WebTV-Skandal erster Anwendungsfall für EU-Datenschutzrichtlinie?

Nicht zuletzt die Enthüllungen um WebTV (siehe Meldung vom 13.10) hatten auch in den USA Verbraucher in Sachen Datenschutz aufgeschreckt.

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Von
  • Florian Rötzer

Nicht zuletzt die Enthüllungen um WebTV (siehe Meldung vom 13.10) hatten auch in den USA Verbraucher in Sachen Datenschutz aufgeschreckt. Der Virtuelle Ortsverein der SPD warnt nun davor, daß auch im deutschen WebTV-Projekt, das die Firma zusammen mit der Deutschen Telekom zur Zeit erprobt, Daten an Werbefirmen zum Zwecke einer zielorientierten Werbung weitergegeben werden sollen. Die Beteiligten gehen bei dem Projekt angeblich von Gewinnen in Milliardenhöhe aus. Werner Schmidt, Wirtschaftsreferent beim Bundesbeauftragten für Datenschutz, hält ein solches Vorgehen für strafbar: "Unsere Gesetze verbieten, daß Internetnutzer identifiziert werden. Die Telekom macht sich strafbar, wenn sie dieses Vorgehen unterstützt."

Telekom-Sprecher Jörg Lammers versicherte jedoch, daß die Telekom sich "an geltendes Recht hält". Damit kann allerdings nur deutsches Recht gemeint sein, sobald ein deutscher Nutzer ein Angebot aus den USA aufsucht, wird er von den deutschen Datenschutzvorschriften nicht mehr zureichend geschützt. "Genau hier liegt das Dilemma. Durch die sich rasch veränderte Datenwelt darf unser Datenschutz nicht ausgehöhlt werden," so VOV-Sprecher Brand.

US-Wirtschaftsstaatssekretärs David Aaron hatte während seines Deutschlandbesuchs in der letzten Woche optimistisch konstatiert, daß es zwischen der EU und den USA eine grundsätzliche Übereinstimmung im Bereich des Datenschutzes gäbe, die die Aufnahme konkreter Verhandlungen erlaube. David Aaron: "Es geht uns darum, den europäischen Bürgerinnen und Bürgern zu versichern, daß ihre Daten, wenn sie über den Atlantik gehen, nicht an unbefugte Dritte weitergegeben werden, und auf der anderen Seite den US-Firmen weitere Geschäftsfelder in Europa zu eröffnen, wenn sie bereit sind, sich an gewisse Spielregeln zu halten."

Der VOV bleibt dennoch skeptisch: "Es ist allgemein bekannt, daß die Amerikaner ihren Firmen im Bereich des Datenschutzes viel mehr Freiheiten zugestehen. Hier ergibt sich für Deutschland im Rahmen der bald beginnenden EU-Präsidentschaft eine Handlungspflicht, um das Recht der Bürgerinnen und Bürger auf Informationelle Selbstbestimmung auch auf EU-Ebene weiter auszubauen."

Im Streit um die EU-Datenschutzrichtlinie fordert der Virtuelle Ortsverein der SPD (VOV) nun ein zwischen Europa und den Vereinigten Staaten abgestimmtes Datenschutzrecht. "Es geht darum, daß wir auf die globale Herausforderungen reagieren, ohne dabei unsere Position zu schwächen", so Arne Brand, der Pressesprecher des VOV. (Christiane Schulzki-Haddouti)

Siehe auch in Telepolis: Kommt es zum Datenembargo? sowie Microsofts Umgang mit Benutzerdaten bei WebTV. (fr)