Waldsterben: Weniger gesunde Bäume als in den 1980er Jahren

Durch Borkenkäferbefall und Trockenheit abgestorbene Fichten auf dem Brocken (Harz). Bild: Hajotthu/ CC BY 3.0

Landwirtschaftsministerium legt Waldzustandsbericht vor, mag aber nicht über die Ursachen der katastrophalen Schäden sprechen

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner hat den diesjährigen Waldschadensbericht vorgelegt. Erwartungsgemäß sieht der ziemlich deprimierend aus. Nur 21 Prozent der Bäume sind ohne Schäden an den Kronen.

Seit Beginn der Erhebungen im Jahre 1984 haben sich, so das Ministerium, die Anteile der hohen und mittleren Schadstufen deutlich erhöht. Die Ergebnisse der Waldzustandserhebung 2020 gehörten zu den schlechtesten in den vergangenen 36 Jahren. Besonders bei Fichte sei eine Zunahme der Schäden zu verzeichnen.

"Unserem Wald geht es weiterhin sehr schlecht. Das vergangene Trockenjahr, das zudem von Sturmereignissen und Schädlingen geprägt war, hat dem Wald erneut zugesetzt. Die Auswirkungen des Klimawandels spüren wir mit aller Härte. Vor allem unsere alten Wälder leiden. Noch nie seit Beginn der Erhebungen sind so viele Bäume abgestorben wie im Jahr 2020"
Julia Klöckner im Vorwort der "Waldzustandserhebung"

Im Einzelnen zeigten 2020 37 Prozent aller Bäume eine deutliche Verlichtung der Kronen, das heißt sie haben erheblich zu wenig Blätter oder Nadeln. 2019 waren es 36 Prozent, was bereits der mit Abstand höchste Wert seit Beginn der Untersuchungen war.

In den 1980er Jahren, als das Waldsterben in aller Munde war, wurden jeweils um die 40 Prozent der Bäume als gesund eingeordnet, 2020 waren es nur noch 21 Prozent. Ein starker Rückgang setzte vor allem in den vergangenen drei Dürrejahren ein, aber auch zuvor waren die Wälder schon im schlechteren Zustand als in den 1980er Jahren.

Bemerkenswert ist, dass der Bericht mit Ausnahme des oben wiedergegebenen kurzen Zitats aus der Einleitung mit keinem Wort den Klimawandel erwähnt. Überhaupt geht der Bericht allen Fragen nach den Ursachen des katastrophalen Zustands aus dem Wege. Weder die Stickoxide werden erwähnt, noch werden die konkreten Auswirkungen der Dürre untersucht.

Das Wort Dürre kommt auf 72 Seiten nicht einmal vor. Es drängt sich der Eindruck auf, dass mit dem Bericht nur eine lästige Pflicht abgearbeitet wird und das Ministerium um die Sache nicht zuviel Aufsehen haben möchte. Schon gar nicht scheint man einer Diskussion über die Ursachen interessiert.

Unterdessen warnt der Bund für Umwelt- und Naturschutz BUND vor "einem neuen Waldsterben". 79 Prozent der Fichten, 80 Prozent der Kiefern und Eichen sowie 89 Prozent der Buchen seien betroffen.

"Der Wald ist durch Stickstoffeinträge, Dürre, intensive Forstwirtschaft sowie mangelhafte Jagd nach wie vor im Dauerstress. Nur ein kleiner Teil der Waldbäume ist noch gesund. Die allermeisten Bäume zeigen Auflichtungen im Kronenbereich oder sterben sogar ab. (...) Die Lage ist ernst. Die Bundesregierung muss endlich wirksame Klimaschutzmaßnahmen ergreifen und gleichzeitig Schadstoffemissionen aus Verkehr, Industrie und Landwirtschaft massiv reduzieren."
Jörg Nitsch, Sprecher des BUND-Arbeitskreises Wald