Web.de startet Telefonie-Service ComWin

Der Internet-Portal-Anbieter möchte die Telefonie revolutionieren.

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Von
  • Holger Bleich

Das Karlsruher Unternehmen Web.de, bislang vor allem als Portalbetreiber und FreeMail-Anbieter bekannt, will heute "ein neues Zeitalter in der Internet-Kommunikation" einläuten: Ein neuer Dienst namens ComWin, den die neue Tochterfirma WEBTelekom ab heute anbietet, soll "die klassische Telefonie auf einzigartige Weise mit dem Internet verbinden".

Und das geht so: Web.de stellt per Web-Frontend für die ComWin-Nutzer eine Art Vermittlungsstelle zur Verfügung. Hier gibt der Kunde seine eigenen Telefonnummern an. Möchte er einen anderen Anschluss anrufen, gibt er dessen Telefonnummer ein oder wählt ihn aus dem selbst gepflegten Telefonverzeichnis aus. Startet er den Rufaufbau, stellt die ConWin-Vermittlungsstelle eine Sprachtelefonie-Verbindung zwischen dem Kunden und seinem Partner her: Der Kunde wird angerufen, erhält ein Freizeichen und wird mit dem Partner verbunden. Beide Partner bekommen gegenseitig ihre eigene Rufnummer angezeigt. Über das Web-Frontend lassen sich auf diese Weise beliebig viele Teilnehmer zu einer Konferenz zusammenschalten. Die Kosten für jede einzelne Verbindung trägt der ComWin-Kunde.

Der Dienst kostet pro Monat 4,95 Euro Grundgebühr und muss für mindestens sechs Monate gebucht werden. Für Web.de-Clubmitglieder gelten gesonderte Konditionen. Gespräche kosten bei ComWin pro Verbindungspartner innerhalb Deutschlands ganztägig 5,9 Cent pro angefangener Minute ins Festnetz und 29 Cent in die Mobilfunknetze. Web.de weist darauf hin, dass diese Gebühren tagsüber erheblich unter denen der Deutschen Telekom liegen. Zwar verlangt die Telekom tagsüber bis zu 12,3 Cent pro Minute, dafür berechnet sie aber etwa für Gespräche zwischen 21 und 7 Uhr im T-Net-Standard-Tarif 3,1 Cent, ist also fast um die Hälfte billiger als Web.de in diesem Zeitraum.

Als Vorteil des Dienstes stellt Web.de heraus, dass ComWin überall einsetzbar ist, wo ein internetfähiger PC steht. Derzeit wird das Web-Frontend allerdings auschließlich in Form von Activ-X-Komponenten bereitgestellt. Zwingende Voraussetzung zur Nutzung ist also ein Internet-Explorer ab Version 5 mit aktiviertem Active-X. Ob sich ein so ausgestatteter PC in jedem Internet-Café findet, darf bezweifelt werden. Im Gespräch mit heise online kündigte Web.de-Sprecherin Eva Vennemann an, dass die nächste Version des Web-Frontend auch ohne Active-X zu zu benutzen sei. Wann diese Version online geht, stehe noch nicht fest.

Im ersten Test von heise online am heutigen Mittag funtionierte ComWin ohne Probleme. Die Erstinstallation der Active-X-Komponenten bei Aufruf der Site benötigte fast zwei Minuten. Wir konnten eine Auswahl von drei Telefonanschlüssen angeben, die wir für den Verbindungsaufbau nutzen konnten. Eine Telefonkonferenz mit vier Teilnehmern klappte auf Anhieb. der ComWin-nutzer kann einzelne Teilnehmer auf Knopfdruck "onhold" setzen, wieder in die Konferenz aufnehmen oder abtrennen.

Dier Frage bleibt, inwiefern ComWin das telefonieren vereinfacht, wie Web.de es darstellt. Für ein Telefonat muss der Nutzer seinen PC anschalten, eine unter Umständen zusätzliche Kosten verursachende Internet-Verbindung herstellen und die Website aufrufen -- Für ein Gespräch mit dem Telefon genügt meist ein Knopfdruck auf die Kurzwahltaste. Überdies kann mit ComWin nur im Festnetz telefonieren, wer entweder über zwei Analogleitungen, ISDN oder DSL verfügt. Analogmodem-Nutzer mit einer Telefonleitung müssen sich schon teuer per Handy verbinden lassen, um in den Genuss eines ComWin-Gesprächs zu kommen.

Web.de will nach eigenen Angaben das Produkt kontinuierlich ausbauen. Im Monats-Rhythmus sollen Erweiterungen folgen, als nächstes sind die Möglichkeit von Video-Konferenzen und ein WAP-Zugang geplant. Um einen Nachbau des "revolutionären neuen Produkts" zu verhindern, habe man bisher 25 Grundpatente angemeldet. Welche Patente das sind, wollte Sprecherin Vennemann nicht preisgeben. (hob)