden so arbeiten, wie es der Benutzer erwartet.

Exposé heißt eine neue Funktion, "die Apple einfach entwickeln musste, weil Mac-Anwender immer so viele Programme gleichzeitig nutzen", sagte Jobs. In einer Bildschirmecke zeigt Exposé den Inhalt aktuell geöffneter Dokumente an -- stark verkleinert, ständig aktuell und, wenn man der Präsentation glauben darf, dank Quartz Extreme rasend schnell. Per Klick vergrößert man ein Dokument oder Programm; das Ganze soll wahlweise in einzelnen Applikationen oder systemweit funktionieren und auf Hotkeys reagieren. Um den Desktop freizuräumen, fährt man einfach mit der Maus in eine Ecke.

Kunden von Apples Online-Datendienst iDisk wird freuen, dass Panther Dokumente auf Wunsch regelmäßig mit der virtuellen Festplatte im Internet synchronisiert: Man braucht Dateien nicht mehr umständlich auf einen Server hochzuladen, sondern lässt sie einfach automatisch sichern. Die Synchronisation soll auch zwischen mehreren Computern, etwa zu Hause und im Büro, sowie mit anderen Benutzern klappen.

Der ebenfalls neue "FileVault" soll die Daten im Home-Ordner des Benutzers schützen, indem er sie ähnlich dem Encrypted File System von Windows 2000 und XP "on the fly" ver- und entschlüsselt, je nach Bedarf. Das Apple-eigene Mail-Programm arbeite um vieles schneller und nutze die Safari-Engine zur Darstellung von HTML-Mails. Praktisch: Mail-Threads, also zusammenhängende, zum Teil weitergeleitete Nachrichten mit mehreren Antworten unterschiedlicher Benutzer, kann man per Dreieck ein- und ausklappen, um die Übersicht zu wahren. Mit der nunmehr eingebauten Fax-Software, die sich im Druckdialog manifestiert, stößt Apple einmal mehr Drittanbietern vor die Stirn: Da sie auch mit dem integrierten Adressbuch harmoniert, werden wohl nur noch wenige Anwender Geld für FAXstf und Co. ausgeben wollen.

Der eingebaute PDF-Reader "Preview" sei jetzt der schnellste der Welt und auch der Wechsel zwischen mehreren Benutzern gelinge endlich flotter: "Windows kann es bereits, aber wir machen es besser", sagte Jobs. Neu ist außerdem eine Art Adressbuch für Fonts, das Schriften verwaltet.

Das Beste aber habe sich Jobs bis zum Schluss aufgehoben: Das neue "iChat AV" ermöglicht neben herkömmlichen Textchats auch Audio- und Videokonferenzen. Das kennen Windows-Anwender schon lange, aber Apple will seinen Benutzern das Hantieren mit Telefon- oder IP-Nummern ersparen: alles soll völlig automatisch funktionieren, wahlweise über AOLs AIM-System, Apples eigenes .Mac-Netz oder die Rendezvous-Technik. Al Gore, ehemaliger US-amerikanischer Vizepräsident und nun Apple-Aufsichtsrat, rief in Fullscreen-Auflösung durch und stimmte ein in die Begeisterungsgesänge: "This is very cool." Vorerst gebe es iChat AV nur für Jaguar und Panther, doch man werde versuchen, mit anderen Herstellern zu kooperieren, um auch andere Betriebssysteme zu unterstützen, sagte Jobs. Eine kostenlose Betaversion soll es noch heute zum Download geben. Für die fertige Software müssen Jaguar-Besitzer 29 US-Dollar bezahlen, während Käufer des neuen Betriebssystems sie gleich im Paket finden. "Noch vor Ende des Jahres" will Apple den Panther aus dem Sack lassen -- für 129 US-Dollar. Zur WWDC registrierte Entwickler bekommen eine Developer-Preview mit nach Hause.

Wer noch keine passende Kamera hat, dem bietet Apple übrigens auch die "zu iChat passenden Augen und Ohren" an: "iSight" soll 640 × 480 Pixel große Videostreams bei 30 Bildern pro Sekunde und 24-Bit-Farbe in den Mac schaufeln -- via FireWire, versteht sich. Autofokus und Mikrofon sind eingebaut. Die "beste Videokonferenz-Kamera am Markt" (Jobs) hat allerdings auch ihren Preis: 149 US-Dollar soll das gute Stück kosten.

Auch wenn Jobs kein Entwickler ist, hätte sich vermutlich doch mancher Besucher etwas mehr harte Fakten auf einer WWDC-Präsentation gewünscht. Zum Schluss der Panther-Vorstellung gabs dann aber doch noch was für Programmierer: Xcode heißen die neuen, zu Panther mitgelieferten Entwickler-Tools von Apple, die unter anderem den Gnu-Compiler GCC 3.3 enthalten. Dessen Kompilate liefen laut Jobs bislang zehn mal langsamer als auf PCs, jetzt aber endlich gleich schnell. Dann wirds ja vielleicht tatsächlich was mit dem Abschluss der Portierphase von Mac OS 9 nach Mac OS X. (se)