Weltmeisterschaft im Amateurfunk: Deutschland will den Hattrick

Bei Funkamateuren dreht sich an diesem Wochenende alles um die Funkweltmeisterschaft im Amateurfunk. Deutschland hat Aussichten auf den dritten Titel in Folge.

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Wer 2023 mit der Weltmeisterstation (Rufzeichen: DA0HQ) funkte, erhielt diese Bestätigungskarte (=QSL-Karte)

(Bild: DA0HQ)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Michael Link

Im Schatten des Fußballs gibt es auch noch anderes. So treffen sich traditionell viele Tausend Funkamateure jährlich am zweiten Juliwochenende zur Funkweltmeisterschaft auf den Kurzwellenbändern. Mitorganisator Björn Bieske erklärte der Tageszeitung "Freies Wort": "Für Deutschland werden mehr als 50 Funkamateure in der WM-Mannschaft aktiv sein und unser Rufzeichen DA0HQ sowie unsere Verbandskennung "DARC" in Sprechfunk und Telegrafie in alle Regionen der Welt senden." Dabei steht DARC für den Deutschen Amateur Radio Club, einem Amateurfunkverband mit 32.000 Mitgliedern.

Die zentrale deutsche Funkstation der Funkweltmeisterschaft befindet sich schon seit der Vorwendezeit im thüringischen Ilmenau. Sie war als Y61HQ die Keimzelle der deutschen Nationalmannschaft und firmierte später als DA0HQ. Zur WM umfasst sie mittlerweile zwölf Funkstationen an acht Standorten: Imenau und Jessen, Kerpen und Mühldorf am Inn sowie Schöppingen, Weetzen, Wetzstein und Wittgenborn.

Die Funkamateure der DARC-Mannschaft haben ganz gute Chancen auf die erneute Verteidigung ihres WM-Titels. Deutschland kann nach 2022 und 2023 den Hattrick holen. Insgesamt hat Deutschland in 39 Wettbewerben bereits 16 WM-Titel gewonnen. Die Ergebnisse für die gerade laufende Weltmeisterschaft stehen nach einer umfangreichen Auswertung erst einige Tage nach dem Wettbewerb fest.

Bei der Funkweltmeisterschaft geht es vom Sonnabend bis zum Sonntag darum, innerhalb von 24 Stunden im Nonstop-Betrieb möglichst viele Funkverbindungen mit möglichst vielen Ländern abzuwickeln. Dazu müssen die Funkamateure die mitunter schnell wechselnden Funkbedingungen möglichst gut erkennen, um jede Verbindungsmöglichkeit in bestimmte Regionen auf allen zur Verfügung stehenden sechs Frequenzbereichen auszunutzen. Verbindungen beispielsweise nach Australien sind auf einigen Frequenzbereichen nur kurze Zeit lang möglich, und dann sollte auch die Richtantenne dorthin ausgerichtet sein.

Das erfordert viel Wissen um die ionosphärischen Vorgänge bei der Funkwellenausbreitung sowie ein Gespür für sogenannte Öffnungen in bestimmte Regionen. Damit auch kurze Verbindungsmöglichkeiten gut ausgenutzt werden können, müssen die Funker sowohl für die Morsetelegrafie als auch für den Sprechfunk top ausgebildet sein und den Austausch der Kontrollziffern für den Verbindungsnachweis schnell und auch bei starken Störungen abwickeln können.

Beim Funken ist aber auch ein wenig Strategie im Spiel: So zählen die Funkverbindungen unterschiedlich: Verbindungen mit dem eigenen Land sind 1 Punkt wert, Verbindungen mit dem eigenen Kontinent 3 Punkte sowie solche mit anderen Kontinenten 5 Punkte. Hinzu kommt, dass jedes Land auf jedem Funkfrequenzbereich als Multiplikator wirkt, und zwar doppelt, wenn man es in Morsetelegrafie und in Sprechfunk erreicht.

Fast die Hälfte der Verbindungen im Vorjahr wurde mit deutschen Stationen realisiert. Dazu rührt der Verband ordentlich die Werbetrommel und so unterstützen alljährlich über 3000 verschiedene Stationen aus Deutschland die Weltmeisterstation mit einer oder mehreren Funkverbindungen.

Die simultan auf allen Funkbändern aktiven Funkstationen der Amateurfunkverbände aus diversen Ländern gelten bei Individualteilnehmern als besonders attraktiv. Mit einem Sprint-Wettbewerb während der WM versuchen Teilnehmer beispielsweise, alle zwölf Stationen von DA0HQ zu erreichen. Das haben einige in der Vergangenheit schon nach fünf Minuten nach Beginn des Wettbewerbes geschafft.

Im Vorjahr gelangen knapp 22.000 Funkverbindungen mit aller Welt. Das lag unter anderem an hervorragenden Funkausbreitungsbedingungen durch hohe Sonnenfleckenrelativzahlen und ein nur niedriges Störungsniveau. Die Anzahl der möglichen Verbindungen kann im Zuge der Intensität der Teilchenstrahlung durch die Sonnenaktivität stark schwanken und selbst in Zeiten starker Aktivität können Störungen empfindliche Einbußen zur Folge haben. Das trifft überdies nicht alle Teilnehmer gleichermaßen, sodass auch ein wenig Glück im Spiel ist.

Für den Gewinn der WM reicht es längst nicht mehr, einfach nur hohe Antennen und starke Sender aufzustellen, sondern man muss auch die Konkurrenz aus den anderen Ländern im Blick haben. Die Auswertung der Logs mit allen Funkverbindungen aus dem Vorjahr ist dabei eine wichtige Stütze. Das Team um DA0HQ feilt jedes Jahr an der Funktechnik, den Antennen sowie an der Empfangstechnik und an Computernetzwerken, die besonders zur Verbindung und Abstimmung mit den Außenstandorten wichtig sind. Auch das automatisierte Monitoring durch Empfangsstationen hilft, zu beurteilen, wie gut man in verschiedenen Regionen der Welt gehört wird und Störungen im laufenden Betrieb zu erkennen, etwa durch Antennen- oder Kabelschäden. Der Trubel mit vielen teils gleichzeitig anrufenden Stationen und teils stundenlanger Flaute ohne Anrufe bedingt ein hohes Maß an Stressfestigkeit. Ohne Schichtbetrieb geht es angesichts der Laufzeit von 24 Stunden ebenfalls nicht.

Drangvolle Enge in Ilmenau: Funkamateure im Wettbewerb auf 80 Meter

(Bild: DARC)

Der Wettbewerb fordert dabei auch vor dem eigentlichen Start einiges an Energie. Speziell für den Wettbewerb bauen die Funkamateure noch weitere Antennen auf, um auch sehr leise Signale aufnehmen zu können. Auch Reparaturen an bestehenden Antennenanlagen müssen rechtzeitig vorher erledigt sein und gehen nicht selten mit Improvisation über die Bühne. Wenn gerade keine WM ist, geht es aber auch eine Nummer kleiner: Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) besuchte die Station in Ilmenau bereits und stellte dabei besonders heraus, dass Funkamateure auch mit einfachen Mitteln und Improvisation lokale und weltweite Nachrichtenverbindungen wiederherstellen können.

(mil)