Was NFT-Tokens sind und was man damit auch jenseits des Hypes anfangen kann

Nicht-fungible Tokens machen in der Kunstwelt Furore. Aber was steckt für eine Technik hinter diesem Millionenhype?

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 170 Kommentare lesen

(Bild: HollyHarry/Shutterstock.com)

Lesezeit: 14 Min.
Von
  • Shermin Voshmgir
Inhaltsverzeichnis

Ein Hype hat die Kunst- und Kreativwelt erfasst und wird von Investoren als neue Anlageform entdeckt: nicht-fungible Tokens, kurz auch NFTs genannt. Eins der derzeit aufsehenerregenden Beispiele: Jack Dorsey, der Gründer von Twitter, hat seinen ersten Tweet auf der Plattform CENT für 2,9 Millionen US-Dollar verkauft, ein Softwareunternehmer aus Malaysia bekam den Zuschlag.

Ein Artikel von Shermin Voshmgir

Shermin Voshmgir ist Autorin des Buchs "Token Economy", Gründerin von Token Kitchen und dem BlockchainHub Berlin. Zuvor war die Wirtschaftsinformatikerin auch Direktorin und Co-Gründerin des Instituts für Kryptoökonomie an der Wirtschaftsuniversität Wien sowie Beraterin von Jolocom, Wunder, dem Estonian e-Residency Program und Curator von The DAO.

Die dezentrale Anwendung CENT wird vom Ethereum-Netzwerk verwaltet. Sie erlaubt Nutzerinnen, ihre Tweets auf der Ethereum-Blockchain zu registrieren und mit einer einzigartigen digitalen Signatur zu versehen. Dieser Akt des digitalen Signierens erzeugt ein Token, das auch NFT genannt wird – genau das hat Jack Dorsey versteigert. Und das ist nur einer aus einer ganzen Reihe spektakulärer Verkäufe, bei denen für Memes und Instagram-Bilder viel Geld über den Tresen beziehungsweise durch Blockchain-Netzwerke gewandert ist:

  • Das populäre Nyan-Cat-Meme – ein GIF aus dem Jahr 2011 – wurde vom Künstler remastered, auf einem Blockchain-Netzwerk registriert und mit einer digitalen Signatur versehen. Das resultierende NFT wurde in einer Auktion auf der Kryptokunst-Plattform Foundation für rund 590.000 US-Dollar (300 ETH) versteigert.
  • Beeple, ein Digitalkünstler mit über 2 Millionen Followern auf Instagram, hatte im November letzten Jahres eine Sammlung seiner Instagram-Bilder als NFTs registriert und die gesamte Sammlung für über 3,5 Millionen US-Dollar verkauft. Dieser Rekordpreis wurde noch mal gesprengt als eines seiner tokenisierten Bilder aus der Sammlung vor Kurzem bei Christie’s für 69 Millionen US-Dollar versteigert wurde
  • Banksys Bild "Morons" aus dem Jahr 2006, das die Kunstwelt kritisiert, erwarb für 95.000 US-Dollar die Künstlergruppe Injective Protocol, die das Bild verbrannt haben und die Aufzeichnung dieser Aktion auf dem Ethereum-Netzwerk registriert haben. Das von ihnen signierte NFT wurde für 380.000 US-Dollar (228,69 ETH) auf der NFT-Handelsplattform OpenSea verkauft.

Die Technik hinter dem derzeit letzten Schrei der Kunstszene gibt es aber schon länger. Im Grunde besteht das Konzept, einzigartige Werte mit einer Infrastruktur wie einem Blockchain-Netzwerk gemeinschaftlich zu verwalten, fast schon so lange, wie es Blockchains gibt.

Blockchain-Technik wird allgemein mit Kryptowährungen wie dem Bitcoin in Verbindung gebracht. Es geht aber noch um mehr: das "Web3". In der Krypto-Szene wird der Begriff von vielen Entwicklern verwendet, wenn sie von der nächsten Generation des Internets sprechen. Der durchaus umstrittene Begriff wurde insbesondere im Ethereum-Umfeld geprägt, findet inzwischen auch außerhalb der Szene Verbreitung. Die Vision: Daten werden gemeinschaftlich in öffentlicher Infrastruktur verwaltet.

Das Rückgrat dieses Web3 sind verteilte Blockchain-Datenbanken, oft auch Ledger genannt. Eine Reihe weiterer Protokolle ist dann noch notwendig, um dezentrale Anwendungen zu schaffen, die an die Blockchain andocken. Ein ganzer Webstack soll so bereitstehen, um solche Dienste zu schaffen. Und die können dann zum Beispiel Tokens generieren und verwalten.

Eine Fähigkeit dieser Tokens ist es, digitalen Inhalten mittels einer kryptographischen Signatur eine Form der Einzigartigkeit zu verleihen, die Dateien im herkömmlichen Internet nicht haben. Die auf Client-Server-Architekturen basierenden Datenstrukturen des "Web2" erlauben es uns nicht, Originale von Kopien zu unterscheiden. Datenpakete sind Datenpakete, man kann maximal mit DRM eine Zugangsschranke vonseiten des Erzeugers herstellen und mit Rechtsmitteln Piraterie sanktionieren.