Weiter Querelen um die Quellcode-Verwaltung von Linux

Neben der Lizenzänderung gab es im Hintergrund noch andere Auseinandersetzungen, die den Linux-Vater zur Verbannung des kommerziellen Quellcode-Verwaltungssystems bewogen haben. Torvalds kritisierte zudem den Samba-Schöpfer Andrew Tridgell scharf.

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Von
  • Thorsten Leemhuis

Auch nach der Abkehr von BitKeeper für die Quellcode-Verwaltung des Linux-Kernels beruhigen sich die Wogen um das Thema nicht. Vielmehr schlagen sie noch höher, nachdem Linux-Schöpfer Linus Torvalds in einem öffentlichen Forum Andrew Tridgell, Vater des freien Druck- und Dateiservers Samba, heftig kritisiert hat. Der hatte wohl die Entwicklung eines freien Programms namens SourcePuller begonnen, das den Zugriff auf die Server des Source-Verwaltungssystems ermöglichen sollte.

Die Protokollinformationen hatte Tridgell bei der Analyse des Netzwerkverkehrs gewonnen -- ähnlich wie es teilweise auch für Samba erforderlich ist. Die Bitkeeper-Software selbst verwendete er nicht. Dies war nötig, da die Lizenz der Software den Anwendern für einen gewissen Zeitraum die Mitarbeit am Source-Verwaltungssystem untersagt. Das Vorgehen von Tridgell kritisiert Torvalds heftig; der Samba-Entwickler, der auch das Programm rsync entwickelt hat und genau wie der Linux-Schöpfer beim Open Source Development Labs (ODSL) als Fellow angestellt ist, hätte seine Zeit besser in die Entwicklung eines eigenen Source-Verwaltungssystem stecken sollen.

SourcePuller soll angeblich bereits in einem funktionstüchtigen Zustand gewesen sein, zu einer Veröffentlichung ist es jedoch nicht gekommen. Wohl auch diese Querelen im Vorfeld der Abkehr von Bitkeeper haben Torvalds dazu bewogen, von dem kommerziellen Quellcode-Verwaltungssystem Abstand zu nehmen. Der Lizenzwechsel war dann wohl nur der letztendliche Aufhänger. Im Hintergrund hatten Torvalds und einige andere sich schon einige Tage und Wochen zuvor nach einer Alternative umgesehen und das Vorgehen mit dem LMBench-Entwickler und Bitkeeper-CEO Larry McVoy abgesprochen, der als ein Freund von Torvalds gilt.

Torvalds war in der Vergangenheit oftmals dafür gerügt worden, ein kommerzielles Programm für die Entwicklung des frei erhältlichen Linux-Kernels einzusetzen -- zumal die BitKeeper-Ausgabe für Open-Source-Projekte gegenüber der kommerziellen Variante funktional eingeschränkt ist. Allen voran kritisierte der Gründer des GNU-Projekts Richard Stallman, dass es sich bei BitKeeper zwar um ein kostenlos erhältliches Programm handele (im Sinne von Freibier), aber eben nicht um ein freies (im Sinne von Freiheit), das man nach Belieben an die eigenen Vorstellungen anpassen könne. In der Kritik an Tridgell zeigt sich jedoch, dass Torvalds das nicht so eng sieht: Open Source werde technisch mit der Zeit immer besser -- aber dies brauche eben Zeit, meinte er. Open Source sei aber kein Gebot der Moral. Er entwickle Open Source, weil es Spaß macht -- und weil er denke, Open Source ergebe langfristig einfach Sinn.

Der Nachfolger für die Verwaltung der Linux-Quellen nimmt derweil Formen an. Das von Torvalds in Erwägung gezogene Projekt monotone hat eine neue Version veröffentlicht, die wohl auch dank seiner Hilfe bei vielen Operationen teilweise doppelt so schnell ist wie zuvor. Das Programm ist jedoch zumindest fürs erste wohl aus dem Rennen: Der Linux-Erfinder hat zusammen mit anderen die Entwicklung git gestartet, das unter anderem auch von Petr Baudis als git-pasky weiterentwickelt wird. Die Bezeichnung ist laut Torvalds frei erfunden: "git can mean anything, depending on your mood". Für die Weiterentwicklung wurde derweil eine eigene Maillingliste eingerichtet.

Mit Quellcode-Verwaltungssystemen wie CVS, Subversion oder monotone ist git jedoch nur eingeschränkt vergleichbar. Vielmehr handelt es sich ähnlich wie bei quilt weitestgehend um ein Framework, um die normalen System- und Patch-Management-Tools. Der Quellcode wird nicht in einer Datenbank gespeichert, sondern direkt im Dateisystem durch Verzeichnisse, Prüfsummen und Backups organisiert. (thl)