Wegbereiter fürs Quanteninternet: Erstes Betriebssystem für Quanten-Netzwerke
Das erste Betriebssystem für Quantensysteme, QNodeOS, soll Quantencomputer unabhängig von ihrer Architektur verbinden und den Weg zum Quanteninternet ebnen.

(Bild: Studio Oostrum)
Ein europäisches Forschungsteam um Experten der TU Delft und der Universität Innsbruck hat das erste Betriebssystem für Quanten-Netzwerke entwickelt. Es soll verschiedene Quantencomputer unabhängig von der zugrundeliegenden Architektur der Qubits miteinander vernetzen. Langfristig ermöglicht ein solches System die Entwicklung eines Quanteninternets. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Fachmagazin Nature veröffentlicht.
Schnittstelle zwischen Software und Hardware
Wer heutzutage einen Computer benutzt, muss nicht verstehen, wie Halbleiter Informationen speichern und verarbeiten. Betriebssysteme wie Windows, Linux oder Android agieren als Schnittstelle zwischen Software und Hardware. Sie ermöglichen es, Programme zu entwickeln, ohne die genauen Spezifikationen der Prozessoren und Schaltkreise zu kennen. Erst dieser Schritt machte Computer der breiten Öffentlichkeit zugänglich.
Bei Quantencomputern fehlte bisher eine solche Schnittstelle. Um Quantenrechner anzusteuern, programmieren Entwickler spezifische Software für das betrachtete Problem und die verwendete Qubit-Architektur. Um Operationen durchzuführen, benötigen Anwender daher ein tiefes physikalisches Verständnis der zugrundeliegenden Hardware: Supraleitende Qubits etwa benötigen andere Kontrollmechanismen als gefangene Ionen.
Ein Betriebssystem für Quanten-Netzwerke
Erstmals hat nun ein Forschungsteam um Carlo Delle Donne, Mariagrazia Iuliano und Bart van der Vecht eine Art Quanten-Betriebssystem für Quanten-Netzwerke entwickelt, das die Barriere zwischen Hardware und Software überbrücken soll. "Das System ist wie die Software auf Ihrem Computer zu Hause: Sie müssen nicht wissen, wie die Hardware funktioniert, um sie zu nutzen", sagt Mariagrazia Iuliano, Doktorandin am Forschungsinstitut QuTech der TU Delft, die federführend an der Studie beteiligt war.
(Bild: Studio Oostrum)
In einem Quanten-Netzwerk sind Quantencomputer miteinander verbunden, ähnlich wie in einem klassischen Netzwerk. Im Gegensatz zu Quantencomputern, auf denen einzelne Programme laufen, müssen bei Anwendungen für Quanten-Netzwerke verschiedene Programme unabhängig voneinander auf unterschiedlichen Netzwerkknoten ausgeführt werden – etwa eine Client-App auf dem Mobiltelefon und ein Server in der Cloud. Diese Programme müssen sich über Nachrichten und Quantenverschränkung untereinander abstimmen.
Unabhängig von der Hardware
Das Betriebssystem mit dem Namen QNodeOS ist eine Kombination aus Software und Hardware und unterstützt verschiedene Arten von Quantenprozessoren. Das Team demonstriert die Fähigkeiten von QNodeOS, indem es jeweils zwei unterschiedliche Arten von Quantenrechnern miteinander verbindet: zwei Prozessoren basierend auf gefangenen Ionen und zwei andere auf Farbzentren in Diamanten. Co-Autorin Tracy Northup von der Universität Innsbruck sagt: "Unsere Prozessoren aus gefangenen Ionen arbeiten grundlegend anders als jene, die Farbzentren in Diamanten nutzen. Wir haben gezeigt, dass QNodeOS mit beiden funktioniert."
Die Zukunft von Quanten-Netzwerken
QNodeOS könnte somit einen wichtigen Baustein für die Weiterentwicklung und Kommerzialisierung von Quanten-Netzwerken liefern. "Niemand kann mit Sicherheit sagen, ob QNodeOS 'das neue Unix' wird", schreibt der Forscher Claudio Cicconetti, der nicht an der Studie beteiligt war, in einem begleitenden Kommentar in Nature. "QNodeOS ist jedoch ein Schritt in die richtige Richtung und kann das Quantencomputing und Quanten-Netzwerke in eine neue Phase der Reife führen."
Das Projekt fand im Rahmen der europäischen Forschungsinitiative Quantum Internet Alliance (QIA) statt, die den weltweit ersten Prototypen eines Quanteninternets entwickeln möchte. Die über 40 beteiligten Organisationen arbeiten auf das Ziel hin, bis 2030 ein funktionierendes Quanteninternet zu realisieren.
In einem nächsten Schritt will die QIA der Öffentlichkeit Zugang zu ihren Software- und Hardwarekomponenten ermöglichen. Dazu plant es, QNodesOS in den Quantum Network Explorer zu integrieren, einen Quanteninternet-Demonstrator des QuTech-Instituts. So will das Team Barrieren reduzieren und die Entwicklung von Software für Quanten-Netzwerke beschleunigen.
(spa)