Weniger Adobe-Cloud und krummes Glas von Canon – die Fotonews der Woche 41/2023
Lightroom kann auch ohne Cloud, dann aber ohne KI, Canon hat ein Ultraweitwinkelzoom und Nikon ein langes Tele. Das Weihnachtsgeld ist also schon verplant.
- Nico Ernst
Wie lang oder wie kurz darf es sein? Die Wahl des richtigen Objektivs für ein Motiv kann für ganz schön viel Kopfzerbrechen sorgen. Wer in die Fotografie einsteigt, denkt meist: möglichst viel Weitwinkel und ein ultralanges Tele müssen es unbedingt sein. Dann folgt der Blick aufs Bankkonto.
Anders ist das bei Profis, die mit ein paar Aufträgen die Kosten für ein Objektiv schnell wieder erarbeitet haben. Die entscheiden nach der Frage: Welches Werkzeug brauche ich für diesen Job? Und für die gibt es nun immer mehr Auswahl. Die Hersteller schließen zunehmend die Lücken in ihren Produktpaletten. Ein solches Beispiel ist das neue Nikkor Z 600mm f/6.3 VR S. Eigentlich hat Nikon jedoch schon ein 600-Millimeter-Objektiv für die spiegellosen Z-Kameras.
Halb so schwer, halb so teuer
Das kostet aber über 17.000 Euro, was auch für Berufsfotografen meist schwer zu rechtfertigen ist. Braucht man die hohe Lichtstärke von f/4.0 wirklich? Und sind 3,3 Kilo auf Dauer nicht zu schwer? Nikon hätte wohl gerne, dass die Antwort auf beide Fragen zugunsten der neuen Linse ausfällt. Die kostet mit einer UVP von 5.800 Euro weniger als die Hälfte und wiegt auch weniger als die Hälfte. Der Superlativ darf bei Nikon nicht fehlen, ist das neue Teil doch das leichteste 600-Millimeter-Objektiv des Unternehmens. Aller Zeiten, selbstverständlich.
Bei gutem Licht reichen f/6.3 meistens aus, ein typisches Einsatzgebiet für solche Teles ist nicht nur die oft zitierte Tierfotografie, sondern auch das Event. Auf großen Festivals kommt man außerhalb des Fotograbens nur schwer an die interessanten Motive heran, und bei Tageslicht sind mit einem solchen Objektiv aus der Hand oder einem Einbeinstativ auch scharfe Fotos möglich. Und wer mit dem FTZ-Adapter leben kann, hat auch noch eine Alternative für das F-Bajonett, denn das bereits 2018 vorgestellte Nikon AF-S 500mm 5.6E PF ED VR ist weiterhin erhältlich und kostet nur rund 3.500 Euro (ab 2839 €). Verzichtet man auf 100 Millimeter Brennweite, bekommt man mit f/5.6 etwas mehr Lichtstärke dazu.
Canons Ultraweitwinkel fĂĽrs Vollformat
Während man am langen Ende nicht jeden Millimeter braucht, gibt es bei Weitwinkel meist keine Alternative. Wer in Gebäuden fotografieren will, kommt eben nicht weiter weg vom Motiv als bis zur nächsten Wand. Andersherum ist es bei Landschaftsfotografie, wo der Wechsel des Standortes aufwendig sein kann, da will man einen bestimmten Bildausschnitt einfach haben. Das weiß auch Canon, und stellt nun das RF 10-20mm F4 L IS STM vor. Es ist laut Marketing gleich das "Autofokus-Zoomobjektiv mit der kürzesten Brennweite, das jemals für eine Vollformatkamera hergestellt wurde".
So steht es in der Pressemitteilung in der Überschrift, direkt danach dann der Verweis auf eine Fußnote, in der es heißt "Mit Ausnahme von Fisheye-Objektiven." Das neue Canon sieht mit stark gekrümmter Frontlinse und fester Gegenlichtblende nämlich ganz so aus wie ein Fisheye, es soll offenbar aber nicht deren Verzerrungen aufweisen. Die Beispielbilder von Canon scheinen das zu bestätigen, wie viel dabei in der Bearbeitung entzerrt wurde, müssen erst unabhängige Tests zeigen. Als Profigerät mit rotem Ring und Wetterschutz scheint der Preis mit einer UVP von 2.700 Euro immerhin gerechtfertigt. Es ist wohl kein Wunder, dass das zusammen mit den beiden neuen Alpha 7C vorgestellte FE 16-35mm F2.8 GM II von Sony genau das Gleiche kostet.
Adobe beendet Cloudzwang
Dass die großen Unternehmen auf die Wünsche von professionellen Anwendern hören, hat in dieser Woche auch Adobe gezeigt, denn der bisherige Zwang zur Cloud entfällt bei Lightroom CC 7.0 nun weitgehend. Bilder können auch lokal gespeichert und bearbeitet werden, sie landen je nach Einstellung der Optionen nicht mehr automatisch in Adobes Creative Cloud. Dahinter steckt nicht nur die Angst vor KI-Verwertung – auch wenn Adobe beteuert, das nicht zu tun – sondern auch eine Kostenersparnis, denn: Je nach Speicherplatz ist die Adobe-Cloud ganz schön teuer.
Die automatische Katalogisierung nach bestimmten Bildinhalten klappt freilich nicht, wenn die Fotos nicht in der Cloud liegen, denn dafür sind eben die KI-Funktionen von Adobe zuständig. Und dass mit dem Verzicht auf Cloudzwang Lightroom Classic abgeschafft wird, ist vorerst auch nicht zu befürchten, dieses Programm wurde auf Version 13 aktualisiert. In beiden Lightrooms gibt es zahlreiche neue Funktionen, darunter auch einen KI-berechneten Schärfeverlauf, wie ihn Smartphones unter Namen wie "Porträtmodus" schon länger bieten.
Dass die vor allem durch das täuschend echte generative Erweitern des Bildausschnitts aufgefallene Adobe-KI namens "Firefly" nicht im Wortsinne eine Eintagsfliege war, beweist das Unternehmen durch zahlreiche neue Möglichkeiten. Hatten sich andere Unternehmen schon auf das spezialisiert, was die bisherigen Bildgeneratoren nicht können, etwa das Erstellen von Illustrationen, so macht das Photoshop mit "Firefly Image 2" jetzt gleich mit. Vektorgrafik, Beschriftungen, alles lässt sich in einem Programm mit realen Bildern kombinieren. Und was künftige KI-Modelle noch so alles leisten könnten, wurde auf der Veranstaltung Adobe Max auch vorgestellt.
Hawaii ganz ohne Paradiesbilder
Leicht verhagelt wurde das Event durch neue Sicherheitslücken in Adobe-Produkten, darunter auch Photoshop, die mit den aktuellen Patches geschlossen wurden – da heißt es schnellstens die Updates einzuspielen. Danach kann man sich in Ruhe unserer Empfehlung für einen Long Read zum Wochenende widmen. Petapixel hat in einer bewegenden Reportage festgehalten, was Berufsfotografen in Hawaii nun tun, nachdem der Ort Lahaina fast vollständig abgebrannt ist. Auch wenn einige ihr Zuhause und ihre Ausrüstung verloren haben, enthält das Stück dennoch einen positiven Blick nach vorne.
(cbr)